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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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runden Kreuzblumen, während der Griff aus Apfelholz bestand, das mit der Angel vernietet und dann mit langen, schmalen Lederriemen umwickelt worden war, die man mit Öl geglättet hatte. Der Knauf war eine runde, mit Silberdraht umhüllte Kugel, die immer wieder hervorlugte, bis ich den Draht schließlich entfernte und zu einem primitiven Armreifen für Lunete umformte.
    Südlich des Flusses lag wiederum eine große Weide, auf der Ochsen weideten, die herbeigetrabt kamen, um unseren langen Zug zu beäugen. Vielleicht waren es ihre Bewegungen, die die Gefahr auslösten, denn kaum hatten wir den Wald hinter der Weide betreten, da hörte ich lauten Hufschlag hinter uns. Sofort schickte ich eine Warnung nach vorn; dann fuhr ich, Schwert und Speer in den Händen, herum, um den Weg hinter uns im Auge zu behalten.
    An dieser Stelle hingen die Äste tief herab - so tief, daß der Pfad zu Pferd nicht benutzt werden konnte. Wer immer unsere Verfolger waren - sie würden ihre Tiere zurücklassen und uns zu Fuß verfolgen müssen. Wir hatten die ausgetreteneren Wege des Waldes gemieden und nur verborgene
    Trampelpfade benutzt, die sich zwischen den Bäumen hindurchwanden. Sie waren so schmal, daß unsere Verfolger sich, genau wie wir, nur im Gänsemarsch vorwärtsbewegen konnten. Ich fürchtete, es seien silurische Späher, die Gundleus seiner kleinen Streitmacht weit vorausgeschickt hatte. Wer sonst würde sich dafür interessieren, was die Ochsen am Flußufer veranlaßt hatte, sich an diesem trägen Nachmittag neugierig zu erheben?
    Neben mir tauchte Gwlyddyn auf und nahm mir den schweren Speer aus der Hand. Er lauschte auf die fernen Schritte; dann nickte er zufrieden. »Nur zwei«, stellte er gelassen fest. »Sie haben ihre Pferde zurückgelassen und folgen uns zu Fuß. Ich nehme den ersten, du hältst den zweiten auf, bis ich ihn töten kann.« Er klang außergewöhnlich ruhig und half mir dadurch, meine Angst zu bezwingen. »Und vergiß nicht, Derfel«, setzte er hinzu, »die haben genausoviel Angst wie wir.« Er schob mich in den Schatten und kauerte sich auf der anderen Seite des Pfades hinter die hochragenden Wurzeln einer umgestürzten Buche. »Runter mit dir!« zischte er mir zu.
    »Versteck dich!«
    Ich duckte mich, und plötzlich stieg wieder das Entsetzen in mir hoch. Meine Hände schwitzten, mein rechtes Bein zuckte, meine Kehle war trocken, ich wollte mich übergeben, und meine Eingeweide wurden flüssig. Hywel war mir ein guter Lehrmeister gewesen, aber noch nie hatte ich einem Mann gegenübergestanden, der mich töten wollte. Ich hörte, wie die Männer näher kamen, konnte sie aber nicht sehen, und mein vorherrschender Impuls war, kehrtzumachen und hinter den Frauen herzulaufen. Aber ich blieb. Ich hatte keine Wahl. Seit meiner Kindheit hatte ich Erzählungen von Kriegern gehört, und immer wieder hatte man mir eingeprägt, daß ein Mann niemals kehrtmacht und davonläuft. Ein Mann kämpft für seinen Herrn, ein Mann stellt sich dem Feind, und ein Mann ergreift niemals die Flucht. Jetzt lag mein Herr an Rallas Brust, und ich erwartete seine Feinde, aber wie sehr wünschte ich mir, ein Kind zu sein und einfach weglaufen zu können!
    Angenommen, es waren mehr als nur zwei feindliche Speerkämpfer? Und selbst wenn es tatsächlich nur zwei waren, handelte es sich bestimmt um erfahrene Krieger, geübt und abgehärtet und rücksichtslos beim Töten.
    »Ruhig, Junge, ruhig«, mahnte Gwlyddyn leise. Er hatte an Uthers Schlachten teilgenommen. Er hatte gegen die Sachsen gekämpft und den Speer gegen die Männer aus Powys erhoben. Nun, tief in seinem Heimatland, hockte er mit einem halben Grinsen im Gesicht und meinem Langspeer in den kräftigen braunen Händen geduckt im dichten Wurzelgestrüpp.
    »Jetzt nehme ich Rache für mein Kind«, erklärte er mir grimmig, »und die Götter sind auf unserer Seite.«
    Ich kauerte, flankiert von Farnen, hinter den
    Brombeersträuchern. Meine feuchten Kleider hingen schwer und unbequem an mir herab. Ich starrte auf die Bäume, die ganz mit Moos bewachsen waren und ein dichtes Blätterkleid trugen. Als ein Specht in der Nähe zu klopfen begann, zuckte ich entsetzt zusammen. Mein Versteck war besser als Gwlyddyns, aber ich fühlte mich dennoch ungeschützt, vor allem in dem Moment, als unsere beiden Verfolger zwölf Schritt entfernt vor meinem grünen Versteck auftauchten. Es waren zwei wendige junge Speerkämpfer mit
    Lederharnischen, aufgeschnallten Beinschienen und langen,

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