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"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

Titel: "Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Senzel
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einer Flasche Wein vor der Glotze verbringe. Ich es mir schon so oft vorgenommen habe, mal ins Theater und ins Museum zu gehen und mal wieder ein gutes Buch zu lesen – aber dann doch nicht dazu gekommen bin …
     
    Ich werde einen Masterplan erstellen zur Sanierung meines Lebens wie zur Sanierung einer maroden Firma, und ich werde ihn Punkt für Punkt befolgen. Werde mir jeden Schritt vorschreiben und minutiös Zeit und Ort für Sport, Steuererklärung, Bügeln, Theater und E-Mails in den Kalender eintragen. Vier Wochen meines Lebens komplett verplanen. Ich werde meinen inneren Schweinehund einem inneren Drillsergeanten unterordnen. Und wenn ich da nach vier Wochen Schleiferei rausgehe aus dem Camp, – dann werde ich vor Kraft nicht laufen können. Weil ich mich auch mal selbst bezwungen und zu Ende gebracht habe, was ich beschlossen hatte. Prüfung
bestanden. Und danach kann ich einen Ballen Tabak rauchen und ’ne Kiste Cognac auf ex trinken, wenn mir danach ist. Ich glaube es nicht. Vier Wochen sind lang für jemanden, der selten weiter als an übermorgen denkt. Eine Menge Zeit, um eine Menge zu bewegen, wenn du sie sinnvoll füllst. Nicht um dein Leben komplett zu ändern, aber um zumindest mal anzufangen.
    Vier Wochen sind eine Menge Zeit, um eine Menge zu bewegen, wenn du sie sinnvoll füllst. Nicht um dein Leben komplett zu ändern, aber um zumindest mal anzufangen.
    »Unternehmen Arschtritt«
    »Unternehmen Arschtritt« ist in meiner Fantasie eine militärische Großoffensive. Ein Spiel, in dem ich mehrere Rollen besetze. Momentan bin ich der General, der seine Truppen in Stellung bringt – bunte Holzklötzchen auf einer Landkarte. Einfach loszustürmen wäre bei so einer Operation fatal, ich brauche einen guten Angriffs-plan. Ich verschiebe rote, blaue, grüne, gelbe und braune Balken im Kalendersystem meines Laptop. Körper – Geist – Ordnung – Finanzen – Haushalt – jedes Schlachtfeld meines Lebens hat eine andere Farbe. Tage zerfallen in bunte Blöcke. Es gibt kurze 30-Minuten-Kästchen und mehrstündige lange Blöcke. Außerdem habe ich für jede »Arschtritt«-Unterabteilung in derselben Farbe einen Ordner angelegt. Listen von Büchern liegen darin, die ich unbedingt lesen will, und Listen von Freunden, denen ich unbedingt schreiben will. Prospekte von Fitnesscentern, Stadtmagazine, Theaterprogramme, Museumsführer.
Ich habe in den letzten Tagen eine Menge recherchiert und gesammelt. Zwischendurch frage ich mich immer wieder, ob ich sie noch alle habe mit diesem Logistik-Quatsch. Bis dato habe ich mein Leben lang jede Planung gehasst, mich heftigst gegen alle Strukturen aufgelehnt, die ich als einengend empfand. Habe mir in der Rolle des kreativen Chaoten gefallen, der immer alles doch noch auf den letzten Drücker hingekriegt hat. Aber ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich dieses Chaos eine Menge Energie gekostet hat. All die doppelten und dreifachen Wege, weil ich nicht vorher ein bisschen nachgedacht habe. All die aufgeschobenen Probleme. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – ach was! Aber es ist ja nicht mal wirklich aufgeschoben. Es beschäftigt mich die ganze Zeit und raubt mir Hirnschmalz. Auch das ist mir seit Langem klar. Aber so sehr ich mir auch immer wieder vorgenommen habe, das nächste Mal rechtzeitig mit aufwendigen Sendungen anzufangen – so war’s dann am Ende doch wieder die Drei-Tage-und-Nächte-Panik-Aktion. Jetzt will ich mir durch möglichst exakte Planung von vornherein alle Ausreden verbauen. Von wegen Das Fitnessstudio macht leider erst später auf. So was klär ich jetzt. Eine Menge Logistik-Kram für läppische vier Wochen diszipliniertes Leben. Und dass ich mit einem solchen Eifer bei der Sache bin und Kästchen verschiebe, das sollte mich fast schon wieder misstrauisch machen. Ich bin seit jeher ein ganz großer Planer – und ich stolpere meist über Kleinigkeiten. Weil ich in zu großen Dimensionen gedacht habe, um die Details ernst zu nehmen. Selbstüberschätzung. Weil mir jegliche Organisation und Planung ein Gräuel ist. Ich kann das nicht!

    Ich bin halt ein kreativer Chaot! Das war meine Ausrede. Und ich war auch noch stolz darauf, obwohl ich mir eine Menge Ärger eingehandelt habe. Deshalb mache ich diesen Plan. Ja genau – weil es mir schwerfällt. Dieser kleinkarierte, penible Ansatz, diese ganze Kästchenhuberei ist im Grunde schon Teil der Aktion. Ich stecke Lebenszeit in kleine Schublädchen. Ich muss um fünf Uhr aufstehen, um alles

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