Arthur & George
war seine erste Erfahrung mit schreiendem Unrecht. Wenn er mit dem Tolley geschlagen wurde, geschah das selten ohne einen vernünftigen Grund. Als sein Vater fortgebracht wurde, tat das dem Sohn im Herzen weh, doch er konnte nicht behaupten, sein Vater sei ohne Schuld; es war eine Tragödie gewesen, aber kein Unrecht. Aber nun dies – dies! Er könnte die Universität vor Gericht bringen, da waren sich alle einig. Er wollte sie verklagen und sich sein Stipendium zurückholen. Doch Dr. Waller überzeugte ihn davon, dass es nicht ratsam sei, die Institution zu verklagen, auf die man für seine Ausbildung angewiesen sei. Es bleibe nichts anderes übrig, als seinen Stolz zu überwinden und die Enttäuschung mannhaft hinzunehmen. Arthur ließ sich diesen Appell an eine Mannhaftigkeit gefallen, in die er noch nicht hineingewachsen war. Doch die beschwichtigenden Reden, von denen er sich vorgeblich umstimmen ließ, waren nichts als ein Lufthauch an seinem Ohr. Alles in seinem Inneren gärte und brannte und stank wie ein winziger Winkel der Hölle, an die er nicht länger glaubte.
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George
Es ist ungewöhnlich, dass der Vater noch mit George redet, nachdem die Gebete gesprochen sind und das Licht gelöscht ist. Nun soll man über die Bedeutung der Worte nachsinnen und sich in den Schoß von Gottes Schlaf sinken lassen. In Wahrheit denkt George lieber weiter an die Unterrichtsstunden am nächsten Tag. Er glaubt nicht, dass das vor Gott als Sünde gilt.
»George«, sagt sein Vater plötzlich. »Hast du gesehen, ob sich jemand beim Pfarrhaus herumtreibt?«
»Heute, Vater?«
»Nein, nicht heute. Im Allgemeinen. In letzter Zeit.«
»Nein, Vater. Warum sollte sich hier jemand herumtreiben?«
»Deine Mutter und ich haben anonyme Briefe bekommen.«
»Von Herumtreibern?«
»Ja. Nein. Ich möchte, dass du mir alles Verdächtige meldest, George. Wenn jemand etwas unter der Tür durchschiebt. Wenn Leute herumstehen.«
»Von wem kommen diese Briefe, Vater?«
»Es sind anonyme Briefe, George.« Selbst im Dunkeln spürt er, wie sein Vater ungeduldig wird. »Anonym. Aus dem Griechischen über das Spätlateinische. Ohne Namen.«
»Was steht darin, Vater?«
»Gemeine Dinge. Über … alle.«
George weiß, dass er sich Sorgen machten sollte, doch er findet die Geschichte allzu aufregend. Er ist beauftragt, Detektiv zu spielen, und tut das, so oft es geht, ohne dass seine Schularbeiten darunter leiden. Er lugt hinter Baumstämmen hervor; er verbirgt sich in dem Kämmerchen unter der Treppe, um die Eingangstür zu bewachen; er beobachtet das Verhalten der Besucher im Pfarrhaus; er überlegt, wie er sich eine Lupe und vielleicht auch ein Teleskop zulegen könnte. Er entdeckt nichts.
Er weiß auch nicht, wer dann mit Kreide sündhafte Worte über seine Eltern an Mr Harrimans Scheune und Mr Arams Schuppen schreibt. Kaum sind diese Worte fortgewischt, stehen sie auf geheimnisvolle Weise wieder da. George erfährt nicht, was sie bedeuten. Eines Nachmittags schleicht er sich, wie jeder gute Detektiv auf Umwegen, an Mr Harrimans Scheune heran, erspäht aber nur eine Wand mit langsam trocknenden feuchten Flecken.
»Vater«, flüstert George, nachdem das Licht gelöscht wurde. Er nimmt an, um diese Zeit sei es gestattet, über solche Angelegenheiten zu sprechen. »Ich habe eine Idee. Mister Bostock.«
»Was ist mit Mister Bostock?«
»Er hat sehr viel Kreide. Er hatte immer sehr viel Kreide.«
»Das stimmt, George. Aber ich glaube, Mister Bostock können wir mit Sicherheit ausschließen.«
Einige Tage darauf verstaucht sich Georges Mutter das Handgelenk und verbindet es mit Musselin. Sie bittet Elizabeth Foster, an ihrer Stelle die Einkaufsliste für den Fleischer zu schreiben; doch statt das Mädchen damit zu Mr Greensill zu schicken, bringt sie den Zettel Georges Vater. Nach einem Vergleich mit dem Inhalt einer verschlossenen Schublade wird Elizabeth Foster entlassen.
Später muss der Vater vor dem Magistrates’ Court in Cannock eine Erklärung abgeben. George hofft insgeheim, er werde gleichfalls in den Zeugenstand gerufen. Der Vater berichtet, das unglückselige Mädchen habe das Ganze als einen dummen Streich ausgegeben und sei mit einer strengen Verwarnung davongekommen.
Elizabeth Foster wird in der Gegend nicht mehr gesehen, und bald ist ein neues Mädchen da. George meint, er hätte sich beim Detektivspielen geschickter anstellen können. Und er hätte gern gewusst, was da an Mr Harrimans Scheune und Mr Arams
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