Archer, Jeffrey
er, ein Name, der dem Bären blieb.
Um drei Uhr morgens war das Fest zu Ende, und Abel mußte einen Wäschewagen des Hotels ausleihen, um alle Geschenke nach Hause zu transportieren. George winkte Abel zu, als dieser, den kleinen Wagen vor sich herschie-bend, die North Michigan Avenue hinaufwanderte.
Der glückliche Vater pfiff leise vor sich hin und rief sich jeden Moment dieses wundervollen Abends ins Gedächtnis zurück. Erst als Mr. Präsident zum drittenmal vom Wagen fiel, merkte er, wie schwankend sein Gang war. Er hob den Bären auf und wollte ihn eben mitten auf den Geschenkhaufen setzen, als eine Hand seine Schulter berührte. Abel drehte sich empört um, bereit, Florentynas erste Besitztümer mit seinem Leben zu verteidigen. Er sah in das Gesicht eines jungen Polizisten.
»Vielleicht können Sie mir erklären, warum Sie um drei Uhr morgens einen Wäschewagen des Stevens Hotels über die Michigan Avenue schieben?«
»Ja, Herr Inspektor«, erwiderte Abel.
»Beginnen wir mit dem Inhalt der Pakete.«
»Abgesehen von Franklin D. Roosevelt kenne ich ihn nicht genau.«
Sofort wurde Abel unter dem Verdacht des Diebstahls verhaftet. Während die Empfängerin der Geschenke im Kinderzimmer des Hauses an der Rigg Street friedlich unter ihrer roten Daunendecke schlummerte, verbrachte der Vater im lokalen Gefängnis eine schlaflose Nacht auf einer alten Matratze. Frühmorgens erschien dann George, um Abels Geschichte zu bezeugen.
Am folgenden Tag kaufte Abel von Peter Soskowski, der in der polnischen Nachbarschaft mit Gebrauchtwagen handelte, einen viertürigen braunen Buick.
Immer weniger gern verließ Abel Chicago und seine geliebte Florentyna; er hatte Angst, ihre ersten Schritte, ihr erstes Wort, zu versäumen. Von der Geburt an hatte er ihren Tagesablauf überwacht und verboten, daß im Haus ein polnisches Wort gesprochen wurde. Sie durfte auch nicht den leisesten polnischen Akzent bekommen, der ihr vielleicht hinderlich werden könnte.
Ungeduldig wartete Abel auf Florentynas erstes Wort und hoffte, es würde »Papa« sein, während Zaphia Angst hatte, weil sie, wenn sie mit ihrer Tochter allein war, trotz des Verbots polnisch sprach.
»Meine Tochter ist Amerikanerin«, hatte Abel seiner Frau erklärt, »und muß daher englisch sprechen. Leider fahren viele Polen fort, sich in ihrer Sprache zu unterhalten, mit dem Resultat, daß ihre Kinder im Nordwesten von Chicago leben, als ›dumme Polacken‹
bezeichnet und von allen verspottet werden.«
»Ausgenommen unsere Landsleute, die dem polnischen Reich die Treue halten«, sagte Zaphia ärgerlich.
»Dem polnischen Reich? In welchem Jahrhundert lebst du, Zaphia?«
»Im zwanzigsten«, erwiderte sie mit schriller Stimme.
»Und für jemanden, dessen höchster Wunsch es ist, als erster amerikanischer Botschafter in Polen nach Warschau geschickt zu werden, hast du eine merkwürdige Einstellung.«
»Ich habe dir befohlen, das nie zu erwähnen, Zaphia.
Nie.«
Zaphia, deren Englisch hoffnungslos fehlerhaft blieb, antwortete nicht, beklagte sich jedoch später bei ihren Vettern und sprach, wenn Abel nicht zu Hause war, weiterhin polnisch. Daß der Umsatz von General Motors größer war als das Budget Polens, wie sie so oft zu hören bekam, beeindruckte sie nicht.
1935 war Abel überzeugt, daß Amerika das Schlimmste hinter sich habe und die Depression der Vergangenheit angehöre. Er fand es daher an der Zeit, auf dem Grundstück des alten Richmond Continental ein neues Chicago Baron Hotel zu errichten. Er beauftragte einen Architekten und verbrachte jetzt mehr Zeit in der »Windy City«; das Hotel sollte das schönste im ganzen Mittleren Westen werden.
Im Mai 1936 war das Chicago Baron fertig und wurde von dem demokratischen Bürgermeister Edward J. Kelly eröffnet. Beide Senatoren von Illinois waren anwesend; Abels aufstrebende Macht war ihnen nicht entgangen.
»Sieht nach einer Million Dollar aus«, bemerkte der Senator J. Hamilton Lewis.
»Ihre Schätzung geht nicht weit fehl«, sagte Abel, während er wohlgefällig die dicken Teppiche, die hohen Stuckdecken und die in hellen Grüntönen gehaltenen Dekorationen betrachtete. Ein dunkelgrünes »B«
schmückte jedes Handtuch in den Badezimmern ebenso wie die Fahne, die auf dem Dach des zweiundvierzigstök-kigen Gebäudes wehte.
»Dieses Hotel trägt bereits den Stempel des Erfolges«, erklärte Hamilton Lewis in seiner Ansprache den zweitausend versammelten Gästen, »denn, meine Freunde, es ist nicht
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