Armageddon 3 - Das Remake
nichts sehen, Chef. Du hast die Augen
zu.«
»Ah, sicher. Das wird es sein.« Ich begreife ziemlich schnell,
wissen Sie? »Warum habe ich eigentlich meine Augen ge-
schlossen?«
»Damit du nicht siehst, wohin du gehst.«
»Was erklärt, warum ich andauernd irgendwo anstoße,
nehme ich an.«
»Du hast es erfasst, Chef.«
»Barry, entschuldige, wenn ich das frage, aber warum sollte
ich nicht sehen wollen, wohin ich gehe?« Die Frage erscheint
mir nur vernünftig.
Barry gibt ein aufreizendes seufzendes Geräusch von sich,
doch ich reagiere nicht darauf.
»Weil, Chef, wenn du nicht siehst, wo du bist, kann es auch
sonst niemand, weil du doch in der Ich-Perspektive erzählst.
Ziemlich gerissen, wie? Erinnerst du dich noch an deinen Film,
Tote tragen Patent-Slingpumps ?«
»Ja, sicher. Das war der mit der subjektbezogenen Kamera-
perspektive, wo die Zuschauer den gesamten Film durch mei-
ne Augen gesehen haben. Woodbine ist die Kamera. Ein ziemli-
cher Misserfolg an der Kinokasse, ich erinnere mich noch.«
»Die Welt war noch nicht dafür bereit, Chef. Möchtest du
jetzt die Augen weiter geschlossen halten, während ich uns
zum Dach hinauf bringe, oder willst du sie öffnen und genau
wie deine Millionen Fans eine hässliche Überraschung erleben,
wenn du siehst, wo du bist?«
»Ich denke, ich lasse sie lieber zu. Aber die Sache gefällt mir
nicht. Eine ganze Szene in völliger Dunkelheit sieht auf dem
Bildschirm bestimmt nicht sonderlich attraktiv aus. Jeder Tau-
be wird glauben, der Film ist zu Ende, und aus dem Kino ge-
hen, bevor es zum finalen Showdown auf dem Dach kommt.«
»Daran lässt sich nichts ändern, Chef. Du musst dich schließ-
lich an deine Vier-Schauplätze-Klausel halten, und ich habe
nicht genügend Energie, um dich nach oben zu beamen. Und
jetzt mach einen Schritt nach rechts bitte, da ist ein…«
Klang.
»Aua!«
»… Pfeiler im Weg, Chef.«
Der nicht subjektbezogene Leser sah, wie Laz (in der dritten
Person) gegen den Pfeiler rannte und blind durch die Lobby
des Butcher-Building stolperte, während er sich den Schädel
hielt. Der gleiche Leser sah auch die Polonaise aus Repomän-
nern, die ihm folgten, während sie leise vor sich hin kicherten
und sich gegenseitig in die Rippen stießen.
Und als Laz den Aufzug erreichte, beobachtete genau dieser
Leser, wie die Repomänner in Feuerstellung gingen und ge-
räuschvoll ihre Waffen entsicherten.
»Hast du das gehört, Barry?« Ich lege eine Hand an mein Ohr
und bin mir der Gefahr mehr bewusst als ein Mülleimer voll
gebrochener Versprechen.
»Äh, Chef. Könntest du mich vielleicht kurz über deine
Schulter heben und ein wenig herumschwenken?«
»Aber sicher doch.« Ich tue es. »Und? Gibt’s was zu sehen?«
»Nichts, wovon du gerne hören würdest, schätze ich, Chef.«
»Laura, nicht! Nein, tu es nicht!« Jonathan bedeckte sein Ge-
sicht. »Du wirst mich doch nicht erschießen wollen!«
Laura lächelte und spannte den Hahn. »Aber sicher will ich,
Jonathan. Ich will es wirklich.«
»Nein, willst du nicht. Denk an all das, was ich dir geben
kann!«
»Hab ich. Wenn du aus dem Weg bist, kann ich es so oder so
haben.«
»Laura, bitte hör mich an…«
»Nein, Jonathan. Du bist der Feind. Du gehörst tot. Ich werde
alles hier übernehmen. Den Presley-Schatz, den toten Messias,
die Macht. Ich werde es richtig machen.«
»Du weißt ja gar nicht, was du da sagst! Du kannst nicht
aufhalten, was passieren wird! Nur ich kann das. Diesmal
weiß ich, was ich tun…«
»Tut mir Leid.« Laura legte den Finger an den Abzug.
»Du machst einen schrecklichen Fehler…«
Es gab einen lauten Knall und einen dumpfen Schlag. Jona-
than starrte auf das hübsche kleine Loch in seiner Brust. »Du
hast auf mich geschossen!«
»Das stimmt. Ich habe dich erschossen.«
»Aber ich bin nicht tot. «
Lauras neueste Armbanduhr war eine antike Patek Phillippe,
eingerahmt von Smaragden, wirklich sehr exklusiv. Sie stu-
dierte den winzigen diamantbesetzten Sekundenzeiger. »Jede
Wette, dass du nicht bis fünf zählen kannst.«
»Eins… zwei… drei… vier…« Jonathan lachte nervös.
Laura blickte ihn erwartungsvoll an.
»Fünf?«, fragte sie.
»Viereinhalb…«
Jonathan kippte nach vorn auf das Gesicht. Funken stoben
aus seinen Handgelenksimplantaten. Seine kleinen Füße zuck-
ten und strampelten, dann lag er still.
»Sag ich doch.« Laura ging zu ihm hin und drehte ihn mit
dem Fuß herum.
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