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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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tun, denn Druidan hielt mir mit seiner kleinen Hand ganz fest den Mund zu, damit ich nicht aufschreien konnte. Ich bezweifelte, daß Druidan sich in der Halle versteckt hatte, um Nimue zu retten. Vermutlich war er gekommen, um so viel Gold mitzunehmen, wie nur möglich, bevor er mit den anderen Männern floh, doch die Tatsache, daß er hier war, hatte mir zumindest das Leben gerettet. Nimue allerdings rettete sie vor gar nichts.
    Tanaburs trat den Geisterzaun beiseite und stieß die Tür auf. Gefolgt von seinen Speerträgern, schlüpfte Gundleus hinein. Ich hörte Nimue schreien. Ich weiß nicht, ob sie Tricks benutzte, um Merlins Gemächer zu verteidigen, oder ob sie schon alle Hoffnung hatte fahren lassen. Ich weiß nur, daß
    Stolz und Pflichtbewußtsein sie veranlaßt hatten zu bleiben, um die Geheimnisse ihres Meisters zu schützen, und daß sie für diesen Stolz nunmehr bezahlen mußte. Ich hörte Gundleus lachen. Dann hörte ich kaum etwas bis auf den Lärm, den die Silurier machten, als sie Merlins Kästen, Ballen und Körbe durchwühlten. Nimue wimmerte, Gundleus ließ einen Triumphruf hören, und dann stieß sie auf einmal einen grauenvollen Schmerzensschrei aus. »Das wird dich lehren, auf meinen Schild zu speien, Mädchen«, sagte Gundleus, während Nimue hilflos schluchzte.
    »Inzwischen ist sie von allen vergewaltigt worden«, flüsterte mir Druidan mit boshafter Genugtuung ins Ohr. Immer mehr von Gundleus' Bewaffneten stürmten durch die Halle, um in Merlins Gemächer einzudringen. Mit seinem Speer bohrte Druidan ein Loch in die Wand aus Lehm und Flechtwerk und befahl mir, hindurchzukriechen und ihm den Hügel hinab zu folgen, aber solange Nimue noch lebte, wollte ich nicht von der Stelle weichen. »Bald werden sie auch diese Körbe durchsuchen«, warnte mich der Zwerg, aber noch immer wollte ich nicht auf ihn hören. »Dummkopf«, sagte Druidan, zwängte sich durch das Loch und huschte zu dem dunklen Winkel zwischen einer nahen Hütte und einem Hühnerstall hinüber.
    Ligessac war meine Rettung. Nicht, weil er mich sah, sondern weil er den Siluriern versicherte, in den Körben, hinter denen ich mich versteckte, seien nur Tafeltücher. »Die Schätze sind alle da drinnen«, erklärte er seinen neuen Verbündeten, und ich duckte mich tiefer und wagte mich nicht zu rühren, während seine siegreichen Soldaten Merlins Gemächer plünderten. Die Götter allein wissen, was sie alles fanden: Häute von toten Menschen, alte Knochen, neue Talismane und uralte Donnerkeile, aber nur sehr wenige wirkliche Schätze. Und die Götter allein wissen, was sie Nimue antaten, denn das wollte sie mir niemals sagen, obwohl das gar nicht nötig war. Sie taten, was alle Soldaten den Frauen ihrer besiegten Feinde antun, und als sie mit ihr fertig waren, ließen sie sie blutend und halb wahnsinnig zurück.
    Und überließen sie dem Tod, denn als sie die Schatzkammern durchwühlten und feststellen mußten, daß sie mit verstaubtem Trödel und nur sehr wenig Gold gefüllt waren, holten sie sich eine Fackel aus der Halle und warfen sie zwischen die aufgerissenen Körbe. Dicke Rauchwolken quollen aus der Tür. Eine weitere brennende Fackel wurde zwischen die Körbe geworfen, hinter denen ich mich versteckte. Dann zogen sich Gundleus' Krieger aus der Halle zurück. Einige trugen Gold, ein paar hatten silberne Schmuckstücke gefunden, die meisten aber flohen mit leeren Händen. Als der letzte Mann verschwunden war, bedeckte ich meinen Mund mit einem Zipfel meines Kollers, lief durch den erstickenden Rauch zu Merlins Tür und fand Nimue unmittelbar dahinter. »Komm schnell!« rief ich ihr verzweifelt zu. Die Luft füllte sich immer mehr mit Rauch, während die Flammen lodernd an den Behältern emporschlugen, wo in Panik Katzen schrien und Fledermäuse flatterten.
    Nimue rührte sich nicht. Sie lag auf dem Bauch, die Hände vors Gesicht geschlagen, nackt, und ihre Schenkel waren mit Blut bedeckt. Sie weinte.
    Ich lief zu der Tür, die zu Merlins Turm führte, weil ich dachte, es gebe da vielleicht eine Fluchtmöglichkeit; doch als ich die Tür aufstieß, fand ich keinerlei Öffnung in den Wänden. Außerdem entdeckte ich, daß der Turm, weit entfernt davon, eine Schatzkammer zu sein, so gut wie leer war. Ich fand nur den nackten Erdboden, vier Holzwände und ein offenes Dach. Das Gemach war zum Himmel hin offen. In halber Höhe des offenen Runds, an zwei Balken aufgehängt und über eine kräftige Leiter zu erreichen, entdeckte ich

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