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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
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sie sahen, was er da mitgebracht hatte.
Zelta ließ die Schöpfkelle in den Topf fallen und blickte Lubji in die Augen. »Hast du sie gestohlen?« fragte sie und stemmte die Hände in die Hüften.
»Nein, Mutter«, versicherte Lubji, und Zelta wirkte erleichtert. Sie nahm die Kartoffeln und wusch eine nach der anderen in einem Eimer, der leckte, wenn er mehr als halb voll war. Sie entfernte die Erde von den Kartoffeln und schälte sie geschickt mit den Fingernägeln. Dann schnitt sie jede in acht Stücke und verteilte sie, wobei ihr Mann eine Extraportion bekam. Sergei dachte nicht einmal daran, seinen Sohn zu fragen, wie er an die besten Nahrungsmittel herangekommen war, die seit Tagen auf den Tisch des Hauses kamen.
Erschöpft von seinem ersten Arbeitstag als Händler, schlief Lubji an diesem Abend ein, noch ehe es dunkel wurde.
Am nächsten Morgen verließ er das Haus, bevor sein Vater erwachte. Er rannte den ganzen Weg bis zum Wald, zählte zweihundertundsieben Schritte, blieb am Fuß des Baumes stehen und fing zu graben an. Als er die Pappschachtel hervorgeholt hatte, kehrte er in die Stadt zurück, um den Händlern beim Aufbau ihrer Stände zuzuschauen.
An diesem Tag kauerte Lubji sich zwischen zwei Buden am hinteren Ende des Marktplatzes, doch bis die wenigen Kunden zu ihm gelangten, hatten sie ihre Geschäfte entweder schon beendet oder kein Interesse mehr. An diesem Abend erklärte Herr Lekski ihm die drei wichtigsten Regeln für einen Händler: der richtige Standort, der richtige Standort, der richtige Standort. Lubji begriff es sehr schnell.
Am nächsten Morgen bot er seine Ware umweit des Eingangs zum Marktplatz feil. Rasch stellte er fest, daß viel mehr Leute als am Tag zuvor bei ihm stehenblieben, um zu sehen, was er anzubieten hatte. Mehrere Interessenten erkundigten sich, was er für den Goldring haben wolle. Einige probierten ihn sogar an, doch trotz verschiedener Angebote konnte Lubji kein Geschäft abschließen, das ihm gewinnbringend erschien.
Er versuchte gerade, zwölf Kartoffeln und drei Knöpfe gegen einen Eimer einzutauschen, der keine Löcher hatte, als er einen vornehmen Herrn in langem schwarzem Mantel bemerkte, der an einer Seite stand und geduldig wartete, daß Lubji sein Geschäft abschloß.
Als der Junge aufblickte und sah, wer der Mann war, erhob er sich rasch, sagte: »Guten Morgen, Herr Lekski«, und winkte seinen Kunden hastig weiter.
Der alte Mann trat einen Schritt vor und schaute sich die Sachen an, die auf der Schachtel lagen. Lubji konnte kaum fassen, daß der Juwelier sich für seine Ware interessierte. Zuerst betrachtete Herr Lekski die alte Münze mit dem Zarenkopf; er nahm sie zwischen die Finger und studierte sie eingehend. Lubji erkannte, daß der Juwelier sich gar nicht ernsthaft für die Münze interessierte: es war lediglich eine List, die Lubji den alten Herrn oftmals hatte anwenden sehen, bevor dieser nach dem Preis des Gegenstands fragte, auf den er es wirklich abgesehen hatte. »Laß dir nie anmerken, worauf du tatsächlich aus bist«, hatte er dem Jungen mindestens hundertmal gesagt.
Lubji wartete geduldig, bis der alte Mann seine Aufmerksamkeit der Mitte des Schachtelbodens zuwandte.
»Was verlangst du dafür?« fragte der Juwelier schließlich und nahm den goldenen Ring in die Hand.
»Was hast du dafür zu bieten?« fragte der Junge, wie er es von dem alten Mann gelernt hatte.
»Hundert Kronen«, erwiderte Herr Lekski.
Lubji wußte nicht recht, was er jetzt tun sollte. Niemand hatte ihm je mehr als zehn Kronen für irgend etwas geboten. Dann erinnerte er sich an den Grundsatz seines Lehrmeisters: »Verlange den dreifachen Preis, und schlag beim doppelten ein.« Lubji blickte zu seinem Mentor auf. »Dreihundert Kronen.«
Der Juwelier bückte sich und legte den Ring auf die Mitte des Schachtelbodens zurück. »Zweihundert. Höher gehe ich nicht.« Seine Stimme klang entschieden.
»Zweihundertfünfzig«, sagte Lubji hoffnungsvoll.
Herr Lekski schwieg eine Zeitlang, betrachtete stumm den Ring. »Zweihundertfünfundzwanzig«, erklärte er schließlich, »aber nur, wenn du die alte Münze drauflegst.«
Lubji nickte sofort und bemühte sich, seine Freude über das Ergebnis dieses Geschäfts zu verbergen.
Herr Lekski holte eine Börse aus der Innentasche seines Mantels, reichte Lubji die Zweihundertfünfundzwanzig Kronen und steckte die Münze und den Goldring ein. Der Junge blickte zu dem alten Mann empor und fragte sich, ob er überhaupt noch etwas von ihm lernen

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