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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
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Geburtstag«, erklärte der Ungar, »und voriges Jahr hab’ ich vergessen, ihr was zu schenken.«
»Dieses wunderschöne Erbstück ist seit mehreren Generationen in meiner Familie.« Lubji hob die Brosche in die Höhe, damit der Mann sie sich genau anschauen konnte. »Ich tausche es gegen den Ring an deinem Finger…«
»Mein Ring ist aus Gold«, entgegnete der Bauer lachend, »deine Brosche aber nur aus Silber.«
»… und einen Sack von deinem Weizen«, fuhr Lubji fort, als wäre er nicht dazu gekommen, seinen Satz zu beenden.
»Du bist ja verrückt!« schimpfte der Bauer.
»Die Brosche hat mal eine Herzogin getragen, ehe sie ihren ganzen Besitz verlor. Ist die Mutter deiner Kinder das Schmuckstück etwa nicht wert?« Lubji hatte natürlich keine Ahnung, ob der Mann überhaupt Kinder hatte, doch er stieß weiter ins gleiche Horn: »Oder soll sie wieder ein Jahr leer ausgehen?«
Der Ungar schwieg, während er sich die Worte dieses aufgeweckten Jungen durch den Kopf gehen ließ. Lubji legte die Brosche auf die Schachtel zurück; er ließ keinen Blick von ihr. Am Ring des Mannes schien er kein Interesse mehr zu haben.
»Den Ring kannst du bekommen«, sagt der Bauer schließlich. »Aber nicht den Weizen noch dazu.«
Lubji runzelte die Stirn, während er so tat, als würde er über das Angebot nachdenken. Wieder hob er die Brosche in die Höhe und betrachtete sie im Sonnenlicht. »Na gut.« Er seufzte. »Aber nur, weil deine Frau Geburtstag hat.« Herr Lekski hatte ihn gelehrt, dem Kunden immer das Gefühl zu geben, er habe das bessere Geschäft gemacht. Rasch streifte der Bauer den schweren goldenen Ring vom Finger und griff nach der Brosche.
Kaum war dieser Handel abgewickelt, kehrte Lubjis erster Interessent mit einem alten Spaten zurück. Er ließ den halbvollen Sack Kartoffeln vor dem Jungen zu Boden plumpsen.
»Ich hab’s mir überlegt«, sagte der Tscheche. »Ich geb’ dir für den Knopf zwölf Erdäpfel.«
Doch Lubji schüttelte den Kopf. »Jetzt will ich fünfzehn«, erklärte er, ohne aufzublicken.
»Vorhin wolltest du nur zwölf!«
»Stimmt, aber jetzt hast du die Hälfte deiner Kartoffeln – und offenbar die größere Hälfte – für den Spaten hergegeben«, sagte Lubji.
Der Bauer zögerte.
»Wenn du morgen wieder zu mir kommst, will ich zwanzig Kartoffeln«, erklärte Lubji.
Wieder zog der Tscheche finster die Brauen zusammen; aber diesmal hob er seinen Sack nicht auf, um davonzustapfen. »Einverstanden«, brummte er verärgert und nahm ein paar Kartoffeln aus dem Sack.
Wieder schüttelte Lubji den Kopf.
»Was willst du denn jetzt noch?« brüllte der Bauer den Jungen an. »Ich dachte, wir wären uns einig!«
»Du hast meinen Knopf gesehen«, sagte Lubji, »aber ich hab’ noch keinen Blick auf deine Kartoffeln geworfen. Da ist es doch gerecht, daß ich sie mir selbst aussuche.«
Der Tscheche zuckte die Schultern, öffnete den Sack und ließ den Jungen tief hineingreifen, damit er sich fünfzehn Kartoffeln auswählen konnte.
An diesem Tag machte Lubji kein weiteres Geschäft. Als die Händler ihre Buden und Stände abbauten, packte er seine alte und neue Habe zusammen und verließ den Marktplatz. Erst jetzt machte er sich Gedanken darüber, daß seine Mutter herausfinden könnte, was er getan hatte.
Er durchquerte die Stadt bis zum anderen Ende und blieb dort stehen, wo die Straße sich zu zwei schmalen Wegen gabelte. Einer führte zu der Weide, auf der sein Vater tagsüber die Kühe hütete; der andere Weg führte in den Wald. Lubji blickte zurück, um sich zu vergewissern, daß niemand ihm gefolgt war; dann verschwand er ins Unterholz. Nach kurzer Zeit hielt er bei einem Baum, den er mit Sicherheit wiedererkennen würde, wenn er zurückkehrte. Zwischen den Wurzeln buddelte er mit den Händen ein Loch und vergrub die Schachtel sowie zwölf Kartoffeln.
Als er einigermaßen sicher war, daß niemand das Versteck entdecken konnte, ging er langsam zur Straße zurück und zählte dabei die Schritte. Zweihundertundsieben. Er warf einen flüchtigen Blick über die Schulter zum Waldrand; dann rannte er durch die Stadt, ohne stehen zu bleiben, bis er zur elterlichen Hütte gelangte. Nachdem er einige Sekunden vor der Tür verschnauft hatte, trat er ein.
Seine Mutter schöpfte bereits die dünne Rübensuppe in die Teller. Lubji wich der unangenehmen Frage aus, weshalb er so spät nach Hause kam, indem er rasch die drei übriggebliebenen Kartoffeln auf den Tisch legte. Seine Geschwister kreischten begeistert, als

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