Armageddon 06 - Der nackte Gott
Kammer gepumpt wurde. Die Sensoren zeigten an, daß es sich um eine Mischung aus Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid, Argon und zahlreichen Kohlenwasserstoffverbindungen handelte. Die Luftfeuchtigkeit war extrem hoch und mit Pheromonen durchsetzt. Joshuas Hand wollte zu dem unverdächtig aussehenden Zylinder an seinem Gürtel kriechen, der in Wirklichkeit ein Laser war, doch er beherrschte sich.
Eigenartigerweise verspürte er nicht die geringste Aufregung. Es war alles so überwältigend und fremdartig, daß es ihm unmöglich war, mit Emotionen darauf zu reagieren. Aber das war vermutlich gut so.
Die innere Luke glitt auf und gab den Blick frei auf eines der größeren Habitatrohre von Tojolt-HI, das in vielleicht einem Kilometer Entfernung vor einem flachen Metallschott endete. Zwei Farben dominierten den Innenraum: Rot und Braun. Joshuas Mundwinkel zogen sich um das Respiratorrohr nach oben, als er die Gruppe von Xenos sah, die ihn erwarteten. Es waren keine Tyrathca.
Der erste Eindruck erinnerte an einen Schwarm menschengroßer Seepferdchen, die vorsichtig in der Luft schwebten. Sie alle zeigten das gleiche nervöse Zucken am ganzen Körper, als warteten sie gespannt auf das Startsignal zu einem Wettrennen. Ihre Farbe war fast schwarz, obwohl Joshua vermutete, daß es am allgegenwärtigen roten Licht liegen mußte. Die Spektralanalyse der optischen Sensoren zeigte, daß ihre Schuppen einen sehr dunklen Graubraunton besaßen, ganz ähnlich dem der Tyrathca. Möglicherweise ließ sich daraus auf eine gemeinsame Abstammung im System von Mastrit-PJ schließen. Der Kopf war spitz und drachenähnlich, mit einem langen Schnabel und zwei tief in den Höhlen liegenden Augen, und er stand beinahe rechtwinklig vom Körper ab, gehalten von einem starken, runzligen Hals, der beträchtliche Flexibilität suggerierte. Der Rest des Körpers war eiförmig und verjüngte sich zur Basis hin, obwohl nirgendwo ein Anzeichen von einem Schwanz zu sehen war. Er war S-förmig gekrümmt (von der Seite betrachtet) und besaß drei Gliederpaare, die in gleichen Abständen über den Rumpf verteilt waren. Sie hatten alle das gleiche grundlegende Profil: eine lange erste Sektion, die einem schulterähnlichen Sockel entsprang und in einem Handgelenk endete. Die neun zweigliedrigen Finger waren beim oberen Gliedmaßenpaar lang und dünn und höchst beweglich, beim mittleren Paar ein wenig kürzer und dicker, während das untere Paar dick und stummelig war, mehr Zehen als Finger. Bei den meisten Xenos schien das untere Paar darüber hinaus verkümmert zu sein, mehr Paddel oder Flossen als Füße, als wären sie von wasserbewohnenden Wesen ausgeliehen.
Es war eine zutreffende Klassifizierung. Jede Oberfläche im Innern der Röhre war übersät von etwas, das aussah wie langblättrige, gummiartige Vegetation, die ausnahmslos dem geometrischen Zentrum der Röhre zustrebte. Selbst die Blätter, die aus den transparenten Flächen sprossen, wuchsen vom Licht weg, etwas, das Joshua noch auf keiner der zahlreichen terrakompatiblen Welten, die er kannte, gesehen hatte, ganz gleich, wie bizarr ihre einheimische Botanik und Biochemie manchmal sein mochte. Allerdings machte der gleichmäßige Bewuchs auf der Innenseite der Röhre die Fortbewegung für die Xenos sehr leicht. Sie schienen beinahe mühelos durch die obersten Spitzen hindurchzugleiten, wobei die untere Hälfte ihrer Körper in die braunen Blätter tauchte. Ihre unteren Gliedmaßen wedelten sanft und kontrollierten die Bewegung, eine irre Kombination aus einem raschen delphinartigen Flossenschlag und einer menschlichen Hand, die sich von Haltegriff zu Haltegriff schwang. Es sah wundervoll graziös aus.
Joshua bewunderte ihre Fortbewegung mit einem Anflug von Neid, während er sich gleichzeitig fragte, wie lange die Evolution benötigen mochte, um ein derartiges Arrangement hervorzubringen, das fast wie eine Symbiose aussah (und zugleich bedeutete, daß die braunen Gummiwedel wahrscheinlich allgegenwärtig waren).
Joshua bezweifelte nicht eine Sekunde lang, daß diese Wesen intelligenter waren als jede Vasallenkaste der Tyrathca, die die Konföderation jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sie trugen elektronische Systeme wie Kleidung. Ihre obere Körperhälfte steckte in Westen, die aus Schnüren und Bandolieren bestanden und an denen die verschiedensten elektronischen Module befestigt waren, zusammen mit Werkzeugen und kleinen Behältern. Außerdem benutzten sie exo-augmentierende Prothesen:
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