Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
steifen Blick auf die anderen Edeniten. »Ich habe eine Ladung Elektronik von Kulu abgeliefert.«
Fast hätte Athene laut aufgelacht; Meyers Frische war genau das, was sie jetzt brauchte. Sie hakte sich bei ihm unter, ohne die verblüfften Blicke zu beachten, die auf ihr ruhten, und zog ihn von der restlichen Besatzung weg. »Kommen Sie mit. Ich spüre, daß Sie sich nicht wohl fühlen in ihrer Gegenwart. Und ich bin zu alt, um mir Sorgen darüber zu machen, wie viele Strafen Ihnen wegen der Verletzung der Flugregeln drohen. Die Iasius und ich haben das alles vor langer Zeit hinter uns gelassen.«
»Sie waren bei der Konföderierten Navy?«
»Ja. Die meisten von uns verrichten eine Zeitlang ihren Dienst bei der Navy. Man hat uns Edeniten ein ausgeprägtes Pflichtgefühl einsequenziert.«
Er grinste in sein Glas. »Sie müssen wirklich ein phantastisches Team gewesen sein. Das war vielleicht ein Paarungsflug!«
»Das ist vorbei. Wie steht es mit Ihnen? Ich möchte alles wissen über das Leben auf Messers Schneide. Die wilden Abenteuer eines unabhängigen Händlers, die zwielichtigen Geschäfte, die wilden Verfolgungsjagden. Sind Sie über alle Maßen reich? Ich besitze mehrere Enkelinnen, die ich allzu gerne verheiraten würde.«
Meyer lachte. »Sie haben bestimmt keine Enkelinnen. Sie sind noch viel zu jung.«
»Unsinn. Hören Sie auf damit. Einige meiner Enkelkinder sind älter als Sie.« Sie genoß es, ihn auszuhorchen, seinen Geschichten zu lauschen, seinen Schwierigkeiten, der Bank das Darlehen zurückzuzahlen, das er aufgenommen hatte, um die Udat zu kaufen, seinem Zorn über die Kartelle der Frachtgesellschaften. Er bot eine willkommene Ablenkung von der tiefschwarzen Leere, die sich in ihrem Herzen geöffnet hatte, einem Riß, der sich nie wieder schließen würde.
Als er schließlich gegangen war, nachdem die Totenwache vorüber war und die Dankbekundungen ausgesprochen, lag sie allein auf ihrem neuen Bett in ihrem neuen Haus und fand zehn junge Sterne, die ganz tief in ihrem Bewußtsein hell erstrahlten. Die Iasius hatte recht behalten. Hoffnung war etwas Unvergängliches.
Für die nächsten achtzehn Jahre schwebte die Oenone passiv im B-Ring, wo die Udat sie zurückgelassen hatte. Die Partikel in ihrer unmittelbaren Umgebung waren hin und wieder überladen mit statischen Ausbrüchen. Die Staubpartikel standen mit der Magnetosphäre des Gasriesen in Wechselwirkung und wurden immer wieder aufs neue durcheinandergewirbelt. Es sah aus wie die Speichen eines gigantischen Rades. Den größten Teil der Zeit jedoch gehorchten sie den einfacheren Gesetzen der orbitalen Mechanik und wirbelten gehorsam und ohne jede Abweichung um ihren gravitonischen Meister. Der Oenone war es gleichgültig; beide Zustände waren gleichermaßen nahrhaft für das heranwachsende Schiff.
Sobald der Blackhawk aufgebrochen war, hatte das Ei angefangen, die Gezeitenwogen von Masse und Energie in sich aufzunehmen, die über seine Hülle brandeten. Zuerst war es in längliche Form gewachsen, bevor es sich im Verlauf der ersten fünf Monate auseinanderzog und zwei Wölbungen sichtbar wurden. Eine davon verflachte sich zusehends und nahm die typische Linsenform eines Voidhawks an, die andere blieb kugelförmig und saß über dem Zentrum dessen, was eines Tages die untere Hülle des BiTek-Raumschiffs bilden würde. Feine Fäden aus organischem Leiter sprossen aus der Kugel hervor, die als Induktionsmechanismus dienten und starke elektrische Ströme aus der Magnetosphäre aufnahmen, welche die Verdauungsorgane in seinem Innern mit Energie versorgten. Eiskörner und Kohlenstoffstaub wurden zusammen mit einer ganzen Reihe anderer Mineralien durch Poren eingesaugt, die über die gesamte Hülle verteilt waren, und zu einer dicken proteinreichen Flüssigkeit verarbeitet, welche die sich teilenden Zellen der Hülle versorgte.
Im Zentrum der Nahrung produzierenden Kugel reifte innerhalb eines gebärmutterähnlichen Organs die Zygote namens Syrinx heran, unterstützt von einer ganzen Reihe hämatopoetischer Organe.
Mensch und Voidhawk wuchsen ein Jahr lang gemeinsam auf und entwickelten dabei die Bindung, die selbst unter Edeniten einzigartig war. Die Erinnerungsfragmente, die von der Iasius stammten, die Navigations- und die Fluginstinkte, welche die Mutter dem Voidhawk-Ei bei der Geburt mitgegeben hatte, sie alle bekamen einen Sinn. Ihr ganzes Leben lang würden die beiden genau wissen, wo der jeweils andere gerade war. Flugbahnen und
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