Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
rotbraunen Mänteln, die sie über die Schultern
    zurückgeschlagen hatten. Ihre langen Bärte waren geflochten, und ihr dunkles Haar wurde von Lederriemen
    zusammengehalten. Beide trugen lange Speere, und der zweite hatte auch noch ein Schwert im Gürtel, das er allerdings noch nicht gezogen hatte. Ich hielt den Atem an. Der vordere Mann hob die Hand, und beide hielten inne, um eine Weile zu lauschen, bevor sie weitergingen. Das Gesicht des uns am nächsten stehenden Mannes trug Narben aus einem alten Kampf, und sein Mund stand offen, so daß ich die Lücken zwischen seinen gelblichen Zähnen sehen konnte. Er wirkte unendlich hart, erfahren und einschüchternd, und ich wurde fast völlig überwältigt von dem schrecklichen Wunsch zu fliehen. Doch dann begann die Narbe in meiner linken Handfläche zu pochen, die Narbe, die mir Nimue beigebracht hatte, und dieses warme Pochen löste einen Anflug von Heldenmut in mir aus.
    »Das war nur ein Hirsch«, sagte der zweite Mann
    geringschätzig. Die beiden näherten sich jetzt mit leisen Schritten, setzten die Füße vorsichtig und prüften die Blätter vor ihnen auf die leiseste Andeutung von Bewegung.
    »Es war ein Baby«, beharrte der erste Mann. Er war seinem Gefährten zwei Schritte voraus und sah in meinen angsterfüllten Augen noch größer und grimmiger aus als der andere. »Die Bastarde sind verschwunden«, sagte der zweite Mann, und als ich sah, wie ihm der Schweiß vom Gesicht tropfte, als ich bemerkte, daß er seinen Eschenspeerschaft immer wieder fester packte, da wußte ich plötzlich, er war nervös. In Gedanken murmelte ich immer wieder Bels Namen vor mich hin, flehte den Gott um Mut an, flehte ihn an, einen Mann aus mir zu machen. Der Feind war jetzt sechs Schritt von uns entfernt und näherte sich immer weiter; rings um uns lag still und warm der grüne Wald, und ich konnte die beiden Männer riechen, konnte ihr Leder und den Geruch ihrer Pferde wahrnehmen, während mir der Schweiß in die Augen rann und ich vor Angst fast zu wimmern begonnen hätte. Dann aber sprang Gwlyddyn aus dem Hinterhalt hervor und brach beim Vorwärtsstürmen in ein mächtiges Kriegsgeschrei aus. Ich folgte ihm, plötzlich von aller Angst befreit, und zum ersten Mal ergriff die rasende, gottgegebene Schlachtenfreude von mir Besitz. Später, viel später erkannte ich, daß Freude und Angst ein und dasselbe sind, daß sich das eine bei Ausbruch des Kampfes in das andere verwandelt, aber an jenem Sommernachmittag kam diese Hochstimmung unvermittelt über mich. Mögen Gott und seine Engel mir verzeihen, aber an jenem Tag entdeckte ich die Freude, die eine Schlacht auslöst, und noch lange danach ersehnte ich sie wie ein Dürstender das Wasser. Nicht weniger laut schreiend als Gwlyddyn, stürzte ich vorwärts, aber die Raserei hatte mich nicht so sehr gepackt, daß ich ihm blindlings folgte. Vielmehr hielt ich mich auf der rechten Seite des schmalen Pfades, so daß ich an ihm vorbeilaufen konnte, während er den ersten Silurier erschlug.
    Der Mann versuchte Gwlyddyns Speer zu parieren, aber der Zimmermann hatte den tief kreisenden Schlag des
    Eschenstabes erwartet, hob die eigene Waffe höher und stieß
    zu. Es ging alles so schnell. Eben noch war der Silurier eine bedrohliche Gestalt in Kriegsrüstung, im nächsten Moment keuchte und zuckte er, während Gwlyddyn ihm die schwere Speerspitze durch den Lederpanzer tief in die Brust rammte. Aber da war ich schon an ihm vorbei und schwang unter gellendem Geschrei Hywels Schwert. In diesem Moment empfand ich keinerlei Angst, vielleicht weil die Seele des toten Hywel aus der Anderwelt zurückgekommen war, um in mich einzudringen, denn plötzlich wußte ich genau, was ich tun mußte, und mein Kriegsgeschrei war ein Triumphgeheul. Der zweite Mann hatte jedoch einen Herzschlag länger Zeit gehabt als sein sterbender Gefährte und sofort die geduckte Haltung eines Speerkämpfers eingenommen, aus der er sich mit tödlicher Wucht vorwärtszuschnellen vermochte. Ich sprang ihn an, und als der Speer in einem grellen, sonnenbeschienenen Bogen aus blitzendem Stahl auf mich zugeschossen kam, wich ich ihm mit einer leichten Drehung aus und parierte mit meiner Klinge - nicht so heftig, daß ich die Kontrolle über das Schwert verlor, sondern gerade genug, um die Waffe des Feindes rechts an mir vorbeizulenken, während ich mein Schwert herumwirbeln ließ. »Es kommt immer nur aufs Handgelenk an, Junge, immer nur aufs Handgelenk«, hörte ich Hywel sagen und

Weitere Kostenlose Bücher