Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
wollen.
– Wir geben euch Deckung, antwortete Targad, der Kommandant der Nephele.
Syrinx richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Daten aus den Sensoren der Oenone. Die Lady Macbeth hatte die Form einer perfekten Kugel angenommen. Die blauen Flammen ihres Ionenantriebs verloschen, und dann erfolgte unvermittelt eine scharfe Verzerrung des Raum-Zeit-Kontinuums.
– Los! befahl Syrinx.
Die Oenone brach siebzehnhundert Kilometer von der Lady Macbeth entfernt aus dem Wurmloch-Terminus. Ein Blizzard aus flockigem Schaum wirbelte davon, als die elektronischen Sensoren und die Wärmeableitpaneele rings um den Mannschaftstoroiden ausgefahren wurden. Fusionsgeneratoren in dem unteren Schlachttoroid fuhren hoch, Röntgenlaser wurden aufgeladen. Im Mannschaftstoroid kehrte die Gravitation zurück. Das Raumverzerrungsfeld dehnte sich aus, und der Voidhawk beschleunigte mit sieben g in einer engen Kurve, um zur Lady Macbeth aufzuschließen. Zweihundert Kilometer von der Oenone entfernt schüttelte auch die Nephele ihren Tarnmantel aus Schaum ab.
Ciudad war ein weit entfernter, glanzloser Fleck mit einer kleinen Ansammlung von Industriestationen im Orbit. Die Strahlen strategischer Verteidigungssensoren erfaßten die Oenone.
Syrinx bemerkte eine eigenartige zweite Oszillation im Raumverzerrungsfeld ringsum. Schaum stob in alle Richtungen vom Rumpf ihres Voidhawks.
– Ah, das ist schon besser, seufzte die Oenone beinahe unterbewußt.
Syrinx hatte keine Zeit, einen Tadel zu formulieren. Im unteren Toroiden fuhr eine Sendeanlage aus und schwang zur Lady Macbeth herum.
»Raumschiff Lady Macbeth!« funkte sie das fremde Schiff durch die BiTek-Prozessoren des Transmitters an. »Hier spricht die Konföderierte Navy, Voidhawk Oenone. Halten Sie Ihre Position. Aktivieren Sie keinerlei Antrieb, und versuchen sie nicht, durch einen Sprung zu entkommen. Halten Sie sich für ein Andockmanöver bereit. Wir werden an Bord kommen.«
Das Verzerrungsfeld der Oenone dehnte sich noch weiter aus und umschloß das Adamistenschiff.
Syrinx hörte, wie Tula mit der System Verteidigung von Ciudad redete und die zuständigen Behörden über ihre Intervention informierte.
»Hallo, Oenone«, drang Joshua Calverts Stimme fröhlich aus den AV-Projektoren der Brücke. »Habt ihr Schwierigkeiten? Können wir euch helfen?«
Syrinx lag festgeschnallt auf ihrer Liege und hatte die Zähne wegen der Beschleunigung von vier g zusammengebissen, und sie konnte nichts weiter unternehmen, als in konsterniertem Staunen auf den beleidigenden AV-Projektor zu starren.
Die Oenone legte vorsichtig die letzten fünf Kilometer bis zur Lady Macbeth zurück. Jeder Sensor und jede Waffe waren auf das Adamistenschiff gerichtet, um gegen das leiseste Anzeichen von Verrat gewappnet zu sein. In einer Entfernung von hundertfünfzig Metern rotierte der Voidhawk langsam und richtete die obere Hülle auf die Lady Macbeth aus. Beide Schiffe fuhren die Andockschläuche aus, bis diese sich berührten und dann versiegelten. Larry Kouritz führte seine Abteilung Marines in die Lebenserhaltungskapseln der Lady Macbeth.
Syrinx verfolgte durch die Sensorbündel der Oenone, wie die klaffmuschelartigen Hangartore des Mannschaftstoroids aufglitten. Oxley steuerte das kleine kastenförmige Multifunktions- und Wartungsfahrzeug in den Raum hinaus. Gelb leuchtende chemische Flammen schoben es in Richtung der offenstehenden Frachtluke der Lady Macbeth.
Joshua Calvert wurde von zwei Marines in schwarzen Carbotanium-Panzeranzügen auf die Brücke geführt. Er grinste leutselig in die Runde, und als er Syrinx erblickte, wurde sein Grinsen womöglich noch breiter.
Sie rutschte unter der Aufmerksamkeit des attraktiven jungen Mannes unruhig hin und her. Die ganze Geschichte verlief überhaupt nicht so, wie sie sich das Abfangmanöver gedacht hatte.
– Sie haben uns aufs Kreuz gelegt, meldete sich Ruben unvermittelt.
Syrinx warf einen Seitenblick zu ihrem Liebhaber. Er saß hinter seiner Konsole, und auf seinem Gesicht machte sich ein Ausdruck von dumpfer Resignation breit. Er fuhr sich mit den Fingern durch das lockige weiße Haar.
– Was meinst du damit? fragte sie.
– Sieh ihn dir nur an, Syrinx! Kommt dir dieser Bursche vor wie ein Mann, dem eine vierzigjährige Freiheitsstrafe wegen Schmuggels von Kontrabande bevorsteht?
– Wir haben die Lady Macbeth während der gesamten Tour nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Sie hat kein Rendezvous mit einem anderen Schiff
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