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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
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letztes Mal an der Redaktionskonferenz für die Nachtausgabe teil. McAlvoy überflog die
Liste jener Stories, die für die Titelseite in Frage kamen. »Ich hab’ schon den Knüller für morgen, Alistair«, ertönte
eine Stimme. McAlvoy blickte zu seinem politischen
Redakteur.
»Und worum geht es, Campbell?« erkundigte er sich. »Eine Stadträtin der Labour Party in Lambeth ist in Hungerstreik getreten, um auf die Ungerechtigkeit der Wohnungspolitik unserer Regierung aufmerksam zu machen. Die Frau ist
schwarz und arbeitslos.«
»Nicht übel«, sagte McAlvoy. »Hat sonst noch jemand
Vorschläge für den morgigen Leitartikel?« Niemand sagte
etwas, während McAlvoy den Blick langsam über die
Anwesenden schweifen ließ. Schließlich musterte er Kevin
Rushcliffe, zu dem er seit über einen Monat kein Wort
gesprochen hatte.
»Was ist mit Ihnen, Kevin?«
Der stellvertretende Chefredakteur blickte von seinem Platz
in der Ecke des Zimmers auf und blinzelte ungläubig, daß sein
Vorgesetzter sich an ihn gewandt hatte. »Na ja, ich gehe seit
ein paar Wochen einem Hinweis über das Privatleben des
Außenministers nach. Aber es ist schwierig, hieb und stichfeste
Beweise aufzutreiben.«
»Wie wär’s, wenn Sie fünfzehnhundert Anschläge über dieses Thema schreiben? Dann lassen wir unsere Anwälte
entscheiden, ob wir damit durchkommen.«
Einige der älteren Kollegen rutschten nervös auf ihren
Stühlen.
»Was ist aus dieser Story über den Architekten geworden?«
fragte McAlvoy, immer noch an seinen Stellvertreter gewandt. Rushcliffe starrte ihn verwundert an. »Sie selbst haben die
Story doch abgelehnt!«
»Ich fand sie ziemlich langweilig. Können Sie die Sache ein
bißchen aufmotzen?«
Rushcliffe blickte ihn mit wachsender Verwunderung an.
»Wenn Sie möchten.«
Da McAlvoy nie auch nur einen Schluck geistige Getränke
zu sich nahm, ehe er die Morgenausgabe sorgfältig von vorn
bis hinten gelesen hatte, fragten sich einige Anwesende, ob ihr
Chef sich nicht wohl fühlte.
»Gut, das wäre dann geklärt. Kevin bekommt die Titelseite
und Campbell den Leitartikel auf Seite zwei.« Er machte eine
Pause. »Und da ich heute Abend mit meiner Frau ein PavarottiKonzert besuche, werde ich nun alles weitere Kevin überlassen. – Werden Sie damit fertig?« wandte er sich wieder an
seinen Stellvertreter.
»Selbstverständlich«, versicherte Rushcliffe, erfreut, daß er
endlich ernst genommen wurde.
»Tja, das wär’s dann«, sagte McAlvoy. »Also, zurück an die
Arbeit.«
Während die Journalisten das Redaktionsbüro verließen, trat
Rushcliffe an McAlvoys Schreibtisch und dankte dem
Chefredakteur.
»Nichts zu danken«, entgegnete sein Vorgesetzter. »Ihnen
ist doch klar, daß das Ihre große Chance werden könnte,
Kevin? Bestimmt wissen Sie schon, daß ich mich am frühen
Nachmittag mit dem Eigentümer dieses Blattes unterhalten
habe. Er möchte, daß unsere Zeitung den Globe mit seinen eigenen Waffen schlägt. Genau das waren seine Worte. Also sollten Sie unbedingt dafür sorgen, daß der Citizen Ihre Handschrift trägt, wenn Mr. Armstrong ihn morgen liest. Ich
werde nicht ewig in diesem Sessel sitzen, wissen Sie.« »Ich werde mein Bestes tun«, versprach Rushcliffe, bevor er
das Büro verließ. Wäre er nur einen Augenblick länger
geblieben, hätte er dem Chefredakteur helfen können, dessen
Schreibtisch zu räumen.
Am Spätnachmittag verließ McAlvoy gemächlich das Gebäude. Mit jedem Redaktionsangehörigen, dem er begegnete,
wechselte er noch ein paar Worte. Er erzählte allen, wie sehr
seine Frau und er sich auf Pavarotti freuten. Wenn die
Mitarbeiter ihn fragten, wer denn die heutige Nachtausgabe
redaktionell betreuen würde, sagte McAlvoy es ihnen, sogar
dem Portier. McAlvoy stellte sogar einen Uhrenvergleich mit
ihm an, ehe er zur nächsten U-Bahn-Station marschierte; denn
er war sicher, daß man seinen Dienstwagen bereits eingezogen
hatte.
Kevin Rushcliffe versuchte sich auf seinen Leitartikel zu
konzentrieren, wurde aber ständig von Journalisten unterbrochen, die sein Okay für ihre Artikel wollten. Rushcliffe
genehmigte mehrere Seiten, die er aus Zeitmangel nicht
gründlich lesen konnte. Als er schließlich seinen eigenen
Artikel abgab, beschwerten die Drucker sich, daß heute alles so
schrecklich langsam vorankäme. Rushcliffe fiel ein Stein vom
Herzen, als das erste Exemplar wenige Minuten vor dreiundzwanzig Uhr aus den Druckmaschinen kam.
    Zwei Stunden später griff Armstrong nach dem Telefon neben seinem Bett, das

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