Arkadien 01 - Arkadien erwacht
Kleidung, aber er war auch nicht nackt: Schwarzes Pantherfell bedeckte Teile seines Körpers, auch wenn es sich zusehends ausdünnte. Die Eisenringe mit den restlichen Kettengliedern lagen um seine Hand- und Fußgelenke.
Der Blick seiner Smaragdaugen löste sich von ihr, heftete sich blinzelnd auf Remeo und die Waffe in seiner Hand. »Was ist passiert?«
»Er arbeitet für Salvatore Pantaleone.« Rosa machte einen Schritt zurück und ergriff ungeduldig Alessandros Hand. »Er ist auf unserer Seite. Lass uns von hier verschwinden.«
Alessandro rührte sich nicht. Seine Stimme war jetzt vollkommen menschlich, aber sein Tonfall irritierte sie. »Dich hat er gerettet, Rosa. Mit mir hat er andere Pläne. Ist es nicht so, Remeo?«
Sie wirbelte herum und starrte den Mann mit der Waffe an.
Remeo zuckte die Achseln.
Ihre Wangenmuskeln spannten sich. »Was hat das zu bedeuten?«
»Geh aus dem Weg«, sagte Remeo zu ihr. »Dir geschieht nichts.«
Instinktiv schob sie sich vor Alessandro. »Pantaleone hat dir befohlen ihn zu töten?«
»Natürlich hat er das«, sagte Alessandro hinter ihr. »Das hier ist die beste Gelegenheit, endgültig mit den Carnevares aufzuräumen. Es wird so aussehen, als wäre es während der Schießerei geschehen. Keiner wird ahnen, dass er seinen eigenen Leuten in den Rücken gefallen ist, und erst recht wird niemand Pantaleone verdächtigen. Sie werden es Cesare in die Schuhe schieben.« Er wollte Rosa sanft beiseiteschieben, aber sie rührte sich nicht von der Stelle. Sie stand mitten im Türrahmen, mit dem Rücken zu ihm und zur Kellertreppe.
Remeos Miene blieb starr. Er sah sie an wie eine Ware, für deren Übergabe er bezahlt wurde.
Sie fixierte ihn mit aller Entschlossenheit. »Pantaleone will, dass ich für ihn die Alcantaras anführe. Er wird es nicht wagen, jemanden zu töten, der unter meinem Schutz steht.« Ein Bluff, aber irgendwie musste sie Zeit gewinnen.
»Er ist der Boss der Bosse«, widersprach Remeo, »und du bist nur ein Kind. Du wirst ihm vergeben. Und jetzt geh aus dem Weg.«
Sie sprang vor und schlug ihm ins Gesicht. Es war kein Angriff, der ihn ernstlich aufhalten konnte, aber er überraschte ihn. Fluchend fegte er sie mit einem Hieb beiseite und riss die Pistole hoch.
Rosa prallte gegen einen umgestürzten Tisch. Dahinter ragten Beine hervor, die untere Hälfte eines leblosen Körpers. Turnschuhe. Neben ihnen lag eine Pistole mit Schalldämpfer.
Fundlings Waffe.
Remeo feuerte in den Kellereingang. Alessandro war schneller. Der Sprung, mit dem er der Kugel auswich, trug ihn hinaus ins Zimmer. Er verwandelte sich noch in der Luft in einen schwarzen Schatten und landete auf allen vieren.
Remeo riss die Waffe herum und schoss ein zweites Mal. Die Kugel streifte Alessandro und brachte ihn ins Straucheln. Sein Sprung ging fehl, knapp an Remeo vorbei.
»Remeo!«
Rosa hielt Fundlings Pistole in den Händen und zielte.
Einen Moment lang sah Remeo sie stirnrunzelnd an. Dann aber richtete er seine Waffe abermals auf Alessandro.
Rosa drückte ab.
Die Pistole klickte. Das verdammte Magazin war leer.
Sie schrie wütend auf, stemmte sich hoch und schleuderte die nutzlose Waffe in Remeos Richtung. Er duckte sich zur Seite, ohne den Panther aus den Augen zu lassen. Alessandro blutete aus einer Wunde am Hals. Der erste Schuss hatte ihn gestreift. Der zweite würde treffen.
Der Panther stieß sich vom Boden ab. Rosa sah die riesige Raubkatze wie in Zeitlupe gegen die Wand springen und zwei Meter daran entlanglaufen, ehe sie davon abfederte und auf Remeo zuschnellte. Der schwenkte die Waffe herum. Alessandro raste, das Raubtiergebiss weit geöffnet, auf ihn zu.
Bevor Remeo schießen konnte, wurde er von der Gewalt des Angriffs nach hinten gerissen. Alessandro landete auf ihm und grub ihm seine Fänge knirschend ins Gesicht. Remeos Züge verschwanden zwischen den Kiefern des Angreifers.
Rosa robbte herum und erreichte den leblosen Fundling. Seine Kleidung war blutüberströmt. In seiner Schläfe klaffte eine Wunde.
Hinter ihr verstummten Remeos Schreie. Alessandro stieß wildes Panthergebrüll aus, triumphierend und verzweifelt zugleich.
Sie wollte nicht sehen, was er Remeo angetan hatte. Stattdessen tastete sie hektisch nach Fundlings Handgelenk, suchte seinen Puls und konnte ihn nicht finden.
Doch – da war er! Ein ganz schwaches Pochen.
Fundling musste sich im Haus verschanzt haben, um Cesare fernzuhalten. Vielleicht hatte er von Pantaleone denselben Befehl erhalten
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