Aschenpummel (German Edition)
war mir sicher, dass er aus reinem Blut bestand. O lieber Gott, wenn du mir aus dieser Situation hilfst, dann werde ich ein besserer Mensch. Ich werde alles tun, nur bitte, bitte, bitte, bitte … mein Blick fiel auf die Familie hinter uns und vor allem auf ihre Badetasche, die sie auf den Boden gestellt hatte. Obenauf lag eine schöne, dunkelblaue Geldbörse … natürlich war es geistige Umnachtung, aber bitte, nur aus Liebe. Aus Liebe und dem unkontrollierbaren Bedürfnis, um nichts in der Welt peinlich zu sein. Bevor ich wusste, was ich tat, hockte ich mich neben die Badetasche und nahm mit der Flinkheit eines Meisterdiebs die Geldbörse an mich.
Ich hielt die Luft an. In meinen Ohren rauschte es. Würde die wütende Menge sich auf mich stürzen? War die Polizei schon unterwegs? Klickten die Handschellen? Bis auf die zweitausend Schilling aus Mamas Wäschelade und das Weihnachtsbaumgeld hatte ich noch nie etwas gestohlen.
Das Diebesgut brannte wie Feuer in meiner Hand, als ich mich der Kasse näherte.
»Frau Kis, es ist mir eine Freude, Sie einladen zu dürfen.«
Schmallippig lächelte ich den Piraten an. Hätte er mir das nicht eine halbe Minute früher sagen können?
Mein Versuch, die Geldbörse unbemerkt in die Familientasche zurückzubefördern, misslang gründlich. Der Jüngste zeigte auf mich und rief: »Die hat was zu unseren Sachen geschmissen.«
Ich beugte mich zu ihm und versuchte, möglichst kinderlieb dreinzuschauen. »Das war ein Zaubertrick, Kleiner«, flüsterte ich.
Auf der Stelle baute sich das bärtige Oberhaupt vor mir auf. »Lassen Sie unseren Sohn in Ruhe!«
»Ich –«
»Frau Kis, ist alles in Ordnung?«
»Die hat meinen Sohn angequatscht!«
Am liebsten hätte ich diesem Dämlack von fürsorglichem Familienvater eins übergezogen. Ich hatte ihm doch nur das Diebesgut zurückgegeben!
»Komm, Cheyenne«, sagte ich, nahm das Mädchen bei der Hand und war heilfroh, kindliche Unterstützung an meiner Seite zu haben.
Kaum waren Cheyenne und ich in der Damenumkleide angekommen, raunte ich ihr verschwörerisch zu: »Sag mal, warum trägt dein Onkel eigentlich die …« Wenn du ihn wirklich liebst, dann lass ihn das mit der Augenklappe selbst erklären, mahnte Giselas Stimme in meinem Ohr. Cheyenne sah mich erwartungsvoll an. Ich seufzte: »Die weiße Hose?«
Cheyenne zuckte die Schultern. Dann zog sie sich ganz alleine um und legte ihr Kleid, ihre Unterhose und ihre Socken so sorgfältig zusammen, dass meine pedantische Mutter ihre Freude daran gehabt hätte. Ich schmiss mein Zeug irgendwie hinterher und tänzelte möglichst unauffällig in die Nähe des Ganzkörperspiegels.
Das sah nicht gut aus. Hatte ich wirklich so viel Cellulite? Hatte Gisela nicht gesagt, das würde nur an dem grellen Licht in der Boutique liegen? Himmel, beide Schenkeln zusammengenommen, mussten das an die dreißig Dellen sein. Was heißt Dellen, Löcher!
Okay, du darfst ihn einfach nie hinter dich lassen, konzentrier dich auf die Front. Schultern nach hinten, Bauch rein, Brust raus, oha, was war das? Ich kniff die Augen zusammen und beugte mich nach vorne. Mein Kopf knallte gegen den Spiegel.
»Was machst du denn da, Teddy?«, fragte Cheyenne.
»Ähm nichts, Cheyenne. Sei so lieb, ich muss nur ganz kurz in eine Kabine. Bitte setz dich so lange dahin, ja? Nicht weggehen.«
»Okay.«
Ich rannte in die nächste Kabine. Hier war es natürlich finster, Shit. Aufgeregt fuhr ich an meinem linken Oberschenkel entlang. Ja, da waren sie. Scheiße! Was war ich nur für eine Frau? Welche Frau auf dieser Welt ließ zwei volle Quadratzentimeter Schamhaar auf ihrem Oberschenkel stehen? Welche andere Frau hatte überhaupt Schamhaare auf dem Oberschenkel? Ich zerrte an der Badehose und zog sie so weit es ging nach links. Blödsinn. Ich versuchte mir die Haare auszurupfen, was zur Folge hatte, dass die Tränen in meine Augen traten und mir das knallige Rot meiner Haut sogar hier in der dunklen Kabine entgegenleuchtete. Ich hätte mich umbringen können.
»Teddy?«
»Ich komm schon!« Gab es nicht irgendwo einen Rasierer, den ich klauen konnte? Verdammt. Aber es half nichts, ich durfte ihn eben nicht direkt vor mich lassen. Und nicht hinter mich. Am besten, ich hielt mich die ganze Zeit über im Wasser auf. Und der Tampon? Ich lüpfte die Bikinihose. Kein blaues Band weit und breit zu sehen, kein Wunder, ich hatte den Tampon samt Band bis in meine Gebärmutter gestopft. Mindestens.
Ich wickelte mein Handtuch um die
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