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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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Neverland-Ranch lag.
    Kein Wagen war auf der Straße unterwegs. Sie war schon tagsüber nicht sonderlich befahren, aber nach zehn Uhr abends war sie ebenso verlassen wie der Wald ringsum. C. J. schluckte schwer und ging im Geiste noch einmal durch, was sie vorhatte. Hoffentlich überfuhr sie hier draußen nicht ein Reh oder einen Bären. Das war schon unter normalen Umständen schrecklich, aber heute Nacht käme es einer Katastrophe gleich. Nein, heute Nacht musste alles glattlaufen. In etwa achtzig Kilometern, wenn sie an Los Olivos vorbei war, endete die SR 154 und traf wieder mit dem Highway 101 zusammen, der Hauptverbindungsroute von Norden nach Süden, die an der Küste entlang bis nach San Francisco und schließlich zur Grenze zwischen Kalifornien und Oregon führte. C. J. wollte nach Norden. Auf der Höhe von Paso Robles oder Salinas konnte sie nach Westen auf die I 15 abbiegen, die große Fernstraße, die sie nach Nevada, vielleicht auch bis nach Oregon und schließlich nach Washington führen würde.
    Falls sie überhaupt so weit kam.
    «Oregon, Luna», sagte sie zerstreut zu ihrer Hündin, die schlafend auf dem Rücksitz lag. «Ich finde, in Oregon regnet es zu viel.»
    Noch ehe sie an der Painted Cave Road war, einer asphaltierten zweispurigen Straße, die zu den Höhlen der Chumash-Indianer führte, sah sie die Scheinwerfer im Rückspiegel. Sie waren etwa anderthalb Kilometer hinter ihr, vielleicht auch mehr. C. J. spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte.
    War er das? Oder war es doch jemand anders, der mitten in der Nacht einen kleinen Ausflug machte oder heim nach Santa Ynez fuhr, vielleicht auch in eines der wenigen, einsamen Häuser an der Painted Cave Road oder am San Marcos Pass?
    Ihre Eingeweide kannten die Antwort bereits, bevor er die Scheinwerfer aufleuchten ließ, als wollte er ihr zuzwinkern. Kaum jemand fuhr um ein Uhr morgens noch die schöne Strecke: Bei den dichten Wolken konnte man in der Dunkelheit nicht mal einen Berggipfel erkennen. C. J. umklammerte das Lenkrad und fuhr schneller. Hinter ihr verschwanden die Scheinwerfer kurz, dann tauchten sie wieder auf; auch der andere Wagen folgte offensichtlich der kurvigen Bergstraße. Doch je weiter C. J. kam, desto mehr verblassten die Lichter im Rückspiegel. Der Fahrer gab sich keine Mühe, an ihr dranzubleiben.
    Sie hielt den Atem an, ließ den Blick praktisch nicht vom Rückspiegel. Vielleicht war er es doch nicht. Los, verschwinde wieder. Bieg ab. Mach, dass ich mich irre. Mach, dass ich gleich zu Plan B übergehen kann. Ich weiß nämlich nicht, ob ich für Plan A wirklich die Nerven habe …
    Als der Wagen die Abzweigung zur Painted Cave Road erreicht hatte, verschwanden die Scheinwerfer endlich. Es war wieder stockdunkel hinter ihr. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass die Lichter erneut auftauchten und entschlossen ihren Weg bergan fortsetzten. Aber nein. Die Sekunden verstrichen wie Minuten. C. J. atmete kontrolliert aus. Sie fuhr noch ein paar Kilometer weiter. Dann schimmerten hinter ihr, in der Ferne, plötzlich wieder die Scheinwerfer auf, und der Fahrer ließ sie sporadisch leuchten, wie eine Art Morsezeichen.
    Ihr Mund wurde trocken; sie wusste, dass er es war. So wie sie gewusst hatte, dass er da draußen in dem dunklen Wald hinter dem Haus ihrer Großmutter hockte und auf sie wartete. So wie sie gewusst hatte, dass er im Haus gewesen war. Dass er das Brot im Kühlschrank verschoben, ihre Bilderrahmen befingert hatte. Als sie die Clownshaare im Bett entdeckte, war sie nicht einmal geschockt gewesen. Verängstigt ja, aber nicht geschockt.
    Sie würde ihn niemals abhängen. Sie konnte ihm nicht entkommen. Ob auf einem kurvigen Gebirgspass oder in den belebten Straßen von New York. Wo sie auch hinging, sie würde doch immer in den Rückspiegel schauen und an die Worte denken, die er ihr vor so vielen Jahren ins Ohr geflüstert hatte, als sie in ihrem eigenen Blut auf dem durchweichten Laken lag. Es war ein Versprechen gewesen, von dem sie wusste, dass er es halten würde.
    Keine Angst, Chloe. Ich werde immer in deiner Nähe sein. Dich beobachten. Warten. Und dann amüsieren wir uns wieder miteinander, du und ich.
    Und wenn sie das FBI anrief? Ihnen sagte, dass sie glaubte, er sei hinter ihr und funke ihr mit den Scheinwerfern eine Morsebotschaft zu? Angenommen, sie wären in null Komma nichts hier, angenommen, er würde wieder verhaftet und nach Miami zurückgebracht, bevor er seine fürchterlichen

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