Asharas Rückkehr - 19
nehmen. Ich wünschte nur, es könnte mehr sein. Freunde? Margaret empfand eine Art Erleichterung bei seinen Worten und Gedanken. Ihre Angst begann ein wenig nachzulassen. Aber die Kälte in ihr, die Furcht vor Vertraulichkeit, quälte sie immer noch. Es war eine Sache, wenn sie und Mikhail sich mit schlagfertigen Antworten erfreuten, einander neckten und über andere Leute spotteten. Eine gewisse Vertraulichkeit vorausgesetzt, hätten sie das auch ohne Telepathie tun können. Aber es war eine ganz andere Sache, in die Art von Nähe einzutreten, die sie zusammen mit Istvana Ride-now bei ihrem ersten Vorstoß in die Oberwelt erfahren hatte. So diskret sich die Bewahrerin auch verhalten hatte, Margaret war sich darüber im Klaren, dass Istvana nach dem Kampf mit Ashara praktisch alles über sie wusste.
Der Gedanke, dass ihr Vater oder Jeff auf so intime Weise in ihren Kopf eindrangen, war schon schwierig genug. Bei Mik war es anders. Sie fand die Vorstellung gleichzeitig verlockend und bedrohlich. Er sollte nicht erfahren, was sie empfand, dass sie ihm traute und den Klang seiner Stimme mochte, dass es ihr gefiel, wie seine Locken in die Stirn fielen und sein Mund sich zu einem Lächeln verzog. Vor allen Dingen sollte er nicht wissen, wie heiß ihr immer wurde, wenn er in der Nähe war.
Nach ihrer gemeinsamen Sitzung wusste sie, dass sie sich auf Liriel vollkommen verlassen konnte. War das tatsächlich
erst heute Morgen gewesen? Jeff war zwar ebenfalls vertrauenswürdig, aber sie kannte ihn kaum, und ihr Vater war beinahe ein Fremder für sie. Wie sonderbar. Sie hatte Lew Alton ihr ganzes Leben lang gekannt, aber sie hatte keine richtige Vorstellung von seinem Wesen. Sie war sich bei Mikhail, den sie noch keinen Monat kannte, sicherer als bei allen anderen Anwesenden, mit Ausnahme von Liriel. Sie entschied den Widerstreit ihrer Gefühle dahingehend, dass Mikhails Nähe beruhigend wirken und ihr Sicherheit geben würde.
Margaret bemerkte, dass alle sie ansahen, daraufwarteten, dass sie etwas sagte, und respektvollerweise ihre verworrenen Gedanken nicht belauschten. Sie konnte das zwiespältige Gefühl im Raum beinahe mit Händen greifen. »Ich glaube, es wäre hilfreich, wenn Mikhail… Ich habe keine rechte Vorstellung, wie ein telepathischer Kreis funktioniert. Istvana wollte es mir erklären, aber ich war so entschlossen, nicht mit ihr nach Neskaya zu gehen, dass ich … ich habe einfach nicht zugehört! Trotzdem habe ich das Gefühl, je mehr Leute, desto besser.« Solange Tante Javanne nicht dabei ist.
Margaret hörte ihren Vater im Geiste lachen. Glaub mir, Marja, niemand von uns will Javanne dabeihaben. Sie ist durchaus fähig, aber sie mag dich nicht, und das würde ein Problem darstellen. Ich weiß. Ich habe versucht, brav zu sein, aber sie hat mich einfach ständig zum Widerstand gereizt.
Javanne könnte ein Lamm zum Widerstand reizen, Chiya. Ich glaube, du erinnerst sie an mich, und wir sind nie gut miteinander ausgekommen.
Nein, ich finde, du tust meiner Mutter Unrecht, Onkel Lew, entgegnete Mikhail. Trotz ihres ausgeprägten Familiensinns und ihres Wunsches, Marguerida als Tochter willkommen zu heißen, kann sich Mutter nicht dazu aufraffen, mit meiner Cousine warm zu werden. Aber das hat nichts mit dir zu tun,
Lew, sondern ausschließlich mit einer zweiten energischen Frau unter einem Dach.
Genug geplaudert! Machen wir weiter, meldete sich Liriel. »Was soll ich tun?«, fragte Margaret. »Als ich das erste Mal in der Oberwelt war, hat mir Istvana Kirian gegeben. Das würde ich ungern noch einmal nehmen. Mir wurde davon äußerst seltsam zu Mute.« »Damals war dir deine Gabe noch nicht bewusst, Marguerida«, sagte Liriel ruhig. »Aus dem zu schließen, was ich heute Vormittag gesehen habe, müsstest du dich ganz leicht in Trance versetzen können. Das Hauptproblem ist deine Angst.«
Margaret lachte nervös. »Das war immer das Problem.« Sie warf Lew einen Blick zu und stellte fest, dass er ernst und sorgenvoll aussah. »Ein wenig von dem Weihrauch, den du selbst gemacht hast, könnte helfen, Liriel. Er hat mich heute Morgen sehr beruhigt.«
»Ich muss meinen Kopf im Bett vergessen haben«, antwortete Liriel. Sie verließ eilends den Raum, und Margaret fröstelte. Ihre nackten Füße waren eiskalt. Sie sah Donal an, der ausgestreckt auf dem Sofa lag, und beugte sich über ihn. Als sie seine Hand ergriff, stellte sie fest, dass er ebenfalls kalt war. Sie hätte ihn am liebsten in die Arme geschlossen,
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