Aschenputtels letzter Tanz
wäre sie kostbar. Ich dachte auch an das blonde Haar, das ihm in großen Locken auf die Schultern fiel und das ich gern berührt hätte. Er sah aus wie die Statue des Schreibers vor den Toren von Chantilly und ich erinnerte mich daran, wie er gelacht hatte, als ich sie ihm gezeigt hatte. Auch damals war mir unter seinem Blick ganz warm geworden, als er gesagt hatte, ich sei entzückend .
Als Vater mir im Sommer mitgeteilt hatte, dass die Hochzeit mit dem Marquis eine beschlossene Sache sei, wäre ich am liebsten aus Chantilly geflohen, doch dann hatte ich meinen zukünftigen Ehemann getroffen und war erleichtert gewesen. Im Gegensatz zu den Männern meiner Schwestern war de Bassompierre sehr gut aussehend. Er war groß, seine Zähne standen nicht schief und in seinen Augen lag stets ein Funkeln. Über eine Stunde lang waren wir durch den Park spaziert, vorbei am Maison de Sylvie, einem versteckten Pavillon, und den Brunnen, Manon natürlich immer wenige Schritte hinter uns. Dabei hatte sich der Marquis als aufmerksamer Gesprächspartner herausgestellt. Die Geschichten, die er von seinen Reisen und dem Hof erzählte, klangen fast zu fantastisch, um wahr zu sein, aber wenn ich ihn darauf ansprach, lachte er nur und meinte, ich würde schon noch feststellen, dass der Louvre ein Hof der Wunder sei.
An jenem Tag hatte ich Zuversicht gefasst, dass wir uns gut verstehen würden und dass Vater keine schlechteWahl für mich getroffen hatte. Obwohl der Marquis doppelt so alt war wie ich. Wie viel schlechter war es da meiner Schwester Lotte ergangen, deren Gatte, der Herzog d’Angoulême, zurzeit in der Bastille saß. Wegen Verschwörung gegen den König ausgerechnet! Dieser Hohlkopf.
Seit er wieder abgereist war, hatte mir de Bassompierre in jeder Woche zwei Briefe geschrieben, in denen er mir von seinen Aufgaben bei Hof erzählte oder mir amüsante Geschichten über die Menschen, die ihn umgaben, berichtete. Er schrieb mir, wie sehr ihn der Gedanke an unsere bevorstehende Hochzeit erfreue und dass er es kaum erwarten könne, dass ich nach Paris kam, weil er schon bei unserer ersten Begegnung sein Herz an mich verloren habe. Beim Lesen seiner Briefe war mir stets die Röte in die Wangen gestiegen.
Ich hingegen berichtete in meinen Briefen an ihn von der Entwicklung in unserer Falknerei und den Erfolgen, die ich beim Studium der Literatur machte. Über den Zustand meines Herzens machte ich keine Äußerungen, denn ich glaubte, ihn dafür erst besser kennen zu müssen. Doch unsere Korrespondenz war mir ein Zeichen dafür, dass es zwischen uns ein Einverständnis gab.
Bei der Erinnerung daran verschwand das leise, nagende Gefühl, das ich immer verspürte, wenn ich daran dachte, dass ich bald eine verheiratete Frau seinwürde. Gebunden an einen Mann, den ich bisher nur einmal gesehen hatte.
Als ich Manon jedoch von meinen Gedanken erzählt hatte, hatte sie die Nase gerümpft und mich Lamm genannt. Aus irgendeinem Grund mochte sie den Marquis nicht. Am Anfang hatte ich noch geglaubt, sie hätte Angst, ihre Stelle als Kammerzofe bei mir zu verlieren, da der Marquis eigenes Personal besaß. Doch auch nachdem ich ihr versichert hatte, dass ich sie überallhin mitnehmen würde, solange ich lebte, hatte sie keine freundlichere Miene aufgesetzt. Wann immer der Name de Bassompierre fiel, runzelte sie die Stirn. Dabei weigerte sie sich standhaft, mir den Grund dafür zu nennen. Überhaupt hatte sie in letzter Zeit ein nörgelndes Temperament entwickelt. Ich hoffte, dass sich ihre Laune besserte, wenn sie erst einmal am Hof war. Die Aufregungen dort würden sie sicher davon abhalten, schlechte Laune zu bekommen.
Je näher wir dem Louvre kamen, desto nervöser wurde ich. Bald würde ich meinen Vater und Bruder wiedersehen und auch de Bassompierre. Ob er oft an mich gedacht hatte? Ich fragte mich jedenfalls häufig, was er wohl gerade tat.
Trotzdem hätte ich mit der Heirat noch gewartet, denn auch wenn mir der Marquis nicht unsympathisch war, so sah ich mich dennoch nicht von einer Horde Kinder umgeben, immerhin war ich erst fünfzehn. Außerdem vermisste ich ein tiefer greifendes Gefühl,das über bloße Sympathie hinausging. Die Verliebtheit, von der die Minnesänger sprachen, hatte ich mir anders vorgestellt. Das hieß wohl, dass ich in den Marquis nicht verliebt war. Doch wie mir meine Erzieher immer wieder gesagt hatten, Liebe war keine Voraussetzung für eine gute Ehe und Vater hielt es für das Beste, mich bald zu
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