Aries
noch erwarten. << Lachend küsste ich sie auf die Wange.
In meinem Zimmer kuckte ich zum Wecker. Halb neun. Wo war Aries? Ein Film fesselte für eine Weile meine Aufmerksamkeit, und als ich danach wieder zum Wecker sah, wurden meine Sorgen größer. Ich lehnte das Fenster an, packte das dicke Buch davor und kroch in mein Bett. Mitten in der Nacht erwachte ich frierend. Aries war nicht gekommen. Müde setzte ich mich auf. Halb vier.
Vertrau mir, hatte er gesagt. Aries ist groß und er ist stark ... du brauchst dich nicht zu sorgen. Er weiß, was er tut. Es würde doch niemand wagen, ihm etwas anzutun oder es auch nur zu versuchen … als ich dann bei - es ist immer spannend einen Ranghöheren herauszufordern - ankam, schloss ich panisch die Augen. Ich schob die Gedanken weit in meine hintersten Gehirnwindungen und schlug die Decke fester um mich. Versuchte es mit autogenem Training. Der Therapeut hatte es mir beigebracht, nachdem mein Bruder verschwunden war. Es gelang nicht. Panik hatte längst Besitz von mir ergriffen.
Meine Hand suchte die Fernbedienung und ich schaltete den Fernseher wieder ein. Das kann ja heute klasse werden, dachte ich mürrisch. Ich werde aussehen wie Quasimodo. Unausgeschlafen, mit dicken Augen und Rändern bis zum Kinn.
Ein Tierfilm na gut. Eisbären und Robben. Mein Zittern ließ nicht nach und ich flitzte zum Fenster und machte es zu. Der Nebel war dick und stand wie eine Wand davor. Dick eingekuschelt wartete ich weiter. Aries kam nicht.
Die leisen Töne meines Fernsehers weckten mich. Als ich die Augen aufschlug, war es hell. Oh Gott, durchfuhr es mich. Jetzt, überwältigte mich höllische Angst. Das hatte Aries noch nie gemacht … Er war nie solange weggeblieben, ohne mir zu sagen, wo er steckte. Ich sprang auf, hastete in die Küche und schnappte das Telefon. Während ich Großvaters Nummer wählte, sah ich zur Uhr. Halb zehn. Es klingelte viermal, bevor Eve abnahm.
>> Eve! <<, rief ich panisch in den Hörer. >> Ist Aries da? <<
>> Keine Ahnung Fränni. <<, antwortete Eve gelassen. >> Hab ihn noch nicht gesehen und guten Morgen erst mal. <<
>> Oh entschuldige, guten Morgen. Aber kannst du bitte nachsehen gehen? Bitte Eve. <<
>> Ja, ja, ich gehe schon. << Sie legte den Hörer aus der Hand. Ich hörte es deutlich knacken. Die Sekunden verrannen und dann knackte es erneut.
>> Ja? <<
>> Nein Fränni. Ari ist nicht da. <<
>> Oh Gott, wo ist er? <<, jammerte ich los.
>> Fränni? << Eve stutzte. >> Ich weiß es nicht. Aber das hat bei Ari nichts zu sagen … Das ist normal bei ihm. Mach dir keine Sorgen. Ich werde ihm ausrichten, dass du angerufen hast und sobald er zurück ist, wird er zurückrufen. <<, versuchte sie mich zu beruhigen.
>> Danke. <<, sagte ich leise. Mir war klar, dass es dringend und sicher gefährlich war, was ihn davon abhielt, sich zu melden. Ich legte auf und starrte das Telefon an. Oma trat ein. Langsam drehte ich mich um.
>> Fränni, ist dir nicht gut? <<, sagte sie bestürzt und kam auf mich zu. >> Du bist ja ganz weiß im Gesicht. <<
>> Nein, nein. <<, wehrte ich ab und versuchte zu lächeln. >> Es geht schon. Können wir frühstücken? <<
>> Frühstücken? <<, lachte sie. >> Frühstück ist längst vorüber aber ich kann dir einen Imbiss machen, wenn du willst. <<
>> Hmm. <<, antwortete ich und schlich in mein Zimmer. Händeringend setzte ich mich auf den Bettrand und starrte in die Luft. Panik. > Ich muss mich ablenken. Sonst drehe ich durch. <, raunte ich und zog Jogginghose und Pulli über. Dabei richtete ich meine Augen auf das Fenster, als wenn ich es bezwingen könnte, sich zu öffnen und Aries aus zu spucken.
Oma trug ein Tablett herein. Es duftete nach frischen Brötchen und Kakao. Mein Magen knurrte. Hungrig machte ich mich darüber her und als ich das erste Brötchen gegessen hatte, klingelte es. Sofort sprang ich auf, riss die Tür auf und Arme umschlangen mich. Ich presste mein Gesicht an seine Brust und roch Blut. Hektisch zog ich Aries in mein Zimmer und knöpfte sein Hemd auf. Er sagte kein Wort und sah mir zu. Sein Oberkörper schien heil.
>> Fränni, <<, sagte er leise. >> Es ist nicht schlimm. << Ich kuckte ihn schweigend an und zog ihm das Hemd von den Schultern. Ein frisch genähter Riss verlief von der linken Schulter quer über den Rücken zur Hüfte hinunter. Mit offenem Mund starrte ich die Wunde an.
>> Fränni, das sieht schlimmer aus als es ist. <<
>> Ari. <<, schluchzte ich auf und fuhr mit dem Finger behutsam an der Naht entlang. Er
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