Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
seinen dicken Fisch. Er hatte es tatsächlich geschafft!
Der Datavis-Befehl, den er in seinen Manövrierpack jagte, ließ ihn vom Boden des Laymil-Büros zurückgleiten. Seine Anzugsensoren senkten den Vergrößerungsmaßstab, und sein Sichtfeld kehrte in einer ruckhaften Sequenz von Schnappschüssen wieder auf normale Größe zurück. Der Manövrierpack ließ ihn um neunzig Grad rotieren, richtete ihn auf das Mosaik aus, und ein Ausstoß weißer Gaswolken aus den Steuerdüsen brachte ihn auf den Fußboden.
In diesem Augenblick sah er es. Ein infraroter Fleck, der sich aus dem Ruinenring näherte. Unmöglich, aber da war er. Ein weiterer Schatzsucher. Und das konnte unter keinen Umständen ein Zufall sein. Seine anfängliche Überraschung wich einen Ausbruch jähzorniger Wut.
Sie mußten ihn bis hierher verfolgt haben. Es konnte nicht besonders schwierig gewesen sein, jetzt, wo er darüber nachdachte. Man mußte nichts weiter tun, als einen Orbit in zwanzig Meilen Höhe über dem Ruinenring aufzusuchen, von wo aus man bequem die Infrarotsignaturen beobachten konnte, während die Schiffe anderer Schatzsucher sich ihren Zielorten näherten und die Geschwindigkeiten mit der des Ringes anglichen. Allerdings wären militärische Sensoren nötig, um durch all den Staub und die Trümmer des Rings hindurch etwas zu entdecken. Womit feststand, daß irgend jemand mit einem ziemlich kaltblütigen Plan zu Werke gegangen war. Jemand, der auf eine Weise entschlossen war, die Joshua niemals gekannt hatte. Jemand, der nicht davor zurückschrecken würde, den Schatzsucher umzubringen, hinter dessen Schiff er her war.
Joshuas Wut wich allmählich einem anderen, kälteren Gefühl.
Wie viele Schatzsucher waren in den vergangenen Jahren nicht mehr zurückgekehrt?
Er fokussierte die Kragensensoren auf das noch immer näher kommende Schiff und zoomte das Bild heran. Pinkfarbene Schleier, umhüllt von noch helleren pinkfarbenen Schleiern von den Abgasen des Raketenmotors. Trotzdem erkannte Joshua einen groben Umriß.
Es war das standardmäßige zwanzig Meter lange hexagonale Gitter eines interorbitalen Frachtschleppers, mit einem kugelförmigen Lebenserhaltungssystem an einem Ende und Tanks und Energiezellen in den Frachtschächten rings um den Reaktionsantrieb.
Keine zwei Schatzsucherfahrzeuge sahen einander ähnlich. Sie wurden zusammengesetzt aus dem, was zum gegebenen Zeitpunkt erhältlich gewesen war, was auch immer an billigen Komponenten zur Verfügung gestanden hatte. Es war nützlich bei der Identifikation. Jeder kannte die Schiffe seiner Freunde, genau wie Joshua dieses Schiff erkannte. Es war die Madeeir, und sie gehörte Sam Neeves und Octal Sipika. Beide waren ein gutes Stück älter als Joshua, und sie waren seit Jahrzehnten auf Schatzsuche, eines der wenigen Zwei-Mann-Teams, die den Ruinenring abgrasten.
Sam Neeves war ein rotgesichtiger jovialer Bursche, fünfundsechzig Jahre alt, aufgedunsen von aufgestauten Gewebeflüssigkeiten im Verlauf der Zeit, die er im freien Fall verbracht hatte. Sein Körper war nicht genetisch an lange Zeiten unter Nullschwerkraft angepaßt wie der Joshuas, und er benötigte eine ganze Menge interner nanonischer Hilfsmittel, um die schleichende Atrophie zu kompensieren. Joshua erinnerte sich an vergnügte Abende in Sams Gesellschaft, damals, als er noch neu bei den Schatzsuchern gewesen war und begierig den Tips und großartigen Geschichten des Alten gelauscht hatte. Und in jüngerer Zeit seine Bewunderung genossen hatte, als er fast wie ein Protege behandelt worden war, der seinem Lehrer Ehre machte. Joshua erinnerte sich an die nicht ganz so höflichen Fragen, wie es kam, daß er so oft fündig wurde. So viel in so kurzer Zeit. Wieviel er damit verdient hatte? Jeden anderen, der Joshua auf diese Weise auszuquetschen versucht hätte, würde er zum Teufel gejagt haben. Aber nicht Sam. Den guten alten Sam behandelte man nicht so.
Der gute alte Drecksack Sam.
Die Madeeir hatte ihre Geschwindigkeit der des Habitat-Segments angepaßt. Sie deaktivierte ihr Haupttriebwerk, und der leuchtende Gasschweif verschwand. Das Bild wurde klarer, und Joshua erkannte Einzelheiten. Kleine Schübe aus den Korrekturtriebwerken schoben das Schiff näher heran. Es war bereits bis auf dreihundert Meter an das Habitat-Segment herangekommen.
Joshuas Manövrierpack feuerte und hielt ihn über dem Mosaikfußboden und noch immer im Schatten des Segments in Position. Seine neurale Nanonik meldete eine
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