Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
ihnen. Ingenieure und Techniker, die bei der Überholung der Lady Macbeth mitgeholfen hatten. Alle ohne Ausnahme hatten im Verlauf der letzten Wochen lange Schichten gemeinsam gearbeitet.
Die Arbeit hatte Erick nichts ausgemacht. Sie bedeutete, daß er sich einen Platz an Bord der Lady Macbeth erobert hatte.
Ein steifer Rücken und ständige Müdigkeit waren ein Preis gewesen, den er gerne gezahlt hatte. Und in weiteren zwei Stunden würde er unterwegs sein.
Das Stimmengewirr verklang, als die Leute seine Gegenwart bemerkten. Plötzlich tat sich ein freier Platz vor der Observationskuppel auf. Erick richtete sich in der Schwerelosigkeit aus und blickte nach draußen.
Die Rampe war aus dem Dock ausgefahren und hatte die Lady Macbeth nach draußen geschoben. Während Erick hinsah, entfalteten sich die Wärmeableitpaneele, die bis dahin in Aussparungen im matten Rumpf der Lady Macbeth geruht hatten. Wie von Geisterhand lösten sich Versorgungsleitungen im Heck des Schiffs und wurden in die Rampe zurückgezogen.
»Erlaubnis zum Ablegen erteilt«, gab der Vorarbeiter von MB 0-330 per Datavis durch. »Bon voyage, Joshua! Paß auf dich auf.«
Orangefarbene Flammen schossen aus der Äquatorregion der Lady Mac, und die chemischen Korrekturtriebwerke hoben das Schiff mit einer Präzision von der Rampe, die nur ein Meisterpilot jemals erreichen konnte.
Die Techniker jauchzten begeistert und stießen Hochrufe aus.
»Erick?«
Erick drehte sich zum Vorarbeiter um. »Ja?«
»Joshua läßt dir ausrichten, daß es ihm leid täte, aber Ione Saldana hätte gemeint, du wärst ein Arschloch.«
Erick wandte sich ab und blickte auf das leere Dock hinaus. Die Teleskoprampe sank langsam zum Boden zurück.
Blaues Licht fiel herein, als der Ionenantrieb der Lady Macbeth die Korrekturtriebwerke ablöste.
»Verdammter Mist«, murmelte Thakrar betäubt.
Die Lady Macbeth besaß vier getrennte Lebenserhaltungssysteme, zwölf Meter durchmessende Kugeln, die mitten im Zentrum des Schiffes in Pyramidenform gruppiert waren. Ihre Ausstattung hatte nur einen Bruchteil dessen verschlungen, was für die Überholung der Lady Macbeth nötig gewesen war, obwohl Joshua nicht an Technik gespart hatte.
Die Kapseln B, C und D bildeten die Basis der Pyramide. Sie waren in jeweils vier Decks eingeteilt. Die beiden mittleren Decks folgten einem ähnlichen Layout mit Kabinen, einer Messe, einer Kombüse und einem Sanitärabteil. Die restlichen Decks waren unterteilt in Lagerräume, Werkstätten, Ersatzteillager und Luftschleusenkammern für das Raumflugzeug beziehungsweise das MSV.
Kapsel A beherbergte die Brücke der Lady Macbeth. Die Brücke nahm die gesamte obere Hälfte der Kugel ein, und sie verfügte über Konsolen und Beschleunigungsliegen für alle sechs Besatzungsmitglieder. Weil neurale Nanoniken überall an Bord mit dem Schiffsrechner kommunizieren konnten, bildete die Brücke des Schiffs eher eine Art Verwaltungsraum als ein traditionelles Kommandozentrum, und die Konsolenschirme und AV-Projektoren dienten lediglich als Reservesysteme für die Wiedergabe von Datavis-Informationen.
Die Lady Macbeth war für den Transport von bis zu dreißig Passagieren zugelassen oder alternativ, wenn die Kabinen ausgebaut und durch Null-Tau-Kapseln ersetzt wurden, achtzig Menschen in Stasis. Solange Joshua und seine fünf Besatzungsmitglieder alleine an Bord waren, hatten sie luxuriös viel Platz zur Verfügung. Joshuas Kabine war die größte und nahm ein Viertel des Brückendecks ein. Er hatte das Layout seines Vaters unverändert übernommen. Die Stühle stammten von einem Luxus-Passagierschiff, das vor mehr als einem halben Jahrhundert außer Dienst gestellt worden war: klappbare Konstruktionen aus schwarzem Schaum, die zusammengefaltet aussahen wie gigantische Meeresmuscheln. In einem Bücherregal standen – gegen Beschleunigung und Richtungswechsel gesichert – antike ledergebundene Bände mit Sternenkarten. In einer transparenten Kugel ruhte der Kommandomodulprozessor einer Apollo-Kapsel, doch die Echtheit des kostbaren Relikts war zweifelhaft. Der wichtigste Einrichtungsgegenstand jedoch (zumindest aus Joshuas Sicht) war der Null-g-Sexkäfig, eine Kugel aus Gummigeflecht, die zwischen Decke und Boden eingespannt war. Im Innern konnte man nach Herzenslust herumstrampeln und hüpfen, ohne Gefahr zu laufen, sich an irgendeinem scharfkantigen Möbelstück oder einer Wand den Kopf einzuschlagen. Joshua beabsichtigte, dieses Möbelstück zusammen
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