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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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Abel hatte sich einen Sohn und Erben gewünscht, der eines Tages Präsident der Baron-Hotelkette werden sollte. Wenn der Sohn dann alt genug war zu übernehmen, würde sein Name ebenso klingend sein wie Ritz und Statler, und die Baron-Gruppe würde die größte Hotelkette der Welt sein, davon war Abel überzeugt. Er ging auf dem langen, kahlen Korridor des St. Luke’ Spital auf und ab und wartete auf den ersten Schrei des Kindes; je länger er auf und ab ging, desto deutlicher merkbar wurde sein Hinken.
    Dann und wann spielte er mit dem Silberreif an seinem Handgelenk und starrte auf den darauf eingravierten Namen. Da sah er Dr. Dodek auf sich zukommen.
    »Ich gratuliere, Mr. Rosnovski«, rief er.
    »Danke«, sagte Abel eifrig.
    »Sie haben eine reizende Tochter.«
    »Danke«, erwiderte Abel leise und versuchte seine Enttäuschung zu verbergen. Dann folgte er dem Arzt in ein kleines Zimmer am Ende des Korridors. Durch eine Glasscheibe sah Abel eine Reihe kleiner faltiger Gesichter.
    Der Arzt zeigte dem Vater sein Erstgeborenes. Anders als bei den anderen Babies waren die kleinen Finger zu einer Faust geballt. Irgendwo hatte Abel gelesen, daß ein Kind erst nach drei Wochen dazu imstande sei. Er lächelte stolz.
    Mutter und Tochter blieben sechs Tage im Krankenhaus, und Abel besuchte sie jeden Morgen, nachdem in seinem Hotel das letzte Frühstück serviert worden war, und jeden Nachmittag, nachdem der letzte Mittagsgast den Speisesaal verlassen hatte. Telegramme, Blumen und Glückwunschkarten umrahmten Zaphias Bett – ein beruhigender Beweis, daß sich auch andere über die Geburt freuten. Am siebenten Tag kehrten die Mutter und das namenlose Kind
    – Abel hatte nur sechs Jungennamen parat gehabt – nach Hause zurück.
    Zwei Wochen nach der Geburt tauften sie ihre Tochter nach Abels Schwester Florentyna. Kaum war das Kind in einem Zimmer im obersten Stockwerk untergebracht, blieb Abel stundenlang bei seiner Tochter und sah zu, wie sie schlief und wieder erwachte. Er würde noch härter arbeiten müssen als bisher, dachte er, denn Florentyna sollte einen besseren Start im Leben haben als er. Elend und Not seiner Kindheit durfte sie nie kennenlernen, oder Erniedrigung, so wie er sie erfahren hatte, als er an der Ostküste Amerikas ankam, ein paar wertlose Rubel in die Tasche des einzigen Anzugs eingenäht.
    Er wollte auch dafür sorgen, daß Florentyna die gute Erziehung bekam, die er selbst nie genossen hatte. Nicht, daß er sich beklagen konnte. Im Weißen Haus residierte Franklin D. Roosevelt, und Abels kleine Hotelgruppe schien die Depression überleben zu können. Amerika war diesem Einwanderer wohlgesinnt. Wann immer er allein im Kinderzimmer saß, dachte er an die eigene Vergangenheit und träumte von der Zukunft seiner Tochter.
    Als er in den Vereinigten Staaten angekommen war, hatte er auf der lower East Side von New York einen Job in einem Fleischerladen gefunden, wo er zwei Jahre lang arbeitete, bevor er im Plaza Hotel eine Stellung als Hilfskellner bekam. Vom ersten Tag an behandelte ihn Sammy, der alte Maître, als sei er ein Untermensch. Nach vier Jahren hätte sich sogar ein Sklavenhändler von der Arbeit und der gewaltigen Überstundenleistung beeindruckt gezeigt, die dieser Untermensch auf sich nahm, um die großartige Stellung eines Hilfsoberkellners im Oak Room zu bekommen. In diesen Jahren verbrachte Abel fünf Nachmittage der Woche über Bücher gebeugt an der Columbia University, und wenn nach dem Dinner die Tische abgeräumt waren, las er bis spät in die Nacht hinein weiter. Seine Kollegen fragten sich, wann er schlief.
    Abel wußte nicht recht, wie ihm die Abschlußprüfung weiterhelfen sollte; er servierte immer noch im Oak Room des Plaza Hotels. Die Frage wurde von einem gutgenährten Texaner namens Davis Leroy beantwortet, der eine Woche lang beobachtet hatte, wie eifrig Abel um die Gäste bemüht war. Mr. Leroy, Besitzer von elf Hotels, bot Abel die Stellung eines stellvertretenden Direktors in seinem wichtigsten Hotel, im Richmond Continental in Chicago, an. Seine einzige Aufgabe dort bestand darin, sich um die Restaurants zu kümmern.
    Abel kehrte aus seinen Erinnerungen in die Gegenwart zurück, als Zaphia erschien und die Wiege zu schaukeln begann. Er streckte einen Finger aus, den seine Tochter packte, als wäre er die Rettungsleine eines sinkenden Schiffes. Mit etwas, das sie offensichtlich für Zähne hielt, biß sie ihm in den Finger.
    Als Abel in Chicago angekommen war, stellte

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