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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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sagen will, dass es mir egal ist, ob sie noch tanzen kann oder nicht. Für mich wird sie immer eine Fee bleiben – schön und besonders –, aber da fällt mein Blick auf ihren Computer, der angestaubt auf dem Schreibtisch steht, und ich schließe den Mund.
    Es ist ein klobiges, altes Ding, das noch mit Modem läuft, damit Elsa nicht zu viel auf YouTube schaut und stattdessen ordentlich Hausaufgaben macht. Auf dembreiten Monitor liegt ein altes, geflecktes Schneckengehäuse, von dem ich weiß, dass sie darin einen zusammengefalteten Zettel mit ihren Passwörtern versteckt hat, weil sie sich die nie merken kann. Bei diesem Anblick überfällt mich eine unbedeutende Erinnerung, die in meinem Gedächtnis plötzlich wie ein riesiges Reklameschild aufleuchtet.
    Elsas Mailadresse.
    Sie lautet: Cinderella@the_castle.de .
    Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen …
    Aschenputtel.
    Was hat das zu bedeuten?
    Doch bevor ich Elsa danach fragen kann, klingelt auf einmal ihr Handy. Irritiert sehe ich zu, wie sie erst auf das Display starrt und den Anruf dann mit einem grimmigen Stirnrunzeln annimmt. In der Stille des Zimmers ist die Stimme am anderen Ende so laut, dass selbst ich verstehe, was gesprochen wird.
    Die Stimme klingt blechern, verzerrt, beinahe unmenschlich. »… nie wieder … das war’s, jetzt kannst du das Ballett vergessen …« Weiter kommt der Anrufer nicht, denn Elsa drückt ihn weg und wirft das Handy einfach aufs Bett.
    Geschockt starre ich sie an. »Was war das?«
    »Ach, irgend so ein Idiot, der sich wichtigmachen will, mach dir keinen Kopf deswegen.«
    »Ist das zum ersten Mal passiert?«
    »Nein, aber es hat wirklich nichts zu bedeuten. Ich mag jetzt nicht darüber reden. Komm, lass uns einen Film aussuchen.« Sie langt nach dem unsortierten Stapel DVDs, der neben dem Bett liegt, und liest mir die Titel vor.
    Mit einem stechenden Gefühl im Magen setze ich mich neben sie.
    Was geht hier nur vor?

A m nächsten Morgen hocken Mutsch und ich mit bleichen Gesichtern und Augenringen am Frühstückstisch und rühren missmutig in den Marmeladengläsern. Wir haben beide schlecht geschlafen und sitzen uns in den uralten, ausgeleierten Bademänteln in Eigelb und Dreckgrau gegenüber, und Mutsch starrt in ihren Kaffeebecher, als könne sie aus dem Satz die Zukunft lesen. Nicht einmal ein Radio haben wir im Gästehäuschen gefunden. Es ist still in der großen Wohnküche, wenn nicht eine von uns beiden ab und zu mal mit dem Besteck klappert.
    Müde wandert mein Blick durch den Raum. In der großen Wohnküche steht ein altes, durchgesessenes Sofa, über dem eine nach Hunden riechende Decke liegt. Obwohl hier nie jemand einen Hund besessen hat. Trotzdem beharrt Mutsch darauf, dass ich mich da nichtdraufsetzen soll, weil ich sonst Flöhe kriegen würde. Früher haben in diesem Haus die Dienstboten gelebt, was Mutsch zu der Bemerkung verleitet: »Passt ja«, als Großmutter ihr den Schlüssel in die Hand drückt. Aber ich glaube, sie ist auch ganz froh, ein bisschen Abstand zwischen sich und Tante Luise zu bringen, nachdem sie sich bei unserer Ankunft so gestritten haben.
    Neben der Küche befindet sich das Bad. Das ist auch das Zimmer, das ich im Haus am liebsten mag, weil es aussieht wie ein Raum auf Kapitän Nemos Schiff. Im Licht des winzigen Kristallleuchters an der Decke reflektieren die grünen Fliesen die Farben wie Rosenkäferflügel die Sonne. Die Handtuchhalter sehen aus wie Porzellannymphen, an deren ausgestreckten Händen die Handtücher aufgehängt werden. Über die Jahre hat ihre türkisfarbene Glasur zwar Risse bekommen, aber sie sehen immer noch wunderschön aus. Es ist ein Unterwasserzimmer, in das die Außenwelt nicht eindringen kann.
    Das obere Geschoss besteht hingegen nur aus einem einzigen Raum, der zum Schlafzimmer ausgebaut wurde. Mutsch und ich müssen ihn uns teilen, wobei wir beide lieber nicht so genau in die Ecken schauen, ob sich dort irgendwelche Spinnen eingenistet haben. Was man nicht weiß … Die Luft riecht muffig, wahrscheinlich ist schon eine ganze Weile nicht mehr richtig gelüftet worden.
    Eigentlich mag ich das Gästehäuschen sogar lieber, es ist zwar ein bisschen gammlig mit dem Brandfleck imFlur, wo jemand vor Ewigkeiten glühende Kohlen vor dem Ofen fallen gelassen hat, und den unzähligen Schmutzspuren an den weiß getünchten Wänden; aber auch irgendwie nicht so protzig wie das Herrenhaus.
    Vor dem späten Nachmittag brauchen wir gar nicht erst

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