Aschenpummel (German Edition)
»Wahrscheinlich hätte ich aber nicht mal die haben können, die mich nicht interessiert haben!«
»Das ist der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Teddy«, Gisela beugte sich zu mir, »jetzt will ich dir mal was über Männer verraten. Wenn eine Frau es geschickt anstellt, dann bekommt sie jeden – und damit meine ich wirklich jeden – Heteromann ins Bett. Ausnahmen gibt’s nicht. Auch nicht George Clooney.«
Ich grinste. George Clooney, das wäre was.
Indessen fuhr Gisela fort: »Und das nicht unbedingt, weil Männer notgeiler sind als Frauen. Aber einen Mann kannst du grundsätzlich immer bei seiner Eitelkeit packen. Du musst nur herausfinden, ob es ihm mehr schmeichelt, erobert zu werden oder selbst zu erobern. Also, Teddy, Folgendes: Wenn du noch Jungfrau bist, dann ist das erstens mal dein gutes Recht und zweitens«, sie machte eine kurze Pause, »bist du selbst dafür verantwortlich.«
Ertappt blickte ich hoch.
Gisela lächelte. »Und nur, dass ich das noch mal klarstelle: Ich finde es absolut prima, dass du nicht mit jedem Dahergelaufenen in die Kiste steigst. Ich finde es prima, wenn du für dich entschieden hast, dass du noch warten willst. Aber wenn du eigentlich nicht warten willst, dann liegt es allein in deiner Hand.«
Atemlos stieß ich hervor: »Wie krieg ich Sigi ins Bett? Soll ich ihn auch bei seiner Eitelkeit packen? Welcher Typ ist er?«
Gisela setzte ihre Tasse ab. »Sigi ist kein Eroberer. Er muss erobert werden. Doch du bist schon auf dem besten Weg dazu. Sei einfach weiter nett zu ihm. Sei du selbst, er mag dich ja. Du musst nur mehr Selbstvertrauen haben.«
Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich weiß.«
Gisela nickte mir aufmunternd zu, dann sagte sie: »Und verrätst du mir jetzt noch, warum du dich dann doch nicht aus dem Fenster geschmissen hast?«
»Weil ich leben will«, antwortete ich. »Und weil ich nicht versäumen möchte, was an Schönem vielleicht noch kommen wird.«
Gisela nickte zufrieden und trank ihren Tee aus. »Das sind zwei hervorragende Gründe, Teddy. Vergiss sie nie.«
Ich spürte das Leben in mir. Langsam schien ich alles auf die Reihe zu bekommen. Morgen würde mein Date sein, Mama gab sich zurzeit handzahm, Tissi hatte auch kein leichteres Leben als ich und Vanessa mochte mich ganz ehrlich.
Nur eine Sache lag mir im Magen. Ich musste dem Zahnarzt bei der heutigen Fahrstunde unbedingt Grenzen setzen. Musste ihm sagen, dass es einen anderen Mann in meinem Leben gab. Dass es für ihn und mich keine gemeinsame Zukunft geben konnte.
Ich musste also das allererste Mal in meinem Leben einem Mann das Herz brechen.
Das stellte ich mir so vor:
Ich steige zum Zahnarzt ins Auto. Noch ehe ich mich wehren kann, küsst er mich mit einer Leidenschaft, die loderndstes Feuer entfacht, dessen Glut uns beide zu verbrennen droht. Ich laufe Gefahr, unter seinen Küssen zu ersticken, ihm selbst droht das Herz aus der Brust zu springen. »O Hubertus«, stöhne ich, »Hubertus, wie gern würde ich mich dir hingeben, für immer dein sein, doch –«, ich stocke. Wie soll ich es ihm nur sagen, wo ich doch weiß, wie sehr es ihn schmerzen wird? »Was?«, stößt er hervor. »Liebst du mich denn nicht?« Ich streichle sanft seine Wange und hauche behutsam: »Du wirst eine andere finden, eine, die besser zu dir passt.« – »Es gibt keine andere!« Ich drücke ihm einen letzten Kuss auf die Lippen und sage: »Es tut mir leid, Hubertus, doch ich liebe einen anderen Mann.« Er fasst sich an die Brust, unsere Tränen laufen im selben Rhythmus die Wangen hinunter, er sagt: »Dann gebe ich dich also frei, du Liebe meines Lebens.« Dann steigt er aus. Ich rutsche rüber auf den Fahrersitz und fahre mein neues Auto nach Hause.
Scheiße! Ich hatte ja ganz vergessen, dass ich den Peugeot auf mich anmelden musste. Himmelschimmel, wie sollte ich denn am Sonntag auf den Kahlenberg fahren, wo doch noch die Nummernschilder vom Zahnarzt draufgeschraubt waren?
Das musste ich irgendwie mit ihm regeln. Also ihm vielleicht nicht gleich von vornherein das Herz brechen, sondern ihn erst bitten, dass er mir das Auto diesen Sonntag ausnahmsweise so überließ.
O Mann, mir blieb auch nichts erspart.
Trotzdem war ich gespannt auf den Abend. Wie es wohl sein würde, mal keinen Korb zu erhalten, sondern einen zu geben?
Um Punkt sieben kletterte ich auf den Beifahrersitz. Der Zahnarzt sah mich nicht an, sondern starrte nur geradeaus durch die Windschutzscheibe. Das kam mir komisch
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