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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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an gelangweilt war, und deshalb tut Merlin das, was auch die Götter tun: Er amüsiert sich auf unsere Kosten. Und das bedeutet wohl, Derfel, daß ich Caledfwlch genau in dem Augenblick zurückgeben muß, da ich es selbst am dringendsten brauche.«
    »Und was werdet Ihr tun?«
    »Ich habe keine Ahnung. Nicht die geringste.« Er schien diesen Gedanken belustigend zu finden, denn er lächelte. Dann legte er mir die Hand auf die Schulter. »Geht schlafen, Derfel. Ich brauche Eure Zunge morgen und möchte nicht, daß
    sie vor Müdigkeit wie gelähmt ist.«
    Ich ließ ihn allein und brachte es irgendwie fertig, im Mondschatten eines aufragenden Steins ein bißchen zu schlafen. Bevor ich einschlief, lag ich jedoch da und dachte an jene längst vergangene Nacht, in der Merlin Arthur gezwungen hatte, das Gewicht seines Schwertes zu ertragen, bis sein Arm schmerzte, und ihm die noch schwerere Last des Schicksals auf die Seele geladen hatte. Warum hat Merlin Arthur erwählt, fragte ich mich, denn ich hatte jetzt den Eindruck, daß Arthur und Merlin Gegner waren. Merlin glaubte, das Chaos könne nur besiegt werden, indem man die Macht der Mysterien einsetzte, während Arthur an die Macht des Menschen glaubte. Vielleicht, dachte ich, hat Merlin Arthur dazu erzogen, Menschen zu beherrschen, damit er selbst genug Freiheit hat, die dunklen Mächte zu beherrschen; daneben erkannte ich jedoch, wenn auch nur dunkel, daß der Augenblick kommen konnte, da wir zwischen den beiden zu wählen hatten, und vor diesem Augenblick fürchtete ich mich. Ich betete, er möge niemals kommen. Dann schlief ich, bis die Sonne aufging und den Schatten einer einzelnen Steinsäule außerhalb des Kreises mitten ins Herz der Steine warf, wo wir müden Krieger das Lösegeld für ein Königreich bewachten.
    Wir tranken Wasser und aßen hartes Brot. Dann gürteten wir unsere Schwerter, um anschließend das Gold auf dem taufeuchten Gras neben dem Altarstein auszubreiten. »Was sollte Aelle daran hindern, das Gold zu nehmen und weiter Krieg zu führen?« fragte ich Arthur, während wir auf die Ankunft des Sachsen warteten. Schließlich hatte Aelle schon einmal von uns Gold genommen und sich dadurch nicht abhalten lassen, Durocobrivis zu brandschatzen.
    Arthur zuckte die Achseln. Er trug seine Reserverüstung, ein schweres, römisches Kettenhemd, das von zahllosen Gefechten zerkratzt und zerbeult war. Darüber hatte er einen seiner weißen Mäntel geworfen. »Nichts«, antwortete er, »nur das bißchen Ehrgefühl, das er möglicherweise noch besitzt. Und darum werden wir ihm vielleicht mehr bieten müssen als Gold.«
    »Mehr?« fragte ich, doch Arthur antwortete nicht, denn am morgengeröteten östlichen Horizont waren die Sachsen aufgetaucht.
    Sie kamen in einer langen Reihe, die sich quer über den Horizont zog. Sie schlugen ihre Trommeln, und ihre Speerträger marschierten in Schlachtordnung. Um uns zu zeigen, daß sie uns nicht sofort angreifen würden, hatten sie sich Blätter an die Waffen gesteckt. Aelle führte sie an. Er war der erste der beiden Männer, die ich kennenlernte, die den Titel Bretwalda für sich beanspruchten. Der andere kam später und sollte uns weitaus mehr Probleme bereiten, Aelle aber war problematisch genug. Er war ein hochgewachsener Mann mit flachem, hartem Gesicht und dunklen Augen, die nichts von seinen Gedanken verrieten. Sein Bart war schwarz, seine Wangen waren von Schlachten zernarbt, und an seiner rechten Hand fehlten zwei Finger. Er trug einen schwarzen Tuchmantel, den er mit Leder gegürtet hatte, Lederstiefel, einen Eisenhelm mit Stierhörnern als Zier und einen Umhang aus Bärenfell, den er ablegte, als die Hitze des Tages zu groß
    für ein so auffallendes Kleidungsstück wurde. Sein Banner war ein blutbesudelter Stierschädel, der auf einem Speerschaft steckte.
    Seine Kriegshorde zählte zweihundert Mann, vielleicht ein paar mehr, und über die Hälfte dieser Männer führte an Lederleinen riesige Kriegshunde mit sich. Hinter den Kriegern kam ein Troß von Frauen, Kindern und Sklaven. Insgesamt waren es jetzt mehr als genug Sachsen, um uns zu überwältigen, aber Aelle hatte uns sein Wort gegeben, daß wir in Frieden verweilen könnten - wenigstens bis er über unser Schicksal entschieden hatte -, und seine Männer ließen keinerlei Feindseligkeit erkennen. Die lange Reihe machte außerhalb des Ringgrabens halt, während Aelle, sein Berater, ein Dolmetscher und zwei Zauberer hereinkamen, um Arthur zu begrüßen. Die

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