Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
pflichtbewußter, fleißiger Junge gewesen, der in jeder Unterrichtsstunde, die ihnen erteilt wurde, sei es nun Lesen oder Schwertkampf, der Beste sein wollte. Aber es gelang ihm nie, seine Mutter zufriedenzustellen, obwohl Arthur sie stets angebetet und verteidigt hatte und untröstlich gewesen war, als sie an einem Fieber starb. Damals war Arthur dreizehn, und Ector, sein Ziehvater, wandte sich mit der Bitte an Uther, Igraines vier verarmten Waisen zu helfen. Uther holte sie nach Caer Cadarn - vermutlich glaubte er, die drei Töchter als nützliche Wurfsteine im Spiel der dynastischen Ehen einsetzen zu können. Morgans Vermählung mit einem Prinzen von Kernow blieb dank des Brandes ein kurzes Zwischenspiel, aber Morgause heiratete König Lot von Lothian, und Anna wurde mit König Budic ap Camran im überseeischen Broceliande vermählt. Die beiden letzteren Ehen waren keine wichtigen Verbindungen, denn beide Könige waren zu weit entfernt, um im Kriegsfall rechtzeitig Verstärkungen nach Dumnonia zu schicken, doch beide erfüllten ihren bescheidenen Zweck. Da dem Knaben Arthur diese
Nützlichkeit versagt war, ging er an Uthers Königshof und lernte den Umgang mit Schwert und Speer. Dort lernte er auch Merlin kennen, doch keiner von beiden sprach viel von dem, was in jenen Monaten vorgefallen war, bevor Arthur, der jede Hoffnung fahren ließ, jemals von Uther anerkannt zu werden, seiner Schwester Anna nach Broceliande folgte. Dort, im Hexenkessel Galliens, wuchs er zu einem hervorragenden Soldaten heran, und Anna, die sich der Tatsache, wie wertvoll ein Krieger als Bruder sein konnte, durchaus bewußt war, hielt Uther über seine Taten auf dem laufenden. Deswegen holte Uther Arthur wieder nach Britannien zurück - zu jenem Feldzug, der mit dem Tod seines Sohnes Mordred endete. Der Rest ist Euch bekannt.
Und nun, da ich Igraine alles mitgeteilt habe, was ich über Arthurs Kindheit weiß, wird sie diesen Bericht zweifellos mit den Legenden anreichern, die sich das gemeine Volk jetzt von Arthur erzählt. Igraine entführt mir diese Pergamente eins nach dem anderen, um sie von Dafydd ap Gruffud, dem Schreiber, welcher der sächsischen Zunge mächtig ist, in die britannische Sprache übersetzen zu lassen, doch weder er noch Igraine werden es vermutlich lassen können, meinen Text nach ihren eigenen Vorstellungen auszuschmücken. Manchmal wünschte ich mir den Mut, diese Erzählung in britannischer Sprache niederzuschreiben, doch Bischof Sansum, den Gott von allen Heiligen am höchsten schätzt, betrachtet meine Schriften noch immer mit Argwohn. Zuweilen versucht er, mich an dieser Arbeit zu hindern, oder er befiehlt Satans Teufelchen, sie mir mit Streichen zu erschweren. Eines Tages entdeckte ich, daß all meine Gänsekiele verschwunden waren, ein anderes Mal fand ich Urin im Tintenhorn, aber Igraine ersetzt mir alles, und wenn Sansum nicht lesen und die sächsische Zunge beherrschen lernt, kann er seinen Verdacht, meine Schriften seien in Wirklichkeit gar kein sächsisches Evangelium, nicht untermauern.
Igraine drängt mich, mehr und schneller zu schreiben, und fleht mich an, die Wahrheit über Arthur zu berichten; dann aber beschwert sie sich wiederum, wenn diese Wahrheit nicht den Märchen entspricht, die sie in der Küche des Caer oder in ihren Frauengemächern hört. Sie verlangt Verwandlungen und Ungeheuer, aber ich kann nicht erfinden, was ich nicht erlebt habe. Gewiß, ich habe - Gott vergebe mir - einige Dinge verändert, doch nichts, was wirklich wichtig gewesen wäre. Als Arthur uns in der Schlacht vor Caer Cadarn rettete, war mir schon lange, bevor er wirklich auftauchte, klar, daß er kommen würde, denn Owain und seine Männer hatten die ganze Zeit gewußt, daß sich Arthur und seine Reiter, die alle soeben aus Broceliande eingetroffen waren, in den Wäldern nördlich von Caer Cadarn versteckten, und sie wußten auch, daß Gundleus sich mit seiner Kriegshorde näherte. Gundleus'
Fehler war, auf dem Tor Feuer zu legen, denn die Rauchwolke war ein Warnzeichen für das gesamte südliche Land gewesen. Owains berittene Späher hatten Gundleus' Krieger bereits seit den Mittagsstunden beobachtet. Nachdem er Agricola geholfen hatte, Gorfyddyds Invasion zurückzuschlagen, war Owain sofort nach Süden geeilt, um Arthur zu begrüßen - nicht etwa aus Freundschaft, sondern um dabeizusein, wenn ein rivalisierender Kriegsherr im Königreich auftauchte. Und das war unsere Rettung gewesen. Dennoch hätte die Schlacht
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