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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schützte sich vor dem Bösen, indem sie das Kreuz schlug, spie aber, um ganz sicherzugehen, zusätzlich aus.
    Morgan antwortete dem Mönch durch ihre goldene Maske. Sie sprach mit ungewohnter Ehrerbietung, als sie erklärte, Gundleus' Bote habe gelogen. Sie und Nimue, fuhr Morgan fort, hätten in den Kessel geschaut und in seiner Wasserfläche die Wahrheit gespiegelt gesehen. Es habe im Norden weder einen Sieg noch eine Niederlage gegeben, und Morgan warnte, daß der Feind Ynys Wydryn näher sei, als wir alle ahnten, wir sollten uns bereitmachen, den Tor beim ersten Morgenlicht zu verlassen, um im Innern des südlichen Dumnonia Zuflucht zu suchen. Morgan sprach ruhig und betont, und als sie endete, verneigte sie sich vor der Königin. Dann beugte sie sich ungeschickt vor, um den Saum von Norwennas blauem Gewand zu küssen.
    Hastig riß ihr Norwenna den Stoff aus den Händen. Sie hatte sich die schlimme Weissagung schweigend angehört; nun aber begann sie plötzlich zu weinen, und mit den Tränen kam eine Aufwallung von Zorn. »Du bist nichts weiter als eine verkrüppelte Hexe!« schrie sie Morgan entgegen. »Du willst nur, daß dein Bastard von Bruder König wird. Das wird nicht geschehen! Hast du gehört? Es wird niemals geschehen! Mein Sohn ist König!«
    »Herrin…«, versuchte Nimue zu begütigen, wurde aber sofort unterbrochen.
    »Du bist nichts!« wandte sich Norwenna wütend an Nimue.
    »Du bist nichts als ein hysterisches, boshaftes Kind des Teufels. Du hast mein Kind mit einem Fluch belegt! Das weiß
    ich genau! Er wurde nur verkrüppelt geboren, weil du bei seiner Geburt anwesend warst. O Gott! Mein Kind!« Sie schrie und weinte und schlug mit der Faust auf den Tisch, während sie ihren Haß auf Nimue und Morgan hinausschrie. »Geht jetzt! Alle beide! Geht!« In der Halle wurde es still, als Nimue und Morgan in die Nacht hinausgingen.
    Am folgenden Morgen schien es, als hätte Norwenna recht gehabt, denn auf den nördlichen Bergen loderten keine Leuchtfeuer. Es war sogar der schönste Tag jenes wunderschönen Sommers. Das Land wurde schwer, als die Ernte näher rückte, die träge Hitze hüllte die Berge in einen Dunstschleier, und der Himmel war nahezu wolkenlos. Mohn und Kornblumen blühten in dem Dornengestrüpp am Fuß des Tor, und weiße Schmetterlinge segelten auf den warmen Luftströmen, die unsere grün gemusterten Hänge
    heraufzogen. Ohne auf die Schönheit des Tages zu achten, sprach Norwenna mit den zu Besuch weilenden Mönchen ihre Morgengebete. Dann entschied sie, daß sie vom Tor herabsteigen und die Ankunft ihres Gemahls in den Pilgergemächern im Schrein des Heiligen Dornbuschs erwarten wolle. »Ich habe schon zu lange unter den Gottlosen gelebt«, verkündete sie gerade voll Überheblichkeit, als ein Wächter auf der Ostmauer einen Warnruf ausstieß.
    »Reiter!« rief der Mann. »Reiter!«
    Norwenna lief zum Zaun, wo viele Neugierige
    zusammenkamen, um zuzusehen, wie eine Schar bewaffneter Reiter die Landbrücke überquerte, die von der Römerstraße zu den grünen Hügeln von Ynys Wydryn führte. Ligessac, Befehlshaber von Mordreds Leibwache, schien zu wissen, wer da kam, denn er ließ seinen Männern ausrichten, sie sollten die Reiter durch den Erdwall hereinlassen. Die Reiter sprengten durch das Tor im Wall und kamen mit ihrem leuchtendbunten Banner auf uns zu, das den roten Fuchskopf zeigte. Es war Gundleus persönlich, und Norwenna lachte vor Glück, weil ihr Gemahl als Sieger aus dem Krieg zurückkehrte und die Morgendämmerung eines neuen christlichen Königsreichs auf seiner Speerspitze glänzte. »Seht ihr?«
    wandte sie sich an Morgan. »Seht ihr? Euer Kessel hat gelogen. Es gibt doch einen Sieg!«
    Mordred begann bei all der Unruhe zu weinen, und Norwenna befahl schroff, den Kleinen seiner Amme Ralla zu übergeben; dann verlangte sie, daß ihr schönster Umhang geholt und ihr ein Goldreif ins Haar gesetzt werde. So stand sie vor der Tür von Merlins Halle und erwartete ihren König.
    Ligessac öffnete das Landtor des Tor. Druidans
    zusammengewürfelte Wache nahm in einer windschiefen Reihe Aufstellung, während der arme, verrückte Pellinore in seinem Käfig laut heulend nach Neuigkeiten verlangte. Nimue hastete zu Merlins Gemächern hinüber, während ich loslief, um Hywel zu holen, Merlins Verwalter, der den König bestimmt willkommen heißen wollte.
    Die zwanzig silurischen Reiter saßen am Fuß des Tor ab. Da sie aus dem Krieg kamen, trugen sie Lanzen, Schilde und

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