Asche zu Asche
Weg, wie er das alleine schaffen konnte. Schon allein, sich dem Willen seines Erschaffers zu widersetzen, war schwierig genug. Aber von Nathan zu erwarten, dass er sich davon losmachte und Max und Bella befreite, das war lächerliches Wunschdenken.
„Ich werde Nathan damit nicht alleinelassen“, wiederholte ich. „Und du wirst mich nicht verlieren.“ Dann bemerkte ich, dass ich mir nie vorgestellt hatte, ihn oder Nathan zu verlieren.
Plötzlich verstand ich nur zu gut, was Cyrus dachte.
Wir schwiegen die meiste Zeit, während wir uns abends vorbereiteten. Nathan holte seine alte Uniform aus dem Schrank, die er noch aus Zeiten, da er für die Bewegung gearbeitet hatte, besaß, und fand noch eine zweite für Cyrus. Ich dachte daran, einen Witz darüber zu machen, weil sie aussahen wie Zwillinge, aber ich konnte mir denken, dassdas nicht sonderlich gut ankommen würde.
Ich zog mir etwas Bequemes an. Ich war ja sowieso unsichtbar, argumentierte ich, als die beiden mir meine Kleidung ausreden wollten, die nicht einheitlich schwarz war. Ich trug einfache Waffen bei mir. Einige Pflöcke und ein paar Flaschen Weihwasser waren die Mittel, die ich hoffte, nicht einsetzen zu müssen. Wenn alles nach Plan lief, würde ich in die Villa eindringen, so lange suchen, bis ich gefunden hatte, was ich brauchte, und ohne eine Auseinandersetzung wieder verschwinden.
Natürlich – wann gingen die Dinge schon mal nach Plan? Die Götter der Körpersäfte schienen es darauf angelegt zu haben, mich, so oft es ging, kämpfen zu sehen.
Nathan hatte sich auf der anderen Seite zahlreiche Waffen zurechtgelegt, die er nun neben sich aufgebaut hatte. Er saß in dem Lehnstuhl und inspizierte seine Armbrust.
„Mehr nimmst du nicht mit?“, fragte ich ihn ironisch und ließ mich auf die Couch fallen.
Er lächelte müde. „Wo ist Cyrus?“
„Er duscht und zieht sich seine schicke neue Uniform an.“
Nathan zog die Augenbrauen hoch.
„Er sagt, wenn er schon noch einmal sterben muss, dann wird er sauber sterben.“ Ich schnupperte wiederholt an meiner Achsel. Ich wollte nicht diejenige sein, die mit Körpergeruch ins Grab ging.
„Hier stirbt keiner“, versicherte Nathan mir schlecht gelaunt, wie immer, wenn er mit etwas anderem beschäftigt war, was seine ganze Aufmerksamkeit verlangte. „Das heute Abend ist wahrscheinlich das Leichteste, was wir jemals unternommen haben, da du ja dieses unerwartete Talent für Okkultismus besitzt.“
„Ich habe dir doch schon gesagt, das liegt an Dahlias Blut.Lass uns nur hoffen, dass sie nichts herausbekommt, solange ich im Haus bin.“ Ich sah mich in der Wohnung um. Alle Möbel waren sichtbar. „Wo ist der Stein?“
„Im Laden. Er liegt auf dem Tisch, der direkt an der Tür steht, also stoß dich nicht, wenn du hineingehst.“ Er legte die Armbrust mit einem schweren Seufzer beiseite. „Ich möchte, dass du heute Nacht sehr vorsichtig bist.“
Typisch, dass er eine harmlose Situation für eine Ansprache nutzen musste, die die entspannte Atmosphäre zerstörte. Ihm zuliebe setzte ich eine ernste Miene auf. „Du weißt doch, dass ich das bin. Wann habe ich mich jemals zuvor unvorsichtig in Gefahr begeben?“
Wieder zog er die Augenbrauen hoch.
„Okay, aber da ging es um Leben und Tod. Und außerdem hast du dein Leben aufs Spiel gesetzt, also kannst du dich nicht wirklich beschweren.“
Spontan stand ich auf, kniete neben ihm nieder und legte meinen Kopf auf sein Knie.
Ich glaube, zuerst war er zu überrascht, aber nach einem Augenblick legte er seine Hand auf mein Haar. „Ich liebe dich, Carrie.“
Wenn er mich mit einem Presslufthammer in die Brust getroffen hätte, hätte das denselben Effekt gehabt. Ich konnte nicht atmen. Es war, als hätte er mir die Luft geraubt.
Ich wollte ihn fragen, was er damit meinte. Liebte er mich so, wie ein Schöpfer seinen Zögling lieben sollte? Oder liebte er mich, wie ein Mann eine Frau liebte, ohne dass zwischen ihnen die ganzen emotionalen Altlasten und eine Vampirgeschichte stand? Und warum jetzt? Warum wartete er damit, mir seine Liebe zu gestehen, bis wir kurz davor waren, ein gefährliches Abenteuer zu unternehmen? Glaubte er, dass einer von uns es nicht überleben würde, um sich später mit Unwohlsein an diese Situation zu erinnern?
Aber ich stellte keine einzige dieser Fragen, die ich doch so gern beantwortet hätte. Schließlich bekam ich zu hören, worauf ich so lange gewartet hatte. Ich nahm es einfach so hin, in diesem Moment auf
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