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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sagte es mit heißer, doch zweifelnder Hoffnung, denn was wir jetzt brauchten, war ein Wunder. Wir schienen in einem Mittagsalptraum gefangen zu sein, denn als wir nach zweistündigem Marsch gezwungen waren, den Wald zu verlassen, um einen tiefen, mäandernden Wasserlauf zu durchqueren, der sich durch saftige Weiden voll bunter Blumen wand, entdeckten wir in der Ferne, am östlichen Horizont, weitere Rauchsäulen. Allerdings war nicht zu erkennen, ob diese Feuer von silurischen Marodeuren oder von Sachsen gelegt worden waren, die unsere Schwäche ausnutzten.
    Eine Viertelmeile östlich von uns brach ein Hirsch aus dem Wald. »Runter!« zischte der Jäger, und wir alle sanken am Waldrand ins Gras. Ralla preßte Mordred fest an ihre Brust, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er rächte sich, indem er sie so heftig biß, daß ihr das Blut bis zur Taille tröpfelte, doch weder er noch sie gaben den geringsten Laut von sich, als der Reiter, der den Hirsch aufgescheucht hatte, am Saum des Gehölzes erschien. Der Reiter befand sich ebenfalls östlich von uns, aber weit näher als die Rauchsäulen - so nah, daß
    ich den Fuchskopf auf seinem runden Schild erkennen konnte. Er trug einen langen Speer und ein Horn, in das er stieß, nachdem er lange in unsere Richtung gespäht hatte. Wir alle fürchteten, dieses Signal bedeute, daß der Reiter uns gesehen hatte und daß jeden Moment ein ganzes Rudel silurischer Reiter auftauchen würde; doch als der Mann sein Pferd unter die Bäume zurücklenkte, vermuteten wir, der Hornstoß
    bedeute, er habe keine Spur von uns entdeckt. In der Ferne antwortete ein anderes Horn. Dann herrschte Stille. Wir warteten - lange Minuten. Bienen summten durch die Weiden am Bach. Wir beobachteten den Waldrand, fürchteten, noch mehr Reiter zu sehen, aber kein Feind tauchte dort auf, und nach einer Weile flüsterte unser Führer uns zu, daß wir zum Wasser hinabkriechen, es überqueren und bis zu den Bäumen am anderen Ufer emporrobben sollten.
    Es war ein langer, beschwerlicher Weg, vor allem für Morgan mit ihrem verkrüppelten linken Bein, aber als wir durch den Bach platschten, hatten wir wenigstens Gelegenheit, ein bißchen Wasser zu trinken. Als wir den gegenüberliegenden Wald erreicht hatten, waren unsere Kleider triefend naß, aber wir konnten mit dem erleichterten Gefühl weitermarschieren, die Feinde wahrscheinlich hinter uns gelassen zu haben. Leider jedoch nicht unsere Befürchtungen. »Werden sie uns zu Sklaven machen?« fragte mich Lunete. Wie viele von uns war Lunete ursprünglich für Dumnonias Sklavenmarkt gefangen worden, und nur Merlins Einspruch hatte ihr die Freiheit bewahrt. Jetzt fürchtete sie, daß sie durch den Verlust von Merlins Schutz zu einem schlimmen Schicksal verdammt sei.
    »Das glaube ich nicht«, antwortete ich. »Es sei denn, Gundleus oder die Sachsen nehmen uns gefangen. Dich würden sie zur Sklavin machen, aber mich würden sie vermutlich töten.« Ich fand mich sehr tapfer, als ich das sagte. Als Lunete tröstend ihren Arm unter den meinen schob, fühlte ich mich geschmeichelt. Sie war ein hübsches Mädchen, hatte mich bisher jedoch mit Geringschätzung gestraft und die Gesellschaft der wilden Fischerjungen von Ynys Wydryn vorgezogen. »Ich wünschte, Merlin käme zurück«, seufzte sie.
    »Ich möchte den Tor nicht verlassen.«
    »Da oben ist jetzt nichts mehr übrig«, erwiderte ich. »Wir werden uns einen neuen Platz zum Leben suchen müssen. Oder zurückkehren und, wenn wir können, den Tor
    wiederaufbauen.« Aber nur, dachte ich, wenn Dumnonia überlebt. Vielleicht lag das Königreich ja gerade jetzt, an diesem rauchverseuchten Nachmittag, im Sterben. Ich fragte mich, wie ich so blind sein konnte, nicht vorauszusehen, welche Schrecken Uthers Tod mit sich bringen würde. Ein Königreich braucht einen König, denn ohne König ist es nichts als ein leeres Land, das die Speere von Eroberern herausfordert.
    Mitte des Nachmittags überquerten wir einen breiteren Wasserlauf, der fast schon ein Fluß war und so tief, daß mir das Wasser beim Waten bis an die Brust reichte. Am anderen Ufer angekommen, rieb ich Hywels Schwert trocken, so gut es ging. Es war eine schöne Klinge, geschmiedet von den berühmten Meistern von Gwent und verziert mit
    spiralförmigen, ineinandergreifenden Mustern. Die Stahlklinge war kerzengerade und reichte mir, wenn ich den Arm lang ausstreckte, von der Kehle bis zu den Fingerspitzen. Das Querstück bestand aus dickem Eisen mit schlichten,

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