Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
mit Sarha Mitcham einem ausgedehnten Test zu unterziehen. Sarha war die vierundzwanzigjährige Bordingenieurin, die in letzter Minute Erick Thakrars Platz eingenommen hatte.
Alle lagen angeschnallt in ihren Beschleunigungsliegen auf der Brücke, als Joshua mit der Lady von der Rampe des Docks MB 0-330 ablegte. Er vollzog das Manöver mit einer fast instinktiven Leichtigkeit – wie ein frisch geschlüpfter Schmetterling, der seine Flügel zum ersten Mal in der Sonne entfaltet –, und er vollzog es in dem sicheren Wissen, daß die Doppelhelix seiner DNS genau dazu rekonfiguriert worden war.
Flugvektoren aus dem Verkehrskontrollzentrum des Raumhafens schmeichelten sich einen Weg in seinen Verstand, und er schwang das Schiff mit Hilfe des sekundären Ionentriebwerks träge auf Kurs. Die Lady schwebte über den Rand des Raumhafensimses hinaus, bevor Joshua die drei primären Fusionsantriebe hochfuhr. Die Beschleunigungskräfte stiegen rasch, und die Lady Macbeth nahm Kurs aus dem Gravitationstrichter Mirchuskos hinaus in Richtung der grünen Sichel Falsias in siebenhunderttausend Kilometern Entfernung.
Der Testflug dauerte fünfzehn Stunden. Während dieser Zeit wurden die Systeme ständig von automatisierten Programmen auf Toleranzen überprüft, die Fusionsantriebe mehrfach so weit hochgefahren, daß sie eine Beschleunigung von sieben g erzeugten, die Plasmaströme auf Instabilitäten untersucht, das Lebenserhaltungssystem jeder einzelnen Kapsel durchgecheckt. Leitsysteme, Sensoren, die Schlingerventile der Treibstofftanks, die thermische Isolierung, Generatoren … all die Millionen Elemente, aus denen die Lady Macbeth aufgebaut war.
Zweihunderttausend Kilometer über der leblosen, kraterübersäten Oberfläche des kleinen Mondes steuerte Joshua die Lady in einen Orbit, wo sie für neunzig Minuten rasteten. Nach einem abschließenden Bericht, in dem bestätigt wurde, daß die Lady Macbeth in allen Punkten den Erfordernissen der Konföderierten Raumaufsicht entsprach, fuhr Joshua die Fusionsantriebe erneut hoch und beschleunigte in Richtung des dunstigen, ockerfarbenen Gasriesen.
Adamistenraumschiffen fehlte die Flexibilität von Voidhawks nicht nur in puncto Wendigkeit, sondern auch, was ihre Methoden der Überlichttranslation anbetraf. Während die BiTek-Raumschiffe ihre Wurmlöcher maßschneidern konnten, um ungeachtet ihrer Flugbahn und ihres Beschleunigungsvektors einen Terminus an der gewünschten Position zu erzeugen, sprangen mechanische Schiffe wie die Lady Macbeth ohne jeden Spielraum auf einer Tangente ihrer gegenwärtigen Bahn. Genau diese Beschränkung kostete ihre Kommandanten zwischen den einzelnen Sprüngen jede Menge Zeit. Das Raumschiff mußte genau auf Kurs gebracht werden, bevor der Sprung zum Zielstern eingeleitet werden konnte. Das war im interstellaren Raum nicht weiter schwierig, sondern lediglich eine Frage der natürlichen Fehlertoleranz. Doch der erste Sprung aus einem Sonnensystem heraus mußte so genau sein wie nur menschenmöglich, um zu verhindern, daß die Ungenauigkeit beim Austritt außer Kontrolle geriet. Wenn ein mechanisches Raumschiff von einem Asteroiden aus startete, der sich gerade von seinem nächsten Bestimmungsort weg bewegte, dann konnte der Kapitän Tage damit verbringen, seinen Kurs umzukehren, und der Treibstoffverbrauch war astronomisch. Die meisten Raumschiffskommandanten nutzten deswegen den nächstgelegenen geeigneten Planeten, der ihnen die Möglichkeit eröffnete, einmal pro Umlauf in Richtung irgendeines Sonnensystems in der Galaxis zu springen.
Hundertfünfundachtzigtausend Kilometer über Mirchusko fiel die Lady Macbeth in einen neuerlichen Orbit, mit einer Sicherheitsspanne von zehntausend Kilometern. Die im Gravitationstrichter von Gasriesen auftretenden Verzerrungen verhinderten, daß mechanische Adamistenschiffe aus größerer Nähe als hundertfünfundsiebzigtausend Kilometern springen konnten.
Der Bordrechner übertrug Datavis-Vektoren in Joshuas Bewußtsein. Joshua sah die gewaltigen Sturmbänder auf der gewölbten Oberfläche und den schwarzen Rand des Terminators, der langsam auf ihn zukroch. Der Korridor der Lady Macbeth war eine Röhre aus grünleuchtenden Neonringen, die sich vor Joshuas geistigem Auge ausstreckten, bis sie in der Ferne zu einem einzelnen dünnen Faden verschmolzen, der sich um die dunkle Seite Mirchuskos herumbog. Die grünen Ringe rasten mit schwindelerregender Geschwindigkeit am Rumpf der Lady Macbeth vorbei.
Rosenheim war
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