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Aschenpummel (German Edition)

Aschenpummel (German Edition)

Titel: Aschenpummel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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würde ich wieder vernünftig essen, das schwor ich mir.

17
    Der Donnerstag war der erste kühlere Tag seit langem, und ich begann ihn in hellster Aufregung. Was, wenn jetzt der Herbst kam? Was war dann mit dem Freibad am Samstag? Was war mit meinem Date? Mit dem wichtigsten Tag meines Lebens! Mein erster Anruf galt also der Wetterwarte.
    »Grüß Gott, ich hätte da eine Frage: Wie wird denn das Wetter am Samstag?«
    »Wo?«
    »In Wien.«
    »Planen Sie ein Freiluftevent?«
    »Ähm, ja?«
    »Ja? Oder doch nein?«
    »Ähm, ja …«
    »Sehr sicher klingen Sie aber nicht.«
    »Sind Sie die Wetterwarte oder ein Psychologe?«
    » Ich bin nicht die Wetterwarte. Ich bevorzuge die Bezeichnung Mensch.«
    »Arschloch!«, rief ich und knallte mein Handy zu. Danach fürchtete ich mich eine Viertelstunde lang vor der Polizei. Was, wenn die Wetterwarte meine Nummer weiterleitete und ich eine Anzeige wegen Belästigung bekam? Verdammt, ich musste ja auch noch zum Verkehrsmittelbüro und meinen nicht existenten Fahrausweis herzeigen. Aus der Episode mit dem Piraten am Samstagabend. Irgendwie bestand mein Leben derzeit aus lauter nicht existenten Ausweisen. Beim Führerschein konnte ich immerhin noch hoffen, dass man mich auch diesen Sonntag nicht erwischte, aber einen Fahrausweis würde ich nicht herbeizaubern können, da musste ich wohl oder übel die Strafe zahlen. Aber das konnte warten, jetzt gab es Wichtigeres! Denn ich hatte nur mehr zwei Tage Zeit für die Bikinifigur und drei Tage Zeit für Schalten und Kuppeln.
    Ich quetschte mich in die Damen Running Dreiviertel Tights und lief die Stufen hinunter. Ich wusste nicht, ob es an der erträglichen Temperatur lag oder doch an meinem Training, jedenfalls fiel mir das Joggen heute zum ersten Mal, ähm, naja, nicht wirklich leicht, aber zumindest irgendwie ein bisschen halbwegs und so. Immerhin rannte ich fast einen Kilometer, bevor mich das übelste Seitenstechen aller Zeiten heimsuchte.
    An einen geparkten LKW gestützt, hyperventilierte ich um mein Leben. Dabei hatte ich genügend Zeit, mein Gesicht im Seitenspiegel des Fahrzeugs zu betrachten. Wie sehen normale Menschen aus, wenn sie Sport betreiben und verschwitzt sind? Sie sind rot im Gesicht. Und ich? War weiß wie Kalk, wie Joghurt, wie Käse, wie immer.
    Warum konnte ich nicht wie ein ungeschminkter, rotgeschwitzter Promi mit Augenringen bis zum Erdkern aussehen? Abgehetzt und verlebt, aber trotzdem noch begehrenswert schön.
    Ich schleppte mich den letzten halben Kilometer zum Schwimmbad und stellte mir dabei vor, ich sei ein gestresster, abgerackerter Star auf dem Weg zum Workout. Im Hallenbad wartete mein Personal Trainer, der mich wieder trimmen würde, mein Gott, wie sehr ich ihn dafür hasste. Und dann die ganzen Fans und die Paparazzi. Und immer musste ich freundlich bleiben, sonst war ich in der gesamten Yellow Press wieder als Zicke verschrien. Wie sehr das alles nervte!
    Im Schwimmbad angekommen, beschloss ich, heute etwas Neues zu probieren, und zwar einen Kopfsprung. Und das nicht nur vom Beckenrand aus, nein, sondern gleich vom Stockerl.
    Ich platzierte mein Handtuch und die Brille auf einem Plastikstuhl am Beckenrand und vergewisserte mich, dass niemand in der Nähe war. Das Stockerl war einen halben Meter hoch, aus Metall und enorm glitschig. Schon der Aufstieg bereitete Probleme, viel schwieriger konnte die Besteigung eines Achttausenders auch nicht mehr sein. Ach ja, das könnte mein nächstes Projekt werden. Alle zwölf Achttausender besteigen. Oder waren es acht Zwölftausender? Egal. Das würde ich machen! Mit dem Klettern anfangen. Wer klettert, ist frei in Kopf und Seele und hat außerdem sicher eine Bombenfigur. Verdammt, warum hatte ich all diese Sachen nicht schon mit zwanzig begonnen? Dann hätte ich jetzt schon ein paar Zwölftausender geschafft. Was hatte ich überhaupt gemacht in den letzten Jahren?
    »Springen Sie jetzt endlich?«
    Ich fuhr herum. Hinter mir standen zwei Buben im Volksschulalter. Was machten die um die Zeit schon hier?
    »Ihr könnt aber ruhig ›du‹ zu mir sagen«, belehrte ich sie. »So alt bin ich nämlich noch nicht.«
    Die beiden sahen sich an und runzelten die Stirn.
    »Für wie alt haltet ihr mich denn?«, fragte ich.
    »Komm geh’ ma«, flüsterte der Größere. Er packte seinen Freund am Handgelenk, und sie rannten kreischend davon. Jetzt gehörte ich also schon zu den Leuten, die kleinen Kindern Angst machten.
    Ich faltete die Hände wie zum Gebet und beugte den

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