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Aschenpummel (German Edition)

Aschenpummel (German Edition)

Titel: Aschenpummel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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Fensterheber«, rief ich begeistert aus. Mama würde stolz auf mich sein, so was hatte sie immer gewollt.
    »Vorne, ja«, erwiderte Strohmann. »Die Herrschaften auf den hinteren Plätzen werden leider zu kurbeln haben.«
    »Das macht nichts. Hinten fährt eh nie jemand mit«, sagte ich automatisch.
    Strohmann drehte den Zündschlüssel. Der Motor schnurrte, ich liebte das Auto.
    »So, liebste Teddy, dann werden wir einmal loslegen. Ich werde auf die Höhenstraße auf einen Parkplatz fahren, dort werden wir die Plätze tauschen, und dann können Sie in Ruhe üben. Mit einer Gangschaltung sind Sie zumindest rein optisch ja wohl vertraut. Erster Gang links vor, zweiter Gang links zurück, dritter Mitte vor, vierter Mitte zurück, fünfter rechts vor und den Rückwärtsgang haben wir rechts hinten. Zum Losfahren nehmen wir immer den ersten Gang … ich hebe den linken Fuß, lasse die Kupplung ganz langsam kommen und der rechte Fuß am Gaspedal übernimmt, den linken Fuß habe ich jetzt ganz weg von der Kupplung … raus aus der Parklücke, blinken nicht vergessen und … linker Fuß auf die Kupplung und zweiter Gang, linker Fuß wieder weg von der Kupplung, rechter Fuß gibt vorsichtig Gas, raus aus der Gasse, blinken, vom Gas gehen, rollen lassen, ich kann im zweiten Gang bleiben, solange er rollt … und linker Fuß auf die Kupplung und dritter Gang, rechter Fuß gibt Gas, linker Fuß weg von der Kupplung. Alles klar?«
    Ich starrte ihn an. Liebste Teddy hatte er gesagt.
    Man kann sagen, dass ich die Fahrt zur Höhenstraße bis zu einem gewissen Punkt fast genoss. Es war schön, kutschiert zu werden. Noch dazu in diesem schwarzen, funktionierenden, elektrofenstrigen Auto, in dem die Haare des Zahnarztes im Fahrtwind flatterten. Mir fiel auf, dass seine Haut- und seine Haarfarbe sehr ähnlich waren. Irgendwie war beides dunkelblond. Oder ein sehr helles Nussbraun. Mein Magen knurrte, ich hatte viel zu wenig gegessen und plötzlich das Gefühl, auf der Stelle sterben zu müssen, wenn ich nicht sofort eine Nusstorte bekam. Dabei machte ich mir gar nichts aus Nüssen. Trotzdem wollte ich nichts lieber als ein dickes, cremiges Stück Nusstorte, und je länger ich den Zahnarzt ansah, desto dringender wurde das Bedürfnis.
    »Woran denken Sie, Teddy?«
    »An –«, und in dem Bemühen etwas besonders Geistreiches und Tiefgründiges von mir zu geben, sagte ich: »An einen Sommer wie damals.« Woher hatte ich das denn ? Aus der Werbung? Doch zu meinem Glück schien der Zahnarzt mit der Antwort zufrieden zu sein, er hakte nicht nach und wandte sich dem nächsten Thema zu.
    »Wollten Sie immer schon Schuhverkäuferin sein, Teddy?«
    »Ich weiß nicht … ich glaube nicht.«
    »Sie glauben ?«
    Ich räusperte mich. »Nun ja, ich … ich hab’s nicht so mit Prüfungen, darum musste ich die Schule abbrechen, mit sechzehn … und damals habe ich gleich im Schuh-Bi-Dubi-Du angefangen. Gewollt habe ich wahrscheinlich nicht, aber heute bin ich ganz froh, es ist kein schlechter Job.«
    »Und vermissen Sie Ihren Chef, den Hans?«
    Ich nickte. »Ja, schon. Er war lustig und … und gut.«
    »Stimmt es denn, dass er Sinatra kannte?«
    »Oh ja, sie haben sich eine Nacht lang gekannt.« Und zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage erzählte ich die Story von der Namensgebung des Schuh-Bi-Dubi-Du .
    Der Zahnarzt runzelte die Stirn. »Erstaunliche Geschichte. Und die Andenken hat er im Geschäft aufgehängt?«
    »Mmhm, aber kurz vor seinem Tod hat er sie abgenommen.«
    Der Zahnarzt warf mir einen Blick zu. »Und warum das?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das hat er mir nie verraten. Manchmal war der Hans sehr eigenbrötlerisch, wissen Sie? Er meinte nur, ich solle mir keine Sorgen machen, er würde sie schon wieder aufhängen. Aber dann ist er gestorben.«
    »Verstehe«, sagte der Zahnarzt gedehnt. »Dann hat er sie wahrscheinlich versteckt, oder? Vielleicht«, er schnippte mit den Fingern, »haben die Sachen den Schuhladen ja nie verlassen.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Sie haben Glück«, fuhr der Zahnarzt fort, »dass ich mir nichts aus Sinatra mache.«
    »Wieso hab ich da Glück?«
    Er lachte. »Na, weil ich sonst sicher einen Tunnel von meiner Praxis in Ihr Geschäft graben würde, hahaha.«
    Ich runzelte die Stirn. Das also wollte er von mir, ich sollte ihm Hans’ Schatz ausgraben. Deshalb das ganze Wadenmassieren und Autoschenken, deshalb die »liebste Teddy«. All das hatte rein gar nichts mit meiner neuen Ausstrahlung zu

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