Ash
aber äußerst lebhaft. Die Wunde an seinem Arm hat sich fast vollkommen geschlossen. Wie kann das sein? Ist das etwa auch ein Nebeneffekt des Hämopholaustausches? Ich versuche seine Lippen zu lesen, denn er sagt etwas zu mir. Ich kann mich nicht konzentrieren. Panisch versuche ich es weiter.
„ Ein-at-men!“
Die Worte sickern in meinen Verstand und ordnen sich zu einem Sinn. Dann öffne ich den Mund. Japsend hole ich Luft und bin wieder ganz da.
„ Verdammt, das war knapp“, höre ich Leyla sagen.
Ash will ihren Arm packen. Sofort ist Saron zur Stelle, um sich zwischen ihn und Leyla zu stellen. „Sei nicht undankbar, Ash!“
„ Ich hatte es verboten“, presst er wütend hervor.
„ Es war ihre Entscheidung.“ Er nickt in meine Richtung. Ich zwinge mich, zu sprechen, obwohl meine Stimme rau ist. „Er hat recht, Ash. Ich habe es entschieden.“
Wütend funkelt Ash mich an. „Wirst du irgendwann mal darauf hören, was ich dir sage?“ Ohne meine Antwort abzuwarten, steht er auf und geht aus dem Zimmer.
Ich setze mich langsam im Bett auf und verstehe nichts mehr. „Manchmal ist er mir so fremd ...“
Leyla und Saron sehen sich an, dann lässt Saron uns allein.
Leyla hilft mir, aufzustehen. Ich bin noch etwas wackelig auf den Beinen, aber es geht. „Es gibt einen Grund in Ashs Vergangenheit für sein Verhalten … aber den muss er dir selbst nennen. Ich kann und darf mich da nicht einmischen. Saron will es nicht … und ehrlich gesagt, gebe ich ihm da recht. Es ist eine Sache zwischen Ash und dir. Entweder ihr findet einen Weg zueinander oder nicht.“
Mir stehen schon wieder die Tränen in den Augen. Warum wissen alle über Ash Bescheid außer mir? Ich komme mir nicht das erste Mal wie ein Außenseiter vor.
„ Wir müssen los. Geht es wieder? Du hast alles ganz gut überstanden fürs erste Mal. Und Ash ist auch fit genug.“ Leyla lächelt aufmunternd. „Er weiß es zu schätzen, was du getan hast. Auch wenn er es dir nicht zeigt.“
„ Wenn du meinst“, antworte ich wenig überzeugt.
Als wir nach unten in den Wohnraum kommen, meide ich Ashs Blick. Er hält sein Tablet-PC in der Hand und macht ein düsteres Gesicht.
„ Seth ist zurück und hat mir eine Mail geschickt. Direkt von Magnatec aus. Wir müssen machen, dass wir hier wegkommen.“
„ Was hat er denn geschrieben?“, will ich wissen.
„ Den genauen Wortlaut erspare ich dir lieber. Aber ungefähr so viel, als dass er mich für jeden zum Abschuss freigegeben hat, dem ich über den Weg laufe … und dich …“
Am liebsten würde ich ihm das Tablet aus der Hand reißen. Warum hat er ständig das Bedürfnis, mich zu beschützen, als wäre ich ein kleines Kind? Als ich mir einen Mutanten als Beschützer suchen wollte, meinte ich damit nicht, dass ich wie ein Idiot behandelt werden will.
„ Seth will dich lebend … vorerst …“, teilt Ash mir kryptisch mit.
Eigentlich ist mir das Antwort genug. Ich kann mir gut vorstellen, was Seth mit mir tut, wenn er mich in die Finger bekommt. Angewidert starre ich auf meine Hand, auf der deutlich sein Zeichen zu sehen ist. Könnte ich es doch abwaschen … so habe ich ständig das Gefühl, Seths Hand im Nacken zu spüren. „Dann sollten wir machen, dass wir hier verschwinden.“
Dieses Mal fährt Ash das Energycar, und ich sitze mit Leyla hinten. Wir sind beide angespannt. Ab jetzt sind wir Gejagte, und das ist ein beschissenes Gefühl.
„ Das Energycar wird nicht bis zum Südteil von Daytown durchhalten. Die Batterie ist fast leer. Wir werden ein gutes Stück laufen müssen.“
„ Na, wie gut, dass du wieder laufen kannst, Ash.“ Leylas Augen funkeln provozierend.
Ash gibt nur ein brummendes Geräusch von sich, aber ich kann sehen, dass Saron leise in sich hineinlächelt. Das lässt mich hoffen. Die beiden kennen Ash ziemlich gut. Vielleicht kriegt er sich wirklich wieder ein.
Wir schaffen etwas über die Hälfte der Strecke, dann gibt die Batterie des Energycar den Geist auf.
„ Das wars.“ Ash öffnet die Tür und steigt aus. Ich sehe mich um, als ich ebenfalls ausgestiegen bin. Hier kenne ich mich nicht aus. Das hier sind die Randbezirke von Daytown. Magnatec hat in den letzten Jahren immer mehr Stadtviertel im Zuge der Energieeinsparungen aufgegeben. Dass aber schon halb Daytown eine Geisterstadt ist, war mir nicht klar. Wenn ich Ash bis jetzt nicht geglaubt hätte – nun müsste ich es tun. Doch für mich besteht ohnehin kein Zweifel daran, dass Ash die Wahrheit
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