Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Als ob ihn meine wahre Meinung überhaupt interessieren würde. Es wäre ehrlicher, wenn er sagen würde: „Meister Raiden brauchen wir gar nicht zu fragen. Der schließt sich sowieso meiner Meinung an.“
So viel zu meinen hochgebildeten Kollegen. Und die anderen Turmherren? Die zählen eh nicht, weil sie einfach zu schwach sind und somit gar nicht imstande, diese Art von Magie zu wirken. So wie Ewet, aber das hat sich ja nun von selbst erledigt. Jetzt ist der Rote Turm vakant, aber ich bin mir sicher, dass Meister Elderon einen weiteren Schwächling aus seinen Reihen für den Posten protegieren wird. Dazu darf ich dann wieder einmal meine Zustimmung geben und dabei helfen, einen weiteren unfähigen Trottel zum Herrn eines Turmes zu erheben.
Nach dem Resümee über die anderen Turmherren stand sein Entschluss absolut fest:
Nein, nein und nochmals nein! Meine Forschungen werde ich für mich behalten, so lange ich kann. Auch, wenn ich dadurch nicht so schnell vorwärtskomme, wie ich mir das wünschen würde. Die anderen Turmherren in die Forschung mit einzubinden, wäre ein großer Fehler.
Nach dieser Erkenntnis lenkte er seine Gedanken wieder auf das Problem mit dem Durchgang.
Denk nach, Raiden. Was hat der Große Graue da gezaubert?
Er zeichnete zum wiederholten Male eine Skizze auf ein Blatt Papier.
Die Magie muss fließen. Man kann nichts aus dem Nichts erschaffen. Alles war vorher schon da. Woher kommt die Kraft für den Zauber und wohin geht sie? Wie fließt sie und warum kann sie sich so lange halten? Sie ist verbunden mit dem Land und erzeugt Unhaer. Nur wenig Unhaer. Also muss es ein in sich geschlossener Kreis sein. Aber nichts kann für sich alleine existieren. Es besteht aus zwölf Kreisen.
Er schrieb Notizen zu seiner Zeichnung, doch dann zerknüllte er das Papier und warf es ärgerlich auf den Boden. Das Knäuel landete in der Nähe eines Regals und dadurch wurde Meister Raidens Blick dorthin gelenkt. Genau in diesem Regal lagen immer noch die Sachen aus der Hütte der alten Hexe und die Kette. Immer wieder hatte Eryn vorsichtig nachgefragt, ob Meister Raiden schon dazu gekommen wäre, sich dieser schwierigen Aufgabe zu widmen. Bis der Herr von Naganor seinen Schüler angeschnauzt hatte, er solle ihn nicht weiter mit der Angelegenheit belästigen. Er werde es tun, wann er es für richtig halte. Natürlich hatte Eryn das so geschluckt, doch im Nachhinein plagte Meister Raiden nun ein schlechtes Gewissen, wusste er doch, wie viel das Ergebnis Eryn bedeutete. Beständig hatte Meister Raiden die Sache vor sich her geschoben. Und das hatte seinen Grund. Nicht nur weil es eine lästige und unliebsam beschwerliche Arbeit war, sondern – und vor allem – weil er befürchtete, dass er aus den Gegenständen genauso wenig herausfinden würde, wie aus dem Tand davor. Die Angst zu scheitern nagte am unfehlbaren und ach so genialen Herrn von Naganor.
Ich denke schon wie Meister Elderon. Bevor ich etwas tue und riskiere zu versagen, tue ich es lieber gar nicht . Resolut stand er auf und ging zum Regal. Dann nahm er die restlichen Stücke aus Eryns Vergangenheit an sich. Es war besser, dies unmagisch zu tun, um nicht die letzten Reste an Informationen ungewollt zu zerstören.
Die Gegenstände wurden sorgfältig nebeneinander auf den Tisch gelegt und anschließend Eryns Chronologie herausgesucht. Meister Raiden überflog die Jahreszahlen mit den entsprechend aufgelisteten Ereignissen aus dem Leben seines Schülers.
Also, was möchte ich mir ansehen? Hier, die Wunderheilung der Finngul. Aber die hat Eryn nur vage datieren können. Oder die Namensgebung? Sicherlich war da auch Zauberei im Spiel. Was gibt es noch Interessantes? Die Prophezeiung? Nein, die hat er ja selbst gesehen. Das wird nicht viel bringen.
Der Herr des Schwarzen Turmes entschied sich zunächst für die Heilung. Einen Gegenstand würde er sich für die Namensgebung aufsparen, aber zuerst wollte er es mit dem Wunder versuchen.
Mal sehen, wie die Götter damals gearbeitet haben.
Er glitt in die Vergangenheit und sah die bis an die Decke vollgerammelte Hütte der Alten. Da war der Kessel über dem Feuer und überall stand, hing oder lag etwas herum. Eine alte Vettel in einer Müllhalde.
Raiden sprang großzügig durch die Zeit, dann suchte er tageweise, bis er schließlich auf eine Szene stieß, in der Lyesell auftauchte.
Ich bin nahe dran. Sie fleht gerade die Alte um Hilfe an. An diesem Punkt war der erste Gegenstand verbraucht. Auf dem
Weitere Kostenlose Bücher