Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Armageddon 2 - Das Menü

Armageddon 2 - Das Menü

Titel: Armageddon 2 - Das Menü Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
Hände manipulierten
    schlanke Hebel mit vergoldeten Kugeln an den oberen Enden.
    Die Hebel steuerten den Uhrwerkmechanismus, der das bizar-
    re Vehikel antrieb. Es mochte vielleicht nicht die bequemste
    Transportmöglichkeit sein, denn es schwankte gefährlich,
    während es durch die Gänge stapfte, doch der mumifizierte

    Insasse ging auf eine furchtlose Weise damit um, als wäre er
    sein ganzes Leben lang nichts anderes gewohnt.
    Das Kurrikulum stapfte von einer Galerie zur nächsten und
    blieb nur hier und dort einen kurzen Augenblick stehen, wenn
    der Aufseher Instruktionen erteilte oder das Uhrwerk aufge-
    zogen wurde. Das dumpfe Klickklack der Gummifüße, die
    kamen und gingen wie sie wollten, verstärkte das Gefühl von
    Dringlichkeit in dieser Welt des ewigen Jetzt.
    Im Gefolge des Kurrikulums trottete eine Schar merkwürdig
    gekleideter Gestalten. Sie trugen romantische Uniformen, ver-
    ziert mit Litzen und Lametta, und die eisenbeschlagenen Ab-
    sätze ihrer hohen polierten Stiefel erzeugten bei jedem der un-
    erwarteten Halts des Vehikels Funkenschauer, wenn die Ge-
    stalten einander anrempelten und um das Gleichgewicht
    kämpften. Sie trugen große Mengen von Papierrollen, die mit
    schrillbunten Bändern zusammengehalten wurden. Oder Re-
    chenapparate, die aus Röhren voller heller Flüssigkeiten be-
    standen. Transparente Globen, in denen kleinere Kugeln
    scheinbar schwerelos schwebten. Mechanischen Hokuspokus.
    Diese Gefolgsleute waren so verstaubt wie Theater-Reliquien,
    mit ernsten Gesichtern, und sie waren sich ihrer Bedeutung
    vollauf bewusst. Sie rannten durcheinander und veranstalteten
    Chaos, sobald das Kurrikulum hielt, und keiner von ihnen
    stand jemals still. Der Aufseher schien ihre Anwesenheit die
    meiste Zeit über nicht zu bemerken. Wenn er sich an einen
    wandte, dann niemals mit Namen. Die Natur der Frage an sich
    schien bereits das Individuum zu identifizieren, das die Ant-
    wort besaß, und jedes einzelne Faktotum kannte sich ganz al-
    lein mit einem spezifischen Aspekt des großen Werkes aus.

    »Sind die Blauen über dem Gelben?«, fragte der Aufseher,
    und sein Kurrikulum schwankte heftig herum.
    »In der Tat, Mylord«, antwortete ein dicklicher Bursche in
    einer prächtigen pinkfarbenen Uniform mit hoher Taille und
    grüner Schärpe, während er sich einen Weg nach vorn kämpf-
    te. »Sie sind konstant.«
    »Und die roten Bänder sind oben. Wie weit?«
    Ein kürzerer Bursche mit enormem Backenbart schob sich
    vor. Er starrte in den transparenten Globus, den er an seinen
    Busen gedrückt hielt, und schätzte das Schwingen der kleine-
    ren Kugeln darin ab. »Oberhalb des Meridians, Mylord, aber
    nur einen Grad.«
    »Nur einen?« Der Aufseher hob eine nackte Augenbraue.
    »Das ist nicht gut. Das ist nicht gut.«
    »Wir können es kompensieren, Mylord. Rejustieren.«
    »Dann macht das. Macht es. Und zwar auf der Stelle. Jetzt
    sofort.« Eine gebrechliche Hand schob einen goldenen Hebel
    vor, und das Kurrikulum machte kehrt und schwankte mit
    halsbrecherischer Geschwindigkeit die Galerie hinauf. »Wei-
    ter, weiter!«, kreischte der Aufseher. »Es ist so wenig Zeit und
    so viel zu tun.«

    Rex Mundi hauste inzwischen in einem weniger als grandio-
    sen Quartier. Er war Insasse einer kleinen gemauerten Zelle,
    die, nach den Graffiti an der Wand zu schließen, vorher einen
    gewissen Kilroy und eine Bande von dyslektischen Anarchi-
    sten beherbergt hatte. Rex war barfuss und trug nichts auf
    dem Leib außer der Unterhose und ein paar Handschellen. Da
    Mobiliar nicht vorhanden war, saß er auf dem Fußboden. Eine

    einzige nackte Glühbirne beleuchtete die fensterlose Zelle. Die
    Tür war aus massivem Stahl und auf der Innenseite ohne
    Schlüsselloch. Der Gedanke an eine Flucht erschien Rex äu-
    ßerst verlockend. Die Möglichkeiten, selbige zu bewerkstelli-
    gen, waren bisher jedoch weniger als offensichtlich.
    Rex erschauerte. Er dachte an seine kleine Hütte im Garten
    Eden. Er dachte an Christeen mit den goldenen Gliedmaßen
    und dem weichen roten Mund. Er dachte darüber nach, was
    für ein unglaublicher Schwachkopf er doch war, unzufrieden
    mit seinem Schicksal gewesen zu sein. Er dachte an Essen. Er
    dachte daran, wie Tantchen Norma ihm versichert hatte, dass
    das Sitzen auf kalten Steinen eine Schnellstraße zu Hämorr-
    hoiden war. Er dachte an die Toilette. Er musste unglaublich
    dringend. Er dachte an Folterkammern und Elektroschocks. Er
    dachte an seinen

Weitere Kostenlose Bücher