Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
an der Decke kamen Photonen im untersten Bereich des gelben Spektrums. Harkey war stolz auf sein Essen. Es wurde von einem Koch zubereitet, der angeblich bereits in der königlichen Küche von Kulus Fürstentum Jerez gearbeitet hatte. Die Kellnerinnen waren jung und hübsch und trugen offenherzige schwarze Kostümchen.
Mit seiner noblen Atmosphäre und den nicht zu gesalzenen Preisen zog das Harkey’s viele Besatzungsmitglieder von Schiffen an, die im Raumhafen Tranquilitys angedockt hatten. An den meisten Abenden herrschte ziemlicher Betrieb. Joshua war schon immer hier verkehrt. Schon als er noch ein nichtsnutziger Teenager gewesen war und auf der allnächtlichen Suche nach seiner nötigen Dosis Raumfahrergeschichten, dann später während seiner Zeit als Schatzsucher im Ruinenring, als er übertriebene Geschichten über seine Entdeckungen erzählt hatte, über den ganz großen Fisch, der ihm stets um Haaresbreite durch die Finger geglitten war, und jetzt als Angehöriger der Crème de la crème, als Eigner und Kapitän eines Raumschiffs und noch dazu einer der jüngsten, die es je gegeben hatte.
»Ich weiß nicht, was für ein Mistzeug dieser Schaum ist, den du auf das Raumflugzeug gesprüht hast, Joshua, aber er will und will sich nicht lösen«, beschwerte sich Warlow bitter.
Wenn Warlow redete, verstummten ringsum alle Gespräche. Es ließ sich überhaupt nicht vermeiden, ganz sicher nicht in einem Umkreis von vielleicht acht Metern. Warlow war ein Kosmonik. Er war in einer Industriesiedlung auf einem Asteroiden geboren worden. Er hatte mehr als zwei Drittel seiner zweiundsiebzig Jahre in Schwerelosigkeit verbracht, und er verfügte nicht über die genetischen Verbesserungen, die Joshua und den Edeniten von ihren Vorfahren vererbt worden waren. Nach einer Weile hatten seine Organe angefangen zu verkümmern. Erschöpfte Calciumspeicher hatten seine Knochen brüchig werden lassen wie Porzellan. Die Muskeln waren geschwunden und Wasser in das Körpergewebe eingedrungen. Es hatte die Lungen beeinträchtigt und das lymphatische System verkümmern lassen.
Anfangs hatte Warlow Medikamente und nanonische Zusätze benutzt, um die Folgen zu kompensieren. Dann waren die Zusätze Prothesen gewichen, und Knochen waren durch Kohlefaserstreben ersetzt worden. Elektrische Energie ersetzte normale Nahrung. Die Haut war als letztes gewichen, und eine glatte ockerfarbene Silikonmembran hatte die von Ekzemen übersäte Epidermis abgelöst. Warlow benötigte keinen Raumanzug, um im Vakuum zu arbeiten, und er konnte mehr als drei Wochen ohne Energie- oder Sauerstoffaufnahme überleben. Seine Gesichtszüge waren rein kosmetisch; eine grobe, mannequinähnliche Karikatur menschlicher Physiognomie, obwohl er an der Stelle, wo früher sein Kehlkopf gewesen war, ein Ventil zur Flüssigkeitsaufnahme besaß. Er hatte keine Haare, und er machte sich nicht die Mühe, Kleidung zu benutzen. Sex war etwas, das er bereits mit fünfzig nicht mehr praktiziert hatte.
Manche Kosmoniks hatten sich in freischwebende Wartungsmaschinen mit einem Gehirn im Zentrum verwandelt, doch Warlow hatte seine humanoide Gestalt beibehalten. Die einzige Veränderung waren die Arme: Sie gabelten sich an den Ellbogen zu je zwei Unterarmen. Je einer endete in einer normalen Hand mit den gewohnten fünf Fingern, der andere in Titansockeln, die imstande waren, eine ganze Reihe der verschiedensten Werkzeuge aufzunehmen.
Joshua grinste und hob sein Champagnerglas in Richtung des zwei Meter großen Gargoylen, der den Tisch beherrschte. »Genau deswegen habe ich dir den Auftrag gegeben«, sagte er. »Wenn jemand das Zeug abkriegt, dann du.« Er schätzte sich glücklich, Warlow in seiner Mannschaft zu haben. Manche Kapitäne glaubten, er sei zu alt, doch Joshua kam seine Erfahrung gerade recht.
»Du solltest Ashly den Auftrag geben, ein Eintauchmanöver in die Atmosphäre von Mirchusko zu fliegen. Brenn es weg und fertig.« Warlows linker unterer Unterarm sauste herab, und er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Gläser und Flaschen erzitterten.
»Andererseits könntest du dir natürlich eine Pumpe in den Bauch einbauen und das Zeug mit deinem Darmausgang absaugen. Wie ein Staubsauger sozusagen«, sagte Ashly Hanson zu Warlow. Er gab ein schlürfendes Geräusch von sich, und seine Wangen wölbten sich nach innen.
Der Pilot des Raumflugzeugs war ein großer siebenundsechzigjähriger Mann, dem Gentechnologie einen athletischen Körper, welliges braunes Haar und
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