Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Licht schnitt über die Weiden, blendete uns, verwirrte uns, doch dann wanderte das Licht weiter, und ich sah, daß es sich nur um die Reflexion der echten Sonne handelte, zurückgeworfen von einem Schild, der so blank poliert wie ein kostbarer Spiegel war.
Und dieser Schild wurde von einem Mann getragen, wie ich noch nie zuvor einen gesehen hatte: von einem prächtigen Mann, von einem Mann, der hoch auf seinem riesigen Roß
saß und von anderen, ähnlichen Männern begleitet wurde; von einer Horde wundervoller Männer, federgeschmückter Männer, gewappneter Männer, Männer, die den Träumen der Götter entsprungen sein mußten, um auf diese mörderische Wiese zu kommen, und über den Federbüschen auf den Köpfen dieser Männer wehte ein Banner, das ich inniger lieben lernen sollte als jedes andere Banner auf Gottes weiter Erde - das Banner des Bären.
Das Horn erklang zum drittenmal, und plötzlich wußte ich, daß
ich am Leben bleiben würde. Ich weinte vor Freude, und all unsere Speerkämpfer weinten und schrien zugleich, und die Erde erbebte vom Hufschlag der Pferde dieser göttergleichen Männer, die zu unserer Rettung herandonnerten.
Denn nun war - endlich - Arthur gekommen.
ZWEITER TEIL
Die Prinzessin
Igraine ist unglücklich. Sie will, daß ich ihr Geschichten von Arthurs Kinderzeit erzähle. Sie hat von einem Schwert in einem Stein gehört und will, daß ich darüber schreibe. Arthur sei von einem Geist mit einer Königin gezeugt worden, behauptet sie, und in der Nacht seiner Geburt sei der Himmel mit Donner erfüllt gewesen. Vielleicht hat sie ja recht, vielleicht war der Himmel in jener Nacht tatsächlich voll Lärm, doch alle, die ich dazu befragte, hatten die Nacht durchgeschlafen, und was Stein und Schwert betrifft - nun, es gab einen Stein, und es gab ein Schwert, aber die kommen erst viel später in der Geschichte vor. Das Schwert hieß Caledfwlch, was »harter Blitz« bedeutet, aber Igraine nennt es lieber Excalibur, also werde auch ich es so nennen, denn Arthur war es stets gleichgültig, welchen Namen seine Langschwerter trugen. Auch seine Kindheit kümmerte ihn wohl nicht viel, denn ich persönlich habe ihn niemals davon sprechen hören. Als ich ihn einmal nach seinen Kinderjahren fragte, wollte er mir nicht antworten. »Was bedeutet dem Adler das Ei?« fragte er mich statt dessen; dann sagte er, er sei geboren worden, habe gelebt und sei Soldat geworden, mehr brauche ich von ihm nicht zu wissen.
Meiner so überaus hübschen und großzügigen Gönnerin Igraine zuliebe werde ich hier jedoch das wenige niederschreiben, das ich in Erfahrung bringen konnte. Obwohl Uther es in Glevum geleugnet hatte, war Arthur tatsächlich der Sohn des Großkönigs. Allerdings konnte er aus dieser Vaterschaft keinen besonderen Nutzen ziehen, denn Uther zeugte so viele Bastarde wie ein Kater Katzenjunge. Arthurs Mutter hieß Igraine, genau wie meine hochgeschätzte Königin. Sie stammte aus Caer Gei in Gwynedd und soll die Tochter von Cunedda, König von Gwynedd und Großkönig vor Uther gewesen sein, obwohl Igraine selbst keine Prinzessin war, denn ihre Mutter war nicht Cuneddas Gemahlin, sondern mit einem Häuptling von Henis Wyren verheiratet. Über Igraine von Gwynedd, die starb, als er sich an der Schwelle zum Mannesalter befand, sagte Arthur nichts weiter, als daß sie die wundervollste, klügste und schönste Mutter gewesen sei, die sich ein Junge wünschen könne, obwohl Cei, der Igraine gut gekannt hatte, behauptete, ihre Schönheit sei durch ihren boshaften Verstand beeinträchtigt worden. Cei ist der Sohn Ectors ap Ednywain, des Häuptlings von Caer Gei, der Igraine und ihre vier illegitimen Kinder in seinem Haus aufnahm, als Uther sie verstieß. Das geschah im selben Jahr, da Arthur geboren wurde, und Igraine hat ihrem Sohn das niemals verziehen. Arthur sei ein Kind zuviel gewesen, pflegte sie zu sagen, und irgendwie schien sie zu glauben, daß sie, wäre Arthur nicht geboren worden, ewig als Uthers Geliebte regiert hätte.
Arthur war das vierte von Igraines Kindern, das das Säuglingsalter überlebte. Die anderen drei waren Mädchen, und Uther gefiel es offenbar, wenn seine Bastarde Mädchen waren, weil sie später höchstwahrscheinlich weniger Ansprüche an seine Vaterschaft stellen würden. Cei und Arthur wuchsen gemeinsam heran, und Cei sagt - wenn auch niemals in Arthurs Hörweite -, daß sie beide, er und Arthur, furchtbare Angst vor Igraine hatten. Arthur, erzählte er mir, sei ein
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