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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sind im Wissen besser als im Tun, Derfel. Ban war ein sehr weiser, aber kein praktischer Mann. Ich aber muß beides sein.«
    »Um König zu werden?« wagte ich zu fragen, denn das Eingeständnis dieses Zieles würde allem widersprechen, was Arthurs Behauptungen zufolge sein Schicksal war. Arthur nahm mir die Worte jedoch nicht übel. »Um Herrscher zu sein«, berichtigte er mich. Wieder war er stehengeblieben und blickte über die dunklen, in ihre Mäntel gewickelten Gestalten seiner schlafenden Männer zu dem Stein in der Mitte des Kreises, und mir schien, als schimmerte die Steinplatte im Mondlicht, aber vielleicht war das nur meiner überhitzten Phantasie zuzuschreiben. »Merlin befahl mir, mich nackt auszuziehen, und ließ mich die ganze Nacht lang auf diesem Stein dort stehen«, fuhr Arthur fort. »Der Wind trug Regen herbei, und es war kalt. Er murmelte Zaubersprüche und ließ mich das Schwert mit dem ausgestreckten Arm halten
    - unendlich lange. Ich weiß noch, daß mein Arm erst wie Feuer brannte und schließlich gefühllos wurde, aber Merlin duldete noch immer nicht, daß ich Caledfwlch senkte. ›Halte es!‹
    schrie er mich an. ›Halte es!‹ Und ich stand zitternd da, während er die Toten herbeirief, damit sie seine Gabe bezeugten. Und sie kamen, Derfel, Reihe um Reihe von Toten, Krieger mit leeren Augenhöhlen und verrosteten Helmen, die aus der Anderwelt emporstiegen, um zu sehen, wie mir das Schwert übergeben wurde.« Bei dem Gedanken daran schüttelte er den Kopf. »Aber vielleicht habe ich diese wurmzerfressenen Gestalten nur erträumt. Ich war jung, versteht Ihr, und sehr leicht zu beeindrucken, und Merlin weiß
    genau, wie man junge Menschen vor den Göttern erzittern läßt. Sobald er mich mit dieser Heerschar von toten Zeugen erschreckt hatte, erklärte er mir jedoch, wie man Männer führt, wie man Krieger findet, die Führer brauchen, und wie man Schlachten gewinnt. Er hat mir mein Schicksal vorgezeichnet, Derfel.« Abermals verstummte er. Sein langes, schmales Gesicht wirkte im Mondlicht erschreckend grimmig. Dann lächelte er reumütig. »Alles Unsinn.«
    Diese letzten beiden Worte sprach er so leise, daß ich sie fast nicht verstehen konnte. »Unsinn?« fragte ich, ohne meine Mißbilligung verbergen zu können.
    »Ich soll Britannien zu den Göttern zurückführen«, sagte Arthur, und der Ton seiner Stimme ließ darauf schließen, daß
    er diesen Auftrag nicht ernst nahm.
    »Das werdet Ihr, Lord«, versicherte ich.
    Er zuckte die Achseln. »Merlin wollte einen starken Arm, der ein gutes Schwert halten kann«, sagte er. »Aber wer weiß, was die Götter wollen, Derfel? Wenn sie Britannien wollen - warum brauchen sie mich dazu? Oder Merlin? Brauchen die Götter überhaupt Menschen? Oder sind wir wie Hunde, die für Herren bellen, die nicht zuhören wollen?«
    »Wir sind keine Hunde«, wandte ich ein. »Wir sind Geschöpfe der Götter. Sie müssen irgendeine Aufgabe für uns haben.«
    »Müssen sie das? Vielleicht sollen wir sie nur zum Lachen bringen.«
    »Merlin sagt, wir haben den Kontakt zu den Göttern verloren«, behauptete ich störrisch.
    »Genau wie Merlin den Kontakt zu uns verloren hat«, entgegnete Arthur streng. »Ihr habt selbst gesehen, wie er Dumnonia am Abend Eurer Rückkehr aus Ynys Trebes verlassen hat. Merlin ist zu beschäftigt, Derfel. Merlin jagt den Kleinodien von Britannien nach, und alles, was wir in Dumnonia tun, bedeutet ihm nichts. Ich könnte ein großartiges Reich für Mordred schaffen, ich könnte für Gerechtigkeit sorgen, ich könnte Frieden schaffen, ich könnte Christen und Heiden dazu bringen, daß sie gemeinsam im Mondschein tanzen, aber das alles würde Merlin nicht interessieren. Merlin sehnt sich nur nach dem Moment, da alles den Göttern zurückgegeben wird, und wenn dieser Augenblick kommt, wird er Caledfwlch von mir zurückverlangen. Das war seine zweite Bedingung. Ich dürfe das Schwert der Götter behalten, sagte er, müsse es ihm aber zurückgeben, sobald er es selber brauche.«
    Das alles hatte er mit einer Spur Ironie gesagt, die mich beunruhigte. »Glaubt Ihr denn nicht an Merlins Traum?« fragte ich ihn.
    »Ich glaube, daß Merlin der größte Weise von Britannien ist«, gab Arthur aufrichtig zurück, »und daß er mehr weiß, als ich jemals zu wissen hoffen kann. Ich weiß ebenfalls, daß mein Schicksal mit dem seinen verflochten ist, genau wie das Eure, glaube ich, mit Nimues; aber ich glaube auch, daß Merlin vom Augenblick seiner Geburt

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