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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Verabreichungsverfahren. Sobald er das erste gedämpfte Klingeln hörte, versuchte er, seinen Wasserverbrauch einzuschränken. Nur ab und zu ein Schluck, bis seine Zunge so angeschwollen war, dass sie am Gaumen klebte und ihm das Atmen schwerfiel. Schließlich trank er, weil er musste, und die Glocken brüllten . Er schrie Finn an – O GOTT , MACH DIESE VERDAMMTEN DINGER AUS ! –, erntete aber nur kryptisches Geschwafel: Findest du es nicht faszinierend, mein Junge, dass diejenigen, die Gott am häufigsten anrufen, am wenigsten an ihn glauben?
    In ruhigeren, klareren Momenten verstand Peter, wie verlockend es war, in Finn nur einen verrückten, heruntergekommenen alten Vietnam-Veteranen zu sehen, der sich zum Milizführer aufgeschwungen hatte: ein beängstigend intelligentes, sadistisches Arschloch, das eine Scheißwut auf Rule hatte, ein Mann, der vor sieben Wochen einen Hinterhalt gelegt hatte, um seinen Frust an Peter auszulassen. Wenn das die einzige Wahrheit gewesen wäre, dann hätte er Finns Entschlüsse, seine Methoden und Experimente leichter ertragen können.
    Aber Peter war aufs College gegangen. Er hatte zwar keinen Abschluss gemacht, wegen … wegen Vorkommnissen, die mit Augen im Stein und orangefarbenem Wasser zu tun hatten. Und mit Penny. Und Simon. Und diesem blöden Boot. Er sprach nie darüber, weder über das College noch über den Unfall. Nicht einmal Chris wusste davon. Warum auch? Aber Peter hatte Evolutionsbiologie studiert, sich mit der Ökologie der genetischen Auffrischung beschäftigt. Damals hatte auch er große Ideen und Träume gehabt. Er wollte die Welt retten. Manchmal verstand er deshalb Finns Beweggründe sehr wohl. Da war eine unbarmherzige Logik in Finns Wahnsinn, die einem echten Darwinisten durchaus gefallen konnte.
    Dann wieder: Bong-Bong- BONG .
    Peter war geistig wirklich nicht auf der Höhe.
    »Also, wann?«, drängte Simon. »Krieg endlich deinen Arsch hoch.«
    Da hatte er nicht unrecht. »Das ist nicht so einfach«, sagte Peter, der immer noch versuchte, sich zusammenzureißen, nicht die Kontrolle zu verlieren. »Gib einfach mal Ruhe, Simon, ja?«
    »Mit wem zum Teufel redet er da?« Das war die neue Wache, ein alter Knacker mit Hängebacken, einem Hundegesicht und Segelohren in der üblichen olivfarbenen Uniform. Eine Dienstpistole an der rechten Hüfte, ein Teleskopschlagstock baumelte an der linken. Segelohr und die andere diensthabende Wache saßen am anderen Ende des Gefängnisses vor einem schlichten Holzschreibtisch neben einem großen Ofen, in dem ein Feuer knisterte.
    »Hab keinen blassen Schimmer.« Diese Stimme kannte Peter. Die zweite Wache, Lang – Verräter, zischte Simon, reiß ihm die Gurgel raus, pul ihm die Augen raus, friss sie wie Weintrauben –, gähnte herzhaft und streckte sich. »Er quasselt die ganze Zeit vor sich hin.«
    Obwohl die Wachen knapp zwanzig Meter entfernt waren, hörte Peter all das laut und deutlich, trotz der Glocken. Er war wie eine Fledermaus geworden und sog Geräusche förmlich auf: das Sssss , als die verbliebene Flüssigkeit in einem frischen Holzscheit zischte und verdampfte, das Knarzen von Langs Ledergürtel, wenn er sich bewegte, sogar das Knirschen von Schritten draußen im Schnee. Manchmal hörte er auch andere, sehr leise Stimmen in seinem Kopf. Nicht deutlich, eher wie Stimmengewirr in einem belebten Bahnhof mit hoher Decke.
    »Bei Gott, wie er so Selbstgespräche führt«, sagte Segelohr, »das ist irgendwie unheimlich.«
    Unheimlich. HUAHAHAHA . Die wussten nicht, was unheimlich war. Das Bong-Bong- BONG war unheimlich. Nie zu schlafen war unheimlich. Immer wieder denselben Albtraum zu haben, obwohl man wach war – orangefarbenes Blut in trübem Wasser, das Boot und Augen, wie Höhlen in Stein –, war unheimlich. Und dass diesem Etwas in seinem Kopf elektrische rote Flügel wuchsen, auch das war unheimlich.
    Er beobachtete, wie Langs Hand in sein fettiges, graues Haar kroch und die Nägel darin vergrub. Krzz-Kr zz. »Der Boss sagt, es wären Halluzinationen«, meinte Lang, während Schuppen auf seine Schultern rieselten. »Sie sollen angeblich wieder verschwinden. Wenn er zu laut wird, verpass ihm einfach ein paar Schläge. Das sollte ihn ruhigstellen.«
    »Ich bin keine Halluzination«, flüsterte Simon. Seine Stimme kam immer aus dem toten Winkel rechts hinter Peter. In der Hoffnung, ihn zu überrumpeln, wirbelte Peter manchmal herum, aber Simon schwirrte stets mit silbrigem Funkeln davon. »Ich weiß«,

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