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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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richtig; zwei Kellner hatten in der Küche einen Messerkampf ausgetragen, und George hatte sie bereits entlassen. Die Schadensliste nach der Eröffnungsfeier sah verdächtig lang aus – vielleicht war einiges von dem, was man als zerbrochen eingetragen hatte, von Kellnern gestohlen worden. In seinen Hotels überließ Abel nichts dem Zufall – er kümmerte sich ebenso darum, wer die Präsidentensuite bewohnte, wie um den Preis der achttausend frischen Brötchen, die die Küche jede Woche brauchte. Der Vormittag verging mit Anfragen, Problemen und Entscheidungen, und Abel sah erst von der Arbeit auf, als seine Sekretärin Stadtrat Osborne meldete.
    »Guten Morgen, Baron«, Henry betonte den Familienti-tel der Rosnovskis etwas herablassend.
    Als Abel noch Hilfskellner im New York Plaza gewesen war, hatte man ihm den Titel höhnisch nachgerufen. Als stellvertretender Direktor im Richmond Continental mokierte man sich hinter seinem Rücken. Seit kurzem aber sprach ihn jeder respektvoll mit seinem Titel an.

    »Guten Morgen, Stadtrat«, sagte Abel und sah auf die Uhr auf seinem Schreibtisch. Es war fünf nach eins.
    »Wollen wir lunchen?«
    Abel führte Henry in ein privates Eßzimmer. Ein zufälliger Beobachter hätte sich über das Paar gewundert.
    Henry Osborne kam offenbar aus einem anderen Stall als Abel. In Choate und Harvard erzogen, was er häufig erwähnte, hatte er im Weltkrieg als Leutnant bei den Marines gedient. Er war einen Meter achtzig groß, hatte schwarzes, leicht meliertes Haar und sah jünger aus, als er war.
    Die beiden Männer hatten sich nach dem Brand des alten Richmond Hotels kennengelernt. Damals hatte Henry für die Great Western-Versicherungsgesellschaft gearbeitet, die die Richmond Gruppe seit eh und je betreute. Abel war schockiert, als Henry andeutete, daß eine kleine Summe Bargeld die Auszahlung seines Anspruchs beschleunigen könne. Abel besaß keine »kleine Summe Bargeld«.
    Trotzdem wurde die Versicherungssumme in ziemlich kurzer Zeit ausbezahlt, da auch Henry für Abel eine große Zukunft voraussah.
    Damals hatte Abel zum erstenmal von Männern erfahren, die man kaufen kann.
    Als Henry Osborne in den Stadtrat von Chicago gewählt wurde, konnte Abel sich bereits »eine kleine Summe Bargeld« leisten, und die Baubewilligung für das neue Baron wurde vom Rathaus so rasch erteilt, als liefe alles auf Rollen. Als Henry etwas später bekanntgab, daß er sich für den Ninth District von Illinois als Kandidaten für das Repräsentantenhaus aufstellen ließ, war Abel einer der ersten, der einen substantiellen Scheck für den Wahlfonds schickte. Obwohl Abel seinem neuen Bundesgenossen mißtraute, war er sich darüber klar, daß ein wohlgesinnter Politiker für die Baron-Gruppe von großem Nutzen sein konnte. Abel vermied es auch sorgfältig, die kleinen Bargeldsummen – nicht einmal sich selbst gegenüber gab er zu, daß es Bestechungen waren – in den Büchern aufscheinen zu lassen, und war überzeugt, daß er die Verbindung mit Henry Osborne lösen konnte, wann und wie es ihm gefiel.
    Das Eßzimmer war in dem gleichen diskreten Grün gehalten wie das übrige Hotel, nur das allgegenwärtige
    »B« fehlte. Die Möbel aus Eichenholz stammten aus dem 19. Jahrhundert, und an der Wand hingen Ölgemälde aus derselben Zeit. Waren die Türen geschlossen, glaubte man sich in einer anderen Welt, weit weg von der Hektik eines modernen Hotelbetriebes.
    Abel setzte sich an das Kopfende eines Tisches, an dem bequem acht Personen Platz hatten, aber nur für zwei gedeckt war.
    »Es ist tatsächlich, als wäre man in England«, bemerkte Henry, während er sich umsah.
    »Gar nicht zu reden von Polen«, erwiderte Abel. Ein Kellner servierte geräucherten Lachs, während ein anderer die Gläser mit Bouchard Chablis füllte.
    Henry sah auf den gehäuften Teller vor sich. »Jetzt weiß ich, warum Sie zunehmen, Baron.«
    Abel runzelte die Stirn und wechselte rasch das Thema.
    »Gehen Sie morgen zum Baseball?«
    »Wozu? Die Cubs haben zu Hause einen schlechteren Ruf als die Republikaner. Nicht, daß meine Abwesenheit die Tribüne daran hindern wird, das Match als harten Kampf zu bezeichnen und zu behaupten, nur widrige Umstände hätten den Sieg der Cubs verhindert.«
    Abel lachte.
    »Eines weiß ich sicher«, fuhr Henry fort. »Auf dem Wrigley Field werden wir nie ein Nachtspiel sehen. Diese schreckliche Neuerung, mit Flutlicht zu spielen, wird in Chicago nicht Mode werden.«
    »Das gleiche haben Sie letztes

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