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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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von Menschenhändlern auf die Insel verschleppt, denn auf den Plantagen überleben die meisten von ihnen nur drei bis vier Jahre. Sie sterben an Hunger, Erschöpfung und Folter.
    Herrscher der Insel sind die sogenannten Grands Blancs, weiße Plantagenbesitzer, die mit unmenschlicher Härte das Schicksal ihrer »Neger« lenken.
    Doch nicht alle französischen Eigentümer leben auch in der Kolonie. Häufig stellen sie lediglich einen Verwalter ein,der in ihrem Namen die Plantage verwaltet. Über die tatsächlichen grausamen Zustände in Saint-Domingue machen sie sich kaum Gedanken, denn unter den vermögenden Franzosen gilt »die Perle der Antillen« als ein Ort, an dem man zwar noch reicher werden, aber nicht leben kann.
    Diesen Grands Blancs stehen die Petits Blancs gegenüber, Weiße, die sich unter anderem als Handwerker, Händler und Beamte auf der Insel verdingen, allerdings auch als Abenteurer und Verbrecher. Obwohl sie über sämtliche politischen Rechte freier Bürger der Kolonie verfügen, fehlt den Petits Blancs in den meisten Fällen das nötige Vermögen, um sich mit den Plantagenbesitzern auf eine gesellschaftliche Stufe zu stellen, was zu Neid und Missgunst führt.
    Ganz anders verhält es sich dagegen mit den freien Mulatten, häufig Kinder von farbigen Sklavinnen und ihren Herren. Einige von ihnen sind sogar selbst Plantagenbesitzer. Sie verfügen oft über ein gutes Einkommen, es fehlt ihnen jedoch an politischen Rechten und Entscheidungsgewalt. Damit nehmen sie eine Sonderstellung innerhalb der Gesellschaft ein.
    Ganz unten im sozialen Gefüge steht die halbe Million Sklaven, die für ihre Herren nicht viel mehr als Arbeitstiere sind und auch dementsprechend behandelt werden. Immer wieder kommt es zu Aufständen gegen diese Unterdrückung und das Elend, das die Insel beherrscht, aber diese werden blutig niedergeschlagen.
    Noch können die Grands Blancs ihre Herrschaft über die Insel verteidigen, doch die Spannungen zwischen den Bevölkerungsschichtenwachsen. Besonders zwischen den freien Mulatten und den Petits Blancs, die sich durch die Mulatten in ihrer Stellung bedroht fühlen. Außerdem flüchten immer mehr Sklaven von den Plantagen in die Berge. Wer auf einer solchen Flucht gefasst wird, überlebt seine Gefangennahme meist nicht.
    Aber die Zeiten ändern sich.
    In Frankreich werden die Stimmen nach einer Revolution lauter, die bis in die Kolonien zu hören sind, und im Frühjahr 1789 gleicht Saint-Domingue einem Pulverfass, das jeden Moment zu explodieren droht …

P rolog
    Die Trommeln raubten Éloise den Verstand. Das dumpfe Schlagen drang ihr bis ins Innere und übertrug sich auf ihre Eingeweide, als bestünde die Oberfläche ihres Herzens selbst aus Trommelhaut. Flimmernde Luft, schwarze Leiber und der schwere Duft von Orchideen bildeten einen Kokon, der sie einhüllte und aus dem es kein Entrinnen gab.
    Tam-tam-tam.
    Sie sah nichts mehr außer den wirbelnden Röcken, die einen sich windenden und zuckenden Farbreigen bildeten. Glutrot, safrangelb und ozeanblau zogen die Kreisel an Éloise vorüber, und immer wieder berührten die Rocksäume ihre Beine.
    Sie spürte Hände, die sie streiften, und Schultern, die sie hin und her schoben, tiefer hinein in den Strudel aus Musik und Tanz. Dagegen wirkte selbst der Sprung über das Johannisfeuer daheim auf den Wiesen vor Nantes wie ein harmloses Kinderspiel.
    Noch nie hatte Éloise diese Art von Tanz gesehen, er war ausgelassen und frivol. Nackte Arme und Beine, auf denen der Schweiß glänzte, hoben sich, als besäßensie ein Eigenleben. Die Körper bogen sich in seltsamen Verrenkungen. Sie alle folgten dem Rhythmus der Trommeln, der sie in ihren Bann schlug.
    Tam-tam-tam.
    Immer schneller und wilder.
    Éloise konnte nicht sagen, wie sie in dieses Spektakel geraten war – in einem Moment lief sie noch neben Tanguy durch die Straßen von Le Cap und im anderen Moment stand sie inmitten einer Horde Sklaven, die sich wie Verrückte gebärdeten. Nirgendwo konnte sie einen Weißen sehen, und selbst die Mulatten, die sich sonst wie jene verhielten und Kleidung nach französischer Mode trugen, rissen ihre Hüte vom Kopf und tanzten barfuß über den kleinen staubigen Platz abseits der Hauptstraße. Wohin Éloise sich auch wandte, erhob sich vor ihr eine Mauer aus Sklaven, die sich ganz der Musik hingaben und wie berauscht auf nichts mehr achteten.
    Unsanft stieß sie mit einem Mann zusammen, der sie an den Ellbogen fasste und ihr ins Gesicht starrte,

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