Armeen Der Nacht
du nicht! Von wem denn? Für wen? Er kämpft in einem Krieg, dessen Ausgang ihm noch etwas bedeutet - und er kämpft auf seine Weise. Katzenpfote, es ist hier anders als im Oberland. Hier kommt man nicht weiter, wenn man nicht Magie zur ...«
»Seite hat?« beendete Niko den Satz für ihn. Sein Gesicht wirkte rot im Glühen des Pulcis zwischen seinen Lippen. Dann ließ er ihn auf den Boden fallen und trat ihn aus. »Hast wohl eine Freundin, Straton? Crit würde dir den Hintern versohlen. Gibst dich mit Magie ab! So, und jetzt hilf mir entweder, wie unser Eid es erfordert, oder tritt zur Seite. Geh deinen Weg. Ich schulde dir zuviel, als daß ich es zum Streit zwischen uns kommen lassen möchte.« Nikos Hand griff nach seinem Gürtel. Straton erstarrte: Niko war Experte mit Wurfsternen und giftigen Metallblüten und jeder Art von Waffen, die Strat kannte. Man hielt ihn und Niko für ebenbürtige Kämpfer, doch seine Geschicklichkeit schwand mit zunehmendem Alter, während Nikos noch wuchs.
»Ist das, was ich tue, schlimmer als das, was du getan hast, Katzenpfote? Ich erinnere mich da an eine Auseinandersetzung während des Festes, als du die Nisibisihexe vor einer Enlilpriesterin beschützt hast. Oder sollte ich mich da täuschen?«
Niko, der gerade einen Pfeil in seine Armbrust legen wollte, hielt inne. «Das ist nicht fair, As!«
»Es geht nicht um Fairneß, es geht um Frauen! Oder um Avatars in Frauengestalt, oder was immer sie sonst sind. Laß du diese in Frieden — sie ist auf unserer Seite! Sie hat mit uns und für uns gekämpft —, sie hat Sync vor Roxane gerettet.« Plötzlich erwachte Argwohn in Strat, ein Mißtrauen, das stark genug war, die Erinnerung an Jannis gequälten Schatten zu vertreiben. »Roxane hat dich doch nicht etwa dazu gebracht, oder? Hat sie, Katzenpfote?«
Niko hielt den mit Naphta gefüllten Schlauch über die Lumpen um die Pfeilspitze steckte, den Feuerstein in der anderen Hand. »Was macht es schon für einen Unterschied? Was geht hier überhaupt vor? Randal ist verschwunden, und niemand sucht nach ihm! Du schläfst mit einer Totenbeschwörerin, und niemand schert sich darum!«
»Wenn du hierbleibst, werden dir die Augen geöffnet. Aber ich kann dir versprechen, daß es dir genauso wenig gefallen wird, wie es mir gefällt oder wie es Crit gefallen würde. Und Tempus würde uns alle fertigmachen. Aber er ist nicht hier, oder? Also bleiben nur wir zwei. Und ich bin verpflichtet, diese — Lady hier zu beschützen!«
»Du bist ihr mehr verpflichtet als mir? Heili...«
Niko unterbrach sich und starrte mit halboffenem Mund auf etwas hinter Strat, so daß sich der große Kämpfer unwillkürlich umdrehte, um festzustellen, was Niko so verblüffte.
An Ischades Tür, neben der Zauberin im schwarzen Kapuzenumhang, stand Janni — oder vielmehr das, was von ihm geblieben war. Der Exstiefsohn, das Exlebewesen, war rot und gelb, und seine Knochen lagen offen. Etwas glitzerte an ihm wie Glühwürmchen oder phosphoreszierende Maden. Statt Augen hatte er Löcher, sein Haar war zu lang, und der Geruch frisch umgegrabener Erde ging ihm voraus, als er die Stufen hinunterstieg.
Gegen seinen Willen blickte Straton über die Schulter. Niko stützte sich auf den niedrigen Zaun und hatte die Augen zusammengekniffen, als blende ihn grelles Licht. Seine Armbrust deutete auf den Boden.
Strat hörte Ischade murmeln: »So geh denn! Geh zu deinem Gefährten, Janni. Bleib eine Weile. Unterhaltet euch.« Dann rief sie: »Strat, komm herein! Laß sie allein! Laß sie es unter sich ausmachen — ich habe mich getäuscht. Es geht nur die beiden etwas an, nicht uns.«
Und plötzlich, als Niko rasch die Armbrust hochriß und unerwartet auf die Zauberin zielte — ehe Strat sich zwischen sie und Nikos Pfeil werfen oder überhaupt bloß daran denken konnte —, war Ischade neben ihm und blickte Niko mit einem Ausdruck an, wie Strat ihn nie zuvor gesehen hatte: eine Mischung aus tiefster Qual und unendlichem Mitleid und etwas wie die Anerkennung einer gleichartigen Seele.
»Ihr also seid es! Der Besondere! Nikodemus, um den sich sogar der Gott Enlil und die Entelechie der Träume streiten.« Sie nickte, als säße sie in ihrem Wohnzimmer und nippe an ihrem Tee. »Ich verstehe nun, weshalb. Nikodemus, wählt Eure Feinde nicht unüberlegt. Die Hexe, die Euch hierherschickte, hat Randal in ihrer Gewalt — ist das nicht ein größeres Unrecht, eine schlimmere Bosheit, als einer Seele wie Janni, die sich nichts mehr
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