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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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eine hölzerne Plattform, die aber sehr schnell von dem dichten Rauch verhüllt wurde. Der Turm war eine Traumkammer, ein leerer Ort, in dem das Flüstern der Götter an Merlins Ohr dringen konnte. Ich starrte kurz zu der Traumplattform hinauf, dann quoll hinter mir immer mehr Rauch herein und stieg in dem kaminartigen Traumturm empor. Ich eilte zu Nimue zurück, riß
    ihren schwarzen Umhang von der zerwühlten Bettstatt und wickelte sie wie ein krankes Tier in den Wollstoff. Ich packte die Ecken des Umhangs, kämpfte mich mit dem leichten Körper im Bündel in die Halle hinaus und nahm Kurs auf die entfernte Tür. Das Feuer wütete jetzt mit der Gier von Flammen, die sich an trockenem Holz gütlich tun. Meine Augen tränten, und meine Lunge brannte von dem Rauch, der in der Nähe der Haupttür am dichtesten war; also zog ich Nimues leblosen Körper über den Boden zu dem Fluchtloch, das Druidan in die Wand gebohrt hatte. Mein Herz hämmerte vor Angst, als ich hindurchspähte, doch ich konnte keinen Feind entdecken. Mit Fußtritten vergrößerte ich das Loch, bog das Weidengeflecht nach außen und brach ganze Platten des Lehmputzes heraus; dann zwängte ich mich hindurch und zerrte Nimue hinter mir her. Sie stieß hilflose Protestlaute aus, als ich sie durch die primitive Öffnung zog, aber die frische Luft schien sie so weit zu beleben, daß sie schließlich versuchte, sich selbst zu helfen, und so sah ich, als sie die Hände vom Gesicht nahm, warum ihr letzter Schrei so gräßlich geklungen hatte. Gundleus hatte ihr ein Auge ausgerissen. Die Höhle war eine blutgefüllte Grube, die sie sofort wieder mit einer blutverschmierten Hand bedeckte. Da sie, nachdem sie sich durch das Loch gekämpft hatte, völlig nackt war, löste ich ihren Umhang von dem zersplitterten Weidengeflecht und legte ihn ihr um die Schultern. Anschließend packte ich ihre freie Hand und lief mit ihr auf die nächst liegende Hütte zu. Einer von Gundleus' Männern entdeckte uns; dann erkannte auch Gundleus Nimue und rief, die Hexe solle gepackt und lebendig in die Flammen zurückgeworfen werden.
    Jagdgeschrei ertönte, lautes Gebrüll wie der Lärm von Jägern, die einen verletzten Keiler zu Tode jagen. Sie hätten uns sicher gefangen, wenn nicht einige andere Flüchtlinge bereits eine Öffnung in die Palisade auf der Südseite des Tor gerissen hätten. Als ich auf die neue Öffnung zulief, entdeckte ich Hywel, den guten Hywel, der mit seiner Krücke tot in der Lücke lag, den Kopf halb vom Hals getrennt; das Schwert noch in der Hand. Ich griff mir das Schwert und schleifte Nimue mit. Wir erreichten den steilen Südhang und stürzten uns hinab. Auf dem nassen Gras rutschten wir sofort aus und glitten laut schreiend darauf hinab. Nimue war halb blind und fast rasend vor Schmerzen, während ich hysterisch vor Angst war; dennoch hielt ich Hywels Kampfschwert umklammert und schaffte es auch irgendwie, Nimue am Fuß des Tor auf die Beine zu stellen und mit ihr weiterzustolpern, an der heiligen Quelle vorbei, am Obstgarten der Christen vorbei, durch einen Erlenhain und immer weiter hinab bis dahin, wo Hywel, wie ich wußte, neben einer Fischerhütte seinen Moorkahn vertäut hatte. Ich warf Nimue in das kleine Boot aus gebündelten Schilfhalmen, durchschlug die Fangleine mit meinem neuen Schwert und stieß das Boot vom Holzsteg ab, nur um sogleich festzustellen, daß ich keine Stakstange hatte, um das schwerfällige Wasserfahrzeug in das verschlungene Labyrinth von Kanälen und Teichen zu manövrieren, die den Sumpf durchzogen. Statt dessen benutzte ich mein Schwert. Hywels Klinge war zwar eine erbärmliche Stake, aber sie war alles, was ich hatte, bis der erste unserer Verfolger das verschilfte Ufer erreicht hatte und, da er wegen des zähen
    Moorschlamms nicht hinauswaten konnte, seinen Speer nach uns schleuderte.
    Pfeifend sauste der Speer auf uns zu. Sekundenlang vermochte ich mich nicht zu rühren und starrte wie gebannt auf die schwere Waffe mit der glänzenden Speerspitze, die durch die Luft geflogen kam; aber sie verfehlte uns und blieb in dem aus Schilfrohr bestehenden Dollbord des Kahns stecken. Ich packte den federnden Eschenstab und benutzte ihn sogleich als Stake, um das Boot mit starken, schnellen Stößen in die Wasserwege hinauszusteuern. Dort waren wir sicher. Einige von Gundleus' Männern rannten einen hölzernen Uferweg entlang, der parallel zu unserem Kurs verlief, aber ich drehte bald von ihnen ab. Andere sprangen in Coracles und

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