Aschenputtels letzter Tanz
verheiraten, denn er sei nicht mehr der Jüngste und wolle mich versorgt wissen, behauptete er.
Ein einziges Mal hatte ich ihm von dem Gefühl der Unruhe erzählt, das mich immer beschlich, wenn die Rede auf die bevorstehende Hochzeit kam, aber da hatte er sofort erwidert, das sei nur die Aufregung vor dem großen Tag, das werde sich legen, sobald ich erst verheiratet sei. Ich hoffte sehr, dass er recht hatte.
Manon schimpfte noch immer vor sich hin und weißer Dampf stieg wie Wolken von ihrer Nase auf. Sie rieb die fröstelnden Hände gegeneinander und blies hinein, aber ihre Fingerspitzen waren bereits blau angelaufen.
»Hier«, sagte ich und zog mir die Handschuhe aus Kaninchenfell von den Händen. »Nimm sie für eine Weile, meine Hände sind warm genug.«
Einen Augenblick zögerte sie, weil es unschicklich war, dass die Herrin ohne Handschuhe war, während ihre Dienerin die Finger wärmte, aber dann siegte die Sehnsucht nach Wärme und sie streckte die Hand aus.
»Na gut, aber nur einen Moment, dann bekommt Ihr sie wieder.«
Ich lächelte und schob die Hände unter den Hintern, sodass sie warm blieben, während Manon zufrieden seufzte und nun sogar lächelte, als sie aus der Kutsche sah.
»Verrückt, dieses Paris. Dieses Gewimmel! Überall Menschen, wohin man auch blickt. Man könnte meinen, man steckt mitten in einem Ameisenhaufen.«
Kein Vergleich zu unserem ruhigen Chantilly, das wir hinter uns gelassen hatten und so schnell nicht wiedersehen würden. Wehmütig dachte ich an den weiten Park mit den mächtigen Bäumen, deren Stämme ganz mit Moos bewachsen waren, und die Falknerei, in der ein stetes Dämmerlicht herrschte. Sie würde ich am meisten vermissen. An keinem anderen Ort in Chantilly hatte ich mich so oft aufgehalten wie dort. Jeden Vogel kannte ich mit Namen und viele von ihnen hatte ich selbst abgetragen. Mars, mein Lieblingsfalke, befand sich in seinem Käfig vorn beim Kutscher. Ich hatte darauf bestanden, ihn mitzunehmen, nachdem mir Henri geschrieben hatte, dass der Hof oft Beizjagden im Wald von Fontainebleau veranstaltete. Ich hatte Mars einfach nicht zurücklassen können.
Plötzlich konnte ich es kaum noch erwarten, dass die Kutsche am Louvre hielt. Neugierig streckte ich den Kopf zum Fenster heraus, während Manon rief: »Was macht Ihr denn da? Ihr werdet Euch erkälten!«
Aber das war mir egal. Paris wartete auf mich.
Ich würde den König und die Königin sehen!
Leseempfehlung:
Kathleen Weise, Im Land des Voodoo-Mondes
Als E-Book ebenfalls im Planet Girl Verlag erschienen:
Kathleen Weise
Im Land des Voodoo-Mondes
ab 13 Jahren
ISBN 978 3 522 65099 1
Saint-Domingue 1789. Als die junge Französin Éloise mit dem Schiff auf der Karibikinsel landet, weiß sie noch nicht, was sie auf der Zuckerrohrplantage ihres Onkels erwartet: warme Sommernächte voller Blütenduft, aber auch das Leid der Sklaven und das unheimliche Trommeln, mit dem nachts die Geister beschwört werden. Als Éloise sich in den gut aussehenden Gabriel verliebt, gerät sie mitten in die Rassenkonflikte, die unter der scheinbaren Inselidylle schwelen. Und in den Bann des Voodoo. Albträume verfolgen sie, gefährliche Unfälle häufen sich. Gemeinsam mit Gabriel sucht Éloise nach Antworten.
Die Idee zu dieser Geschichte kam mir während einer Voodoo-Ausstellung in Berlin, die ich gemeinsam mit einer Freundin besuchte. Als ich vor einem Spiegel stand, durch den man angeblich Kontakt zu Luzifer aufnehmen kann, trat eben diese Freundin neben mich, und ich flüsterte ihr zu: »Wenn der Teufel gerade auf mich aufmerksam geworden ist, weil ich in dieses Ding geschaut habe, dann hängst du jetzt auch mit drin.«
Worauf sie gelassen antwortete: »Dafür sind Freunde ja da.«
Dieses Buch ist also für Sandra Pinkert – weil sich echte Freunde mit dir gemeinsam dem Teufel stellen.
Im Jahr 1697 tritt Spanien das westliche Drittel der Karibikinsel Hispaniola an Frankreich ab. Dieser Teil heißt fortan Saint-Domingue und wird in den darauffolgenden Jahrzehnten zur reichsten Kolonie der Welt. Wichtigstes Handelszentrum ist die Hafenstadt Le Cap, die eigentlich Cap Français heißt.
Der sagenhafte Reichtum von Saint-Domingue gründet sich vor allem auf die Ausfuhr von Zucker, Kaffee und Tabak. Doch die Zuckerrohrplantagen sind für all jene, die unter den schwierigen klimatischen Bedingungen auf den Feldern schuften müssen, die Hölle auf Erden.
Jedes Jahr werden ungefähr zwanzigtausend afrikanische Sklaven
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