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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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schwarz-weiß gefliesten Fußboden.
    »So eine Sauerei«, regt sich Großmutter auf, aber darauf reagieren wir erst gar nicht.
    Im Haus herrscht ein flackerndes Dämmerlicht, das die alten Blumenmuster auf der Tapete verschwimmen lässt. Eigentlich sind es ganz schöne Tapeten, beinahewie aus Stoff, aber die abgebildeten Ranken verblassen immer mehr zu einem hässlichen Mintgrün, und die Blüten welken schlammlila dahin. An mancher Stelle kommen sogar Stockflecken durch. Das ist die Nähe zum Moor, die Luftfeuchtigkeit bekommt dem Papier nicht.
    Da hilft es auch nicht, dass Mutsch sich schüttelt wie ein Hund und Regentropfen an die Wand spritzt, während sie ihren Trenchcoat auszieht, den sie schwungvoll über einen Messingarm an der Garderobe wirft. Ungehalten schnalzt Großmutter mit der Zunge.
    »Ich muss noch Edgar und Tennessee aus dem Wagen holen«, fällt mir da ein, und ich lasse den Rucksack unter die geschwungene Holztreppe fallen, die ins Obergeschoss führt, bevor ich in den kalten Regen zurückrenne.
    Im Eiltempo öffne ich den Wagen und zerre den Käfig von der durchgesessenen Rückbank. Von Edgar und Tennessee ist jedoch noch immer nichts zu sehen. Wahrscheinlich verstecken sie sich in ihrem Holzhäuschen vor dem Gewitter draußen und dem, das mit Sicherheit bald im Haus folgen wird.
    So schnell ich kann, schleppe ich den Käfig zu der geöffneten Haustür, wo Großmutter sich anscheinend nicht entscheiden kann, wen sie zuerst finster anstarren soll: Mutsch, die noch immer die Sonnenbrille auf der Nase hat, oder mich, weil ich ihr Ratten ins Haus bringe.
    »Das hat uns gerade noch gefehlt«, murmelt sie, aber so, dass es alle hören können.
    Seit ich denken kann, verbringen wir die Sommerferien in Mahnburg bei Großmutter, obwohl sich Mutsch jedes Mal mit ihr streitet. Meistens über meine Erziehung, denn in Großmutters Augen bin ich zu ungestüm. Zu seltsam. Eben eigenartig für ein Mädchen in meinem Alter. Weil ich Ratten als Haustiere habe, Kleider nur unter Androhung von Taschengeldentzug anziehen würde und in meinem Portemonnaie ein Bild von Melli Beese steckt, der ersten Frau, die in Deutschland eine Pilotenlizenz erhalten hat. Großmutter nennt mich öfter Rabauke als bei meinem Namen.
    Hinter ihrem Rücken grinst Mutsch gerade zufrieden und schiebt endlich die Brille nach oben ins Haar. »Wollen wir?«, fragt sie übertrieben fröhlich, während sie sich schon umdreht und in die Küche davonstakst, sodass Großmutter und mir nichts anderes übrig bleibt, als ihr zu folgen. Großmutter ist so beschäftigt damit, mit ihrem Blick ein Loch in Mutschs Rücken zu brennen, sie merkt nicht einmal, dass ich noch meine Stiefel anhabe, die nasse Spuren auf dem Fußboden hinterlassen.
    In der Küche stelle ich den Käfig auf dem blitzblank geputzten Küchentisch ab, und zum ersten Mal höre ich ein klägliches Fiepen, wahrscheinlich von Edgar. Er ist der ängstlichere von beiden, obwohl er fast doppelt so breit ist wie Tennessee.
    Mit einem Seufzer lässt sich Mutsch auf einen der alten, knarzenden Stühle fallen, die vermutlich schon den Ersten Weltkrieg erlebt haben. Genauso wie der unsäglicheBüfettschrank mit den Spitzenvorhängen an den Glastüren und die Küchenwaage, deren verschiebbare Gewichte bereits Rost ansetzen. Es riecht schwach nach Sellerie und Kaffee, der fertig gebrüht in einem Kessel auf dem Büfett steht.
    Auch im Innern des Hauses fühlt sich die Luft feucht und schwer an, als hätte das Moor seinen Atem zwischen die Wände gehaucht.
    Ohne zu fragen, gießt Großmutter zwei Tassen Kaffee ein. Eine davon stellt sie vor Mutsch auf den Tisch, während ich unruhig von einem Fuß auf den anderen trete, denn ich frage mich, wo Elsa bleibt. Sonst ist sie immer die Erste, die uns begrüßt, aber heute hat sie wohl das Klingeln überhört.
    »Ich habe euch das Gästehäuschen eingerichtet«, sagt Großmutter nach einem Moment, woraufhin Mutsch grummelig fragt: »Warum denn das? Sonst sind wir doch auch immer in meinem alten Zimmer untergebracht.«
    Und da geschieht plötzlich etwas, das ich noch nie zuvor gesehen habe: Großmutter sieht zur Seite und wirkt nervös.
    Das fällt auch Mutsch auf. Sie stellt ihre Tasse so energisch ab, dass der Kaffee auf den Unterteller schwappt. »Ist etwas passiert?«
    »Wir haben einfach gedacht, es ist besser, wenn Elsa ein bisschen Ruhe hat …«
    »Elsa?«
    »Nun … Vor ein paar Wochen … Wir wollten euch nicht beunruhigen, es ist ja auch nichts

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