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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
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rechte Hand auf ein Ende drückte, konnte Lubji sie langsam hochheben. Dann schob er die Linke in die kleine Vertiefung und ertastete den Rand eines Gegenstandes. Er griff zu und zog behutsam die Pappschachtel hervor. Dann schob er das Bodenbrett wieder an Ort und Stelle zurück.
Lubji verharrte völlig regungslos, bis er sicher sein konnte, daß niemand seine Tat bemerkt hatte. Einer seiner jüngeren Brüder drehte sich auf die Seite, worauf seine Schwestern stöhnten und notgedrungen dem Beispiel des Bruders folgten. Lubji nutzte die Gunst des Augenblicks und beeilte sich, an der Wand entlang zurückzuhuschen, bis er zur Haustür gelangte.
Vorsichtig erhob er sich aus der knienden Haltung und tastete nach der Türklinke. Sein schweißnasser Handteller bekam sie zu fassen, und langsam drückte er sie hinunter. Die Angel knarrte laut, wie Lubji es nie zuvor aufgefallen war. Er schlich hinaus auf den Gehweg, stellte die Pappschachtel auf den Boden, hielt den Atem an und schloß die Tür hinter sich.
Die kleine Schachtel an die Brust gedrückt, rannte Lubji fort von der Hütte. Er blickte nicht zurück; deshalb sah er nicht, daß sein Großonkel ihn aus seinem Haus beobachtete, das gleich hinter der elterlichen Hütte stand. »Genau wie ich es befürchtet habe«, murmelte der Rabbi vor sich hin. »Er schlägt ganz nach der Familie seines Vaters.«
Sobald Lubji von der Hütte aus nicht mehr gesehen werden konnte, schaute er zum erstenmal in die Schachtel, konnte den Inhalt trotz des Mondscheins aber nicht richtig erkennen. Er huschte weiter, noch immer von der Angst erfüllt, daß er jemandem auffallen könne. Als er die Ortsmitte erreicht hatte, setzte er sich zitternd vor Furcht und Erregung auf die Stufen eines wasserlosen Springbrunnens. Es dauerte mehrere Minuten, bis er all die Schätze, die in der Schachtel gehütet lagen, deutlich zu erkennen vermochte.
Da waren zwei Messingschnallen, mehrere einzelne Knöpfe
– darunter ein großer, glänzender – und eine alte Münze mit dem Kopf des Zaren. Und dort, in einer Ecke der Schachtel, lag das begehrte, wertvollste Stück von allen: eine kleine runde Silberbrosche, ringsum mit winzigen Steinen verziert, die in der Sonne des frühen Morgens funkelten.
Als die Rathausuhr sechsmal schlug, klemmte Lubji sich die Schachtel unter den Arm und marschierte zum Markt. Als er sich inmitten der Händler befand, setzte er sich zwischen zwei Marktstände und nahm alles aus der Schachtel heraus. Dann stellte er sie mit dem Boden nach oben vor sich hin und legte ihren Inhalt auf die flache graue Pappoberfläche; die Brosche lag als Prunkstück in der Mitte. Kaum war Lubji damit fertig, blieb ein Mann mit einem Sack Kartoffeln über der Schulter vor ihm stehen und betrachtete die Schätze des Jungen.
»Was willst du dafür haben?« fragte er auf tschechisch und deutete auf den großen glänzenden Knopf.
Der Junge mußte daran denken, daß Herr Lekski eine Frage nie mit einer Antwort erwiderte, sondern stets mit einer Gegenfrage.
»Was hast du dafür zu bieten?« erkundigte Lubji sich in der Muttersprache des Mannes.
Der Bauer stellte den Sack auf den Boden.
»Sechs Erdäpfel.«
Lubji schüttelte den Kopf. »So was Wertvolles wie das hier«, er hob den Knopf in die Sonne, damit der Interessent ihn besser sehen konnte, »muß mindestens zwölf dicke Kartoffeln bringen.«
Unwillig zog der Bauer die Brauen zusammen.
»Neun«, bot er schließlich.
»Zu wenig«, entgegnete Lubji fest. »Und du solltest bedenken, daß mein erstes Angebot immer das günstigste ist.« Er hoffte, daß er sich wie Herr Lekski anhörte, wenn der mit einem unentschlossenen Kunden verhandelte.
Der Bauer schüttelte den Kopf, hob den Sack Kartoffeln auf, warf ihn sich über die Schulter und stapfte zur Ortsmitte. Lubji fragte sich, ob es wohl ein dummer Fehler gewesen war, die ihm angebotenen neun Kartoffeln nicht genommen zu haben. Er fluchte und legte seine Ware so auf dem Boden der Schachtel aus, das sie besser zur Geltung kam. Die Brosche ließ er in der Mitte.
»Und wieviel willst du dafür?« fragte ein anderer Kunde und deutete auf die Brosche.
»Was hast du denn dafür zu bieten?« Lubji wechselte zu Ungarisch über.
»Einen Sack von meinem besten Weizen«, antwortete der Bauer. Stolz hob er einen Sack von einem schwer beladenen Esel und setzte ihn vor Lubji ab.
»Und warum willst du die Brosche?« fragte Lubji, der sich an eine andere Verkaufstaktik von Herr Lekski erinnerte.
»Meine Frau hat morgen

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