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Argemí, Raúl

Argemí, Raúl

Titel: Argemí, Raúl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chamäleon Cacho
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Exkremente der fliegenden Ratten die Kanten des Tresens, der Möbel, alter Plakate und aller übrigen Dinge, die aus der goldenen Vergangenheit anderer stammten. Der Gestank war unerträglich.
    Als er gerade die Tür hinter sich abschließen wollte, fielen ihm die Schuhe wieder ein. Er sammelte sie ein und ging zurück zu Orlando, der in unbequemer Haltung hinter dem Tresen saß, um ihm die Schuhe ins Gesicht zu schleudern.
    »Jeder bekommt den Platz, den er verdient«, sagte er und drehte den Schlüssel um.
    Ohne zu zögern, kippte er einen der Geranientöpfe aus und zog aus der Erde die Plastikschachtel mit seinen Ersparnissen. Sein Verschwinden war schon seit Langem geplant, und ohne Zeit zu verlieren, packte er seine Sachen.
    Als er bereits fertig war, überkam ihn Sentimentalität, und er schaltete den Gartensprenger ein. Das Wasser ließ die Pflanzen im Licht der Morgendämmerung leuchten und spülte nach und nach die Erdklumpen aus dem umgestürzten Blumentopf weg.
    Mit einem letzten Blick auf die bloßen Wurzeln der Geranie nahm er die Reisetasche mit seinen Sachen und die mit Bibeln vollgestopfte Aktentasche.
    »Es geht nichts über die altbewährten Tricks«, murmelte er auf dem Weg zu seinem Pick-up.
    Er machte sich nicht einmal die Mühe, die Eingangstür abzuschließen.
     
    Wieder einmal unterbrach eine der Krankenschwestern das Bekenntnis des Chamäleons. Ich hatte nicht bemerkt, dass sie hereingekommen war. Oder ich war kurz eingenickt. Doch es war nicht zu übersehen, dass sie etwas verheimlichte.
    Vielleicht bin ich auch ein bisschen paranoid und sehe einfach Gespenster. Aber in dieser schmutzigen Welt, in der sich niemand an die Regeln hält, ist man entweder ein Idiot oder vollkommen verrückt, wenn man nicht ein bisschen paranoid ist.
    Sie hatte mir eine Hand auf die Stirn gelegt, ohne mir dabei in die Augen zu schauen. Und wenn sie es tat, dann mit so etwas wie berufsmäßiger Distanz. Sie zog das Thermometer aus meinem Mund, um die Temperatur zu überprüfen, und machte ein Gesicht, das schwer zu deuten war.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Müde …«
    »Sie werden sich wieder vollständig bewegen können. Es ist nur eine Frage von Stunden.«
    »Wo ist der Doktor? Ich will wissen, wie viel Zeit mir noch bleibt.«
    »Der Doktor war eben erst da. Warum haben Sie ihn nicht gefragt?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen; ich habe wohl geschlafen. Ich habe den Arzt schon seit drei Tagen nicht mehr gesehen.«
    Mit einem Blick, der zu sagen schien, dass sie anstelle meines Gesichts etwas Hässliches sah, betrachtete mich die Dicke von der Seite und zog ihre Hand zurück.
    »Ich gebe Ihnen eine Spritze, damit Sie schlafen können.«
    »Ich brauche nichts. Ich will den Doktor sprechen.«
    »Sie werden warten müssen«, sagte sie scharf. »Er macht Hausbesuche.«
    Dann wandte sie mir den Rücken zu und stellte sich neben das Bett des Chamäleons. Ihre reglose Haltung ließ mich einen Moment lang stutzen, dann merkte ich, dass sie betete.
    Minutenlang stand sie so da und wandte sich dann mit gesenktem Kopf zur Tür. Doch bevor sie hinausgehen konnte, ging die Tür auf, und die andere Dicke kam herein. Ihr Gesicht verriet, dass irgendetwas passiert sein musste.
    »Die Polizei hat sie erwischt.«
    »Hat man sie anständig behandelt?«
    »Anscheinend; zumindest wurden sie nicht geschlagen.«
    »Wen haben sie erwischt?«, wollte ich wissen.
    Die Frau zögerte einen Moment, als koste es sie Überwindung, mit mir zu sprechen, dann zeigte sie auf das andere Bett und sagte: »Márquez’ Familie. Sie wollten nach Chile, aber die Polizei hat sie an der Grenze geschnappt.«
    »Was haben sie denn in Chile verloren?«, wunderte sich die andere.
    »Keine Ahnung. War anscheinend die Idee einer Chilenin, die sie in ihrem Pick-up mitgenommen hat; derselbe, den die Mormonen gesehen haben. Wie es scheint, wurde der Wagen gestohlen, und sie hatten keine Papiere.«
    »Wie es scheint? Oder ist es wirklich so passiert?«
    »Keine Ahnung. Offenbar haben sie alles falsch gemacht. Warum fragst du nicht deinen Freund, den Polizisten?«
    »Den? Ja, du hast recht. Ich gehe später rüber zum Revier. Gehört die Chilenin zur Familie?«
    »Wie kommst du denn darauf? Wenn ich den Kommissar von der Bundespolizei richtig verstanden habe, ist sie die Freundin dieses Perversen, den sie von Neuquén aus suchen. Wie findest du das? Die Göre ist höchstens sechzehn und schon in einen Todesfall verwickelt.«
    Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass

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