Argus #5
dem Autoschlüssel in der Hand nach draußen und stieg in den Mercedes. Den Wagen, in dem sich wahrscheinlich noch Reste des Pulvers fanden, mit dem die Tatortermittler Holly Skoles Fingerabdrücke an der Innenseite der Beifahrertür gesichert hatten. Den Wagen, der sie in den Tod gebracht hatte. Manny krallte die Hände fest ums Lenkrad. Er musste seine ganze Kraft aufwenden, um nicht aus dem Auto zu springen und dem Scheißkerl vor den Augen seiner durchgeknallten Mutter die Informationen, die er mit Sicherheit hatte, einfach aus dem hübschen Kopf zu prügeln. Was die Mutter anging, so hatte Daria wohl die ganze Zeit recht gehabt. Die angeblich anonyme Mail mit dem Video vom Mord an Gabby Vechio war ein Trick gewesen. Ein Ablenkungsmanöver, das sie dazu bringen sollte, anderswo nach anderen Verdächtigen zu suchen. Die perfekte Inszenierung, um auf berechtigten Zweifel zu plädieren, wenn der Fall doch vor Gericht kam. Dass es zu einem Brady-Verstoß und in der Folge zu Talbots Haftentlassung geführt hatte, war noch ein zusätzlicher Bonus. Es gab nur keine Möglichkeit, das alles zu beweisen.
Als die Tore sich öffneten und der Mercedes langsam aus der langen Auffahrt setzte, ließ Manny den Motor an und öffnete eine weitere Dose Red Bull. Er wartete, bis Talbot um die nächste Ecke war und die Haustür sich wieder geschlossen hatte, dann folgte er ihm. Wie schon in den letzten fünf schlaflosen Nächten hoffte er, das Schwein würde ihn irgendwann zu Daria führen.
59
D as muss ein Zeichen sein, dachte Bill, als er zum Himmel hinaufsah.
Die Sterne waren verschwunden. Der dunkle Nachthimmel war einfach nur … schwarz. Oder eher dunkelgrau. Die dichten Wolken waren schon früh herangezogen und hatten alles Licht mitgenommen. Wie’s aussah, machte der Himmel heute früher Feierabend.
Wie praktisch.
Er kauerte an seinem Platz in ihrem Garten, ganz in Schwarz und verborgen hinter den dichten Büschen und hohen Bäumen, eine Tasche mit lauter nagelneuen Spielsachen neben sich. Und einem nagelneuen grinsenden Gesicht, das er tragen wollte, wenn sie sich endlich wiedersahen, von nahem und ganz persönlich.
Ob sie sein Geschenk wohl schon gefunden hatte? Ein Büschel Haare von der Gummi-Clownsmaske, die er in einer Filiale von Party City gekauft hatte. Er hatte die Haare auf ihrem Laken verteilt, damit sie, wenn sie ins Bett ging, merkte, dass er schon dort gewesen war. Sie würde es spüren, ein Kitzeln auf der Haut. So wie in dem Märchen Prinzessin auf der Erbse , wo die hübsche kleine Prinzessin mit den goldenen Haaren einfach nicht ruhig schlafen kann, weil jemand etwas in ihrem Bett versteckt hat. Oder mehr wie die Szene aus dem Paten , wo der Filmproduzent in einer Blutlache aufwacht und neben sich unter der Bettdecke den Kopf seines heißgeliebten Pferdes findet. Komisch eigentlich, dass sie, nach allem, was sie erlebt hatte, ihren großen, bösen Fifi jeden Tag zum Spielen in die Hundetagesstätte brachte und die heimische Burg ganz unbewacht ließ, abgesehen von dieser nutzlosen Alarmanlage, die jedes Kind mit einer Kneifzange ausschalten konnte. Der Hund war wohl mehr der Ersatz für das Kind, das sie nicht haben konnte, als ein vollwertiger Wachhund. Vielleicht stand sie ja auch auf, um aufs Klo zu gehen, und wenn sie das Licht anmachte, würde sie die leuchtend orangen Polyestersträhnen an ihren sexy Beinen kleben sehen. Das wäre mal ein Anblick! Bill hätte ihr zu gern den blutigen Kopf ihres Ex-Manns als Liebesgabe unter die Bettdecke gelegt, aber der frühere Special Agent Falconetti war schon wieder abgehauen, bevor er ihn allein zu fassen bekommen hatte. Anscheinend hatte Chloe ihn wieder aus ihrem Leben verbannt. Wahrscheinlich hatte der arme Kerl jetzt endlich die öffentlich einsehbaren Papiere unterzeichnet, die sie beim öffentlich zugänglichen Gericht von Chicago eingereicht hatte, um die Scheidung zu beantragen. Wirklich traurig.
Falls sie bisher noch nicht gemerkt hatte, dass er in der Stadt war, würden die Clownshaare sie hundertprozentig aus der Fassung bringen. Und genau das wollte er erleben: seine alte Chloe, die auf dem schmalen Grat zwischen Normalität und haltlosem Wahnsinn balancierte. Die durchdrehte, weil sie wusste, dass er in der Nähe war. Weil sie wusste, dass er sie gefunden hatte. Seine Finger tasteten nach dem Messer in seiner Tasche, während er auf ein Zeichen aus Omas Haus wartete. Doch dort blieb alles dunkel. Vielleicht saß sie ja mit einer Waffe im
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