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Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Titel: Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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hindurchfegte und Chris fast aus dem Sattel schleuderte. Der Boden bebte dermaßen, dass er es bis ins Rückgrat spürte, und er sah Kaskaden des restlichen Schnees von den wackelnden Hausdächern stürzen.
    Keuchend schaute er zurück. Ein strahlend helles, irrwitzig brillantes Meer aus blutrotem Licht brach aus den zerbrochenen Fenstern des Gemeindehauses hervor, als würden die Mäuler zahlloser Monster aus der Tiefe ihren Feueratem ausstoßen. Chris spürte den Hitzeschwall, dem weitere folgten. Das Gemeindehaus fiel nicht einfach in sich zusammen, es explodierte in einem Hagel aus Stein und Stahl und schwirrenden Feuerbällen, die in einer orangeroten Brandwoge alles verzehrten, Veränderte, wiehernde Pferde, jede Menschenseele auf dem Platz. Ihr Licht war so grell, dass es lange, zuckende Schatten auf Chris’ Netzhaut brannte. Ein Schmerz fuhr in seine Augen, als hätte er mitten in die Sonne geschaut. Falls da noch jemand schrie und kreischte, hörte er es nicht mehr.
    Aber hier, in seinen Armen, regte sich jetzt Peter, dessen Stöhnen sehr wohl an seine Ohren drang.
    Aus dem Himmel regneten Gegenstände herab; Steine und brennendes Holz prasselten nieder. Ä ste bohrten sich als zackige Flammenspeere in den Boden. Und überall Leichenteile: Arme und Beine, verkohlte Menschenschädel. Pferdeschenkel, Knochenstümpfe und fleischige Masse, bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Eineinhalb Straßenzüge entfernt flog ein Pferdekopf mit lodernder Mähne in einem Feuerbogen dahin, krachte gegen ein Hausdach, schlitterte herab  …
    »Chris!« Das war Tom. Benommen schaute Chris wieder nach vorn. Tom und Greg und der riesige Wolfshund warteten an der abzweigenden Straße, die sie zum Hospiz und aus Rule hinaus führen würde.
    Als er zu ihnen aufgeschlossen hatte, sagte Chris geistesabwesend: »Es war so  … so gewaltig.«
    »Ich weiß«, erwiderte Tom. In seinen Armen rang Alex mit leisem Krächzen nach Luft. Tom drückte sie an sich, riss sein Pferd herum und zeigte in Richtung Norden.
    »Lass es hinter dir, Chris«, sagte er. »Schau nicht zurück.«

EIN LANGER WEG

Er hatte das Gefühl, es sei Frühsommer, auch wenn er sich nicht ganz sicher war. Chris saß im Schneidersitz auf einem flachen, grün gesprenkelten Basaltstein in der Sonne. Der Tag war wolkenlos, der Himmel, wo er an das Indigoblau des Sees stieß, von diesigem Weiß; direkt über ihm erinnerte er an das Blau ausgewaschener Jeans. Eine Brise aus Norden, die nach kühlem Eisen und würzigen Kiefern roch, fuhr ihm durchs Haar.
    In dem Tal mehr als hundert Meter unter ihm quakte einsam ein Waldfrosch. Genau im Norden, vor dem gegenüberliegenden Ufer, zählte er mindestens fünf schmale, baumbestandene Felseninseln, daneben eine breitere grüne – als würde sich eine Hand aufs Wasser legen.
    Er klappte die Klinge eines Taschenmessers auf, schnitt einen Kanten Käse ab, riss sich ein Stück des krossen Baguettes herunter und legte den Käse darauf. Als er sich den Imbiss unter die Nase hielt, atmete er das buttrige Aroma von warmem Cheddarkäse und frisch gebackenem Brot ein. Er biss hinein und stöhnte vor Behagen.
    Rechts neben ihm ertönte ein leises Lachen. »Gut, was?«, sagte Peter.
    »O mein Gott«, brummelte er mit vollem Mund. »Ich muss lernen, wie man das macht.«
    Peters Lachen war so hell wie dieser Tag. »Nun, zuerst brauchst du ein paar Kühe. Außerdem Mehl. Hefe. Zucker. Dann Lab und  … «
    »Man wird ja wohl noch träumen dürfen.« Er riss sich ein weiteres Stück Brot ab. »Sei nicht so ein Spielverderber.«
    »Ich? Niemals!« Ein Gurgeln, dann schluckte Peter und seufzte zufrieden. »Na, wie wär’s?«
    »Verflixt.« Chris tat, als würde er nachdenken. »Ich weiß nicht  … ich bin noch nicht volljährig.«
    »Als offiziell ernannter Ordnungshüter und dein Gastgeber bestehe ich darauf. Versprich mir einfach, nicht vom Grat zu fallen, und keiner wird es je erfahren«, sagte Peter. »Außerdem gelten die alten Regeln nicht mehr, am allerwenigsten hier.«
    »Nun, wenn du es so siehst.« Chris nahm die Flasche, die ihm Peter über die Schulter reichte. Was ihm da aus dem beschlagenen Glas über die Lippen floss, war frisch und kühl und schmeckte ein bisschen nach  … Grapefruit? Chris trank mit geschlossenen Augen, ganz konzentriert auf das Aroma des Weins.
    Und dachte: Daran muss ich mich erinnern, an all das, an jede einzelne Sekunde. Denn vielleicht erlebe ich es nie wieder.
    »So.« Er spürte bereits, wie ihm der

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