Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Verstand formte sich ein dreidimensionales Bild der Udat, die ungefähr dreißig Meter über dem Dock schwebte und genau die Position hielt.
»Übernimm du«, sagte Meyer.
»Danke.« Cherri öffnete einen Kanal zum Datennetz des Docks. »MB 0-330, hier ist die Udat. Wir haben die Fracht an Bord, die Sie bestellt und bezahlt haben. Wir warten auf Anweisungen zum Entladen. Wie willst du es haben, Joshua? Zeit ist Geld!«
»Cherri, bist du das?« antwortete Joshua per Datavis.
»Niemand sonst an Bord würde sich dazu herablassen, mit dir zu reden.«
»Ich hatte euch erst in einer Woche zurück erwartet. Ihr wart verdammt schnell.«
Meyer gab per Datavis einen Zugriffskode in seine Konsole ein. »Wenn du das schnellste Schiff anheuerst, wirst du auch am schnellsten beliefert, so einfach ist das.«
»Ich werd’s mir merken«, entgegnete Joshua. »Das nächste Mal, wenn ich Geld übrig habe, suche ich mir ein richtig schnelles Schiff.«
»Wir können unsere Musterprozessoren jederzeit woanders hinbringen, Mister Heißsporn Raumschiffskapitän, der noch nie woanders war als im Ruinenring.«
»Meine Prozessoren, du genetischer Rückschlag. Du hast doch viel zuviel Angst, in den Ruinenring zu fliegen und dir dort deinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
»Nicht der Ruinenring ist es, der mir angst macht, sondern das, was der Lord Ruin mit Leuten macht, die aus dem System springen, ohne ihre Funde in Tranquility zu registrieren.«
Eine ungewöhnlich lange Pause entstand. Meyer und Cherri wechselten einen verwirrten Blick.
»Ich schicke Ashly mit dem MSV der Lady Mac hoch, um die Energiemusterprozessoren abzuholen«, sagte Joshua schließlich. »Und ihr seid alle zu meiner Party heute abend eingeladen.«
»Das also ist die berühmte Lady Macbeth?« fragte Meyer ein paar Stunden später. Er befand sich zusammen mit Joshua im beengten Kontrollraum von Dock 0-330, hatte den linken Fuß mittels eines StikPads verankert und schwebte zur Hälfte in der transparenten Kuppel, die aus der Wand in das Dock ragte. Das Fünfundsiebzig-Meter-Schiff, das auf der Rampe mitten im Dock ruhte, war nackt und schutzlos dem Weltraum ausgeliefert. Die Rumpfplatten waren abgenommen, Tanks und Maschinen und Systeme frei zugänglich: phantastisch anmutende, weiß-silberne Eingeweide. Sie alle waren innerhalb eines stabilen hexagonalen Stützgerüsts untergebracht. Auf jeder Verbindung befanden sich Sprungknoten. Von jedem Knoten führten dicke rot und grün gekennzeichnete Supraleiterkabel ins Schiffsinnere. Sie waren direkt am Fusionsgenerator der Lady Mac angeschlossen. Meyer hatte noch nie darüber nachgedacht, aber die Anordnung der linsenförmigen Schwingknoten besaß verblüffende Ähnlichkeit mit einem Voidhawk.
Ingenieure und Techniker in schwarzen SII-Raumanzügen mit Manöverjets schwebten über dem offenen Stützgerüst, führten Tests durch und ersetzten Komponenten. Andere saßen auf Plattformen am Ende langer, vielgelenkiger Arme, die mit schweren Werkzeugen zur Handhabung der größeren Systeme ausgestattet waren. Gelbe Warnlichter blinkten auf sämtlichen mobilen Gerätschaften des Docks und sandten in irre kreisenden Mustern scharf begrenzte Lichtkreise über jede Oberfläche.
Zwischen dem Schiff und den fünf Interfacekupplungen rings um die Basis der Rampe spannten sich Hunderte von Datenleitungen, fast, als wäre die Lady Mac in einem Netz optischer Fibern am Boden gefangen. Aus der Wand des Docks war ein zwei Meter durchmessender Andockschlauch ausgefahren, unmittelbar unterhalb des Kontrollzentrums, und gewährte den Reparaturmannschaften Zutritt zu den Lebenserhaltungskapseln, die tief verborgen im Zentrum des Schiffs ruhten. Auf zahllosen Halteklammern ringsum im Dock warteten die verschiedensten Systeme auf ihre Installation. Meyer hatte nicht die geringste Ahnung, wo Joshua all das Zeug unterbringen wollte. Das Raumflugzeug der Lady Mac hing mit nach vorn geschwungenen Tragflächen wie eine gigantische Überschallmotte an einer Wand. Die zusätzlichen Tanks und Batterien, die Joshua für seine Ausflüge in den Ruinenring eingebaut hatte, waren nicht mehr zu sehen. Eine Reihe von Männern in Raumanzügen und eine Cyberdrone waren damit beschäftigt, den dicken Schaumbelag mit Hilfe eines Lösesprays vom Rumpf zu entfernen. Kleine Bröckchen grauer Flocken segelten in alle Richtungen davon.
»Was hast du denn erwartet?« fragte Joshua. »Etwa eine Saturn Fünf?« Er war hinter einer Fernsteuerkonsole für
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